Frauen in Führungspositionen: Fragen und Antworten

Ein Gespräch über die «Gleichgewichtung» der Geschlechter mit Patricia Gee, Partner, Consulting

Im folgenden Interview spricht Patricia Gee über ihre persönlichen Karriereerfahrungen, über den Umgang mit Geschlechterdiversität bei Deloitte sowie über ihre Hoffnungen für die Zukunft.

Bitte stelle dich kurz vor und gib uns einen Überblick über deinen bisherigen Werdegang.

Ich bin seit insgesamt sieben Jahren bei Deloitte in der Schweiz und bin derzeit Partnerin im Bereich Monitor Strategy. Mit ganzem Herzen habe über 20 Jahre meiner Karriere dem Bereich Life Sciences und der Gesundheitsbranche gewidmet. Ich bin gebürtige Amerikanerin mit Wurzeln in China und Schottland.

Die Schweiz ist ein globaler Knotenpunkt der Life-Sciences-Branche, deshalb wollte ich aus beruflichen Ambitionen hierherkommen - und persönlich passt die Schweiz gut zu meiner Leidenschaft für Natur und Abenteuer.

Was sind einige der grössten Herausforderungen, denen du während deiner Karriere begegnet bist? Glaubst du, dass man es als Frau mit zusätzlichen Hindernissen zu tun bekommt und wie bist du damit umgegangen?

Ich habe meine Karriere im Banking begonnen, einem stark von Männern dominierten Bereich. Also habe ich schon früh gelernt, die einzige weibliche Stimme im Raum zu sein. Als introvertierte Person und Angehörige einer Minderheit musste ich schon ganz zu Beginn meiner Karriere darauf achten, den Mund aufzumachen und zwischen den Zeilen zu lesen. Mit wachsender Erfahrung hörte ich auf, mich als Minderheit zu sehen und andersartige Standpunkte als Nachteil zu erachten. Vielmehr realisierte ich, dass ich den Status quo von meiner einzigartigen Position aus beeinflussen konnte.

Angesichts der Fortschritte, die unsere Gesellschaft in den letzten 50 Jahren erzielt hat, ist es schon etwas enttäuschend, dass wir die Rolle der Frau am Arbeitsplatz – besonders auf Führungsebene – nicht viel stärker vorangebracht haben. Ich habe das Gefühl, dass unsere Stimmen jetzt sogar noch wichtiger sind.

Du hast im Laufe deiner Karriere für mehrere Unternehmen in verschiedenen Ländern gearbeitet. Bist du der Meinung, dass Arbeitgeber bedeutende Anstrengungen unternommen haben, um das Arbeitsumfeld für Frauen allmählich zu verbessern? Gehst du von einer blühenden Zukunft für Frauen in der Arbeitswelt aus?

Ich glaube, dass wir unterm Strich enorme Bemühungen gesehen haben, um Frauen und die Vielfalt am Arbeitsplatz insgesamt zu fördern. Aber obwohl wir eine Zunahme von Frauen in MINT-Karrieren sowie eine wachsende Zahl von Frauen in Vorstands- und CXO-Rollen sehen, sind wir noch nicht da, wo wir hinwollen. Ich glaube, dass diese Transformation weitergehen wird, und ich hoffe, dass sich die aktuelle Dynamik in dauerhaften Änderungen niederschlagen wird.

Unternehmen wie Deloitte lassen meiner Meinung nach auch wirklich Taten auf ihre Worte folgen. Wir unternehmen Schritte in die richtige Richtung, um die Ursachen zu finden. Denn nur so können wir zugängliche Lösungen finden, um unsere DE&I-Agenda voranzutreiben. Neben der Unterstützung unserer eigenen Mitarbeitenden haben wir auch eine Verpflichtung, unsere Kunden, Partner und die Gesellschaft im Allgemeinen herauszufordern und dabei zu unterstützen, Veränderungen herbeizuführen. Ich möchte hinzufügen, dass ich in meinen Jahren bei Deloitte einige grossartige männliche Verbündete hatte, die sich für mich persönlich eingesetzt und für unseren Bereich einen grossen Unterschied gemacht haben.

