Gut ausgebildete Arbeitskräfte sind eines der Fundamente des wirtschaftlichen Erfolges der Schweiz. Dank eines qualitativ hochstehenden Bildungssystems verfügt ein grosser Teil der Bevölkerung über ein hohes Bildungsniveau. Darüber hinaus zieht die Schweiz seit Jahrzehnten Arbeitskräfte aus der ganzen Welt an. Die Spitzenposition der Schweiz gerät jedoch zunehmend in Gefahr, denn die fortschreitende digitale Transformation und eine alternde Bevölkerung stellen das Land und den Arbeitsmarkt vor grosse Herausforderungen. Es gilt daher, alles daran zu setzen, den drohenden Arbeitskräftemangel abzuwenden und die Spitzenposition zu halten, wenn es um die Ausbildung und Anziehung von Talenten geht. Dazu muss der Staat das Bildungssystem und die Arbeitsmarktregulierung anpassen, und die Unternehmen müssen ihre Personalstrategie überdenken und neue Talentpools nutzen.

Unsere Empfehlungen

Mit diesen Massnahmen können Politik und Unternehmen dafür sorgen, dass die Schweiz weiterhin eine Spitzenposition bei der Ausbildung und Anziehung von hochqualifizierten Arbeitskräften einnimmt.

Staat

    Vereinfachung des Zugangs für hochqualifizierte internationale Talente

    Vereinfachung des Zugangs für hochqualifizierte internationale Talente

    Um hochqualifizierten internationalen Talenten den Zugang zu erleichtern und damit dem drohenden Arbeitskräftemangel zu begegnen, muss die Schweiz ihre Rahmenbedingungen für Spitzenkräfte von ausserhalb der EU verbessern. Dies sollte am besten in den folgenden drei Schritten geschehen: Erstens sollte sie eine Schweizer Innovationsbewilligung schaffen, die die Rahmenbedingungen für junge Hochtalentierte und Start-ups verbessert. Zweitens sollte sie die bürokratischen Regelungen für Geschäftsreisen und internationale Traineeprogramme abbauen und den Status einer «Trusted Company» schaffen. Drittens sollten eine schweizweite graduelle Harmonisierung und durchgehende Digitalisierung der Bewilligungsprozesse und die Einführung von Leistungskennzahlen für die Behörden ins Auge gefasst werden.

    Bessere Mobilisierung des inländischen Arbeitskräftepotenzials

    Bessere Mobilisierung des inländischen Arbeitskräftepotenzials

    Neben der Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Rekrutierung internationaler Spitzenkräfte sollte die Schweiz auch das inländische Arbeitskräftepotenzial besser nutzen – hier liegt noch eine nicht zu vernachlässigende Menge an Ressourcen brach. Das Potenzial an zusätzlichen Arbeitskräften, die gerne mehr, länger oder überhaupt arbeiten würden, besteht zu einem grossen Teil aus Frauen und Menschen ab 50 Jahren. Durch eine Verbesserung der Rahmenbedingungen könnte der Staat wesentlich dazu beitragen, dass dieses Arbeitskräftepotenzial besser genutzt werden kann. Zum einen würde die Einführung einer Individualsteuer dazu führen, dass Familien mit zwei Einkommen nicht mehr «bestraft» werden und Zweitverdiener (in 90% der Fälle Frauen) grössere Anreize erhalten, Arbeit aufzunehmen oder das Arbeitspensum auszudehnen. Zum anderen sollten die finanziellen Anreize für ältere Arbeitnehmer verbessert werden, die bis oder sogar über das Rentenalter hinaus weiterarbeiten wollen.

    Stärkung der MINT-Fächer

    Stärkung der MINT-Fächer

    Der drohende Arbeitskräftemangel in der Schweiz wird vor allem Branchen treffen, die auf Wissenschaftler, Techniker, Ingenieure und Mathematiker (MINT-Berufe) angewiesen sind. Bereits heute tun sich viele Unternehmen schwer, genügend MINT-Fachkräfte zu finden, um die offenen Stellen zu besetzen. Das erstaunt kaum: Die Schweiz schneidet bei der Zahl der MINT-Absolventen im Vergleich zu den anderen OECD-Ländern nur durchschnittlich ab – MINT-Absolventen machen nur 9% der gesamten Studienabgänger aus. In Deutschland sind es 15%, im Vereinigten Königreich gar 17%. Die Schweiz hat folglich viel Luft nach oben. Sie sollte versuchen, das Interesse junger Menschen für technische Berufe zu wecken und die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Unternehmen zu stärken.

    Verstärkter IKT-Fokus in der Ausbildung

    Verstärkter IKT-Fokus in der Ausbildung

    IKT-Kompetenzen sind für künftige Arbeitsplätze von entscheidender Bedeutung. Laut OECD liegt die Schweiz beim Anteil der IKT-Spezialisten an der Gesamtbeschäftigung an vierter Stelle. Das ist