Kannst du als Partner einige aktuelle/anstehende Initiativen nennen, die Frauen bei Deloitte bei einer erfolgreichen Karriere unterstützt haben?

Nun, Consulting ist auf Kunden und Lösungen ausgerichtet. Also ist es herausfordernde Arbeit und erfordert ein starkes Engagement. Abgesehen davon denke ich, dass wir lernen, sehr flexible Arbeitsweisen anzunehmen. Flexibilität soll besonders Frauen helfen, da diese häufig immer noch massgeblich verantwortlich zeichnen für Kinderbetreuung und Haushaltsführung. Aber letztlich sollten diese Massnahmen allen in jeder Situation zugutekommen. Schliesslich sind es nicht nur Frauen mit Kindern, die in einer 80-Prozent-Stelle arbeiten wollen oder müssen, sich aber trotzdem beruflich weiterentwickeln möchten.

Um dem anspruchsvollen Umfeld im Consulting (und in vielen anderen Branchen) gerecht werden zu können und zugleich eine flexible, gesunde Arbeitskultur zu ermöglichen, benötigt es sorgfältiger Balance der Beiden. Nichtsdestotrotz gibt es einen Ausgleich, und Deloitte Schweiz sowie Deloitte weltweit machen sehr grosse Fortschritte, um dieses Gleichgewicht zu erreichen.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt bei uns auf der inklusiven Führung. Wir haben viele Programme, Mentoring und allgemeine Unterstützung von oben, die sich alle auf die Führungskultur konzentrieren und darauf, wie wir Führungskräfte und Teams dabei helfen, ihre eigenen Vorurteile anzugehen.

Ein Beispiel aus der beruflichen Praxis ist das Überprüfen und Verfassen neuer Stellenausschreibungen, um eine geschlechtsneutrale und inkludierende Sprache sicherzustellen. Mit «inkludierend» meine ich, dass Frauen nicht verschreckt werden, weil sie das Gefühl haben, dass sie im Fähigkeits- und Anforderungsprofil unbedingt alle Punkte erfüllen müssen. Wir überprüfen auch den Stil und Ansatz unserer Bewerbungsgespräche. Dabei erkennen wir an, dass Männer und Frauen im Allgemeinen auf die gleichen Dinge unterschiedlich reagieren.

Ausserdem wird unsere Geschlechterparität auf den nachrangigen Ebenen viel, viel besser. Hoffentlich haben die meisten Menschen das Gefühl, hier bei Deloitte in einer Umgebung zu sein, die in Bezug auf Geschlechter und darüber hinaus vielfältig ist. Ziel ist es, den Karrierefortschritt all unserer Juniors zu unterstützen und die Vielfalt zu wahren, während wir unsere Teams und Mitarbeitenden für den Aufstieg in der Firma weiter voranbringen.

Welche Tipps würdest du Frauen geben, die eine Karriere in der Unternehmensberatung ins Auge fassen?

Ihr müsst nicht von Anfang an alles selber wissen und können. Ihr seid von Kolleginnen und Kollegen umgeben, ihr habt ein Team und ihr seid nicht alleine auf dieser Reise. Ich habe bereits angesprochen, dass ich lernen musste, den Mund aufzumachen. Das ist möglicherweise nicht für alle einfach, aber wir sollten wirklich versuchen, unsere Ideen und Herausforderungen mit anderen zu teilen. Scheut euch nicht, eure Komfortzone zu verlassen, Risiken einzugehen und mutig zu sein. Steckt euch ruhig höhere Ziele, als ihr euch vielleicht momentan zutraut!

Zum Abschluss: Ich träume von einer Welt, in der wir all diese Dinge bereits hinter uns gelassen haben. Aber bis wir das erreicht haben, liegt es an uns, das Fundament für die Führungskräfte von morgen zu legen. Damit sie auf unsere Erfolge aufbauen und diese weiter vorantreiben können. Und dafür sind wir alle gemeinsam verantwortlich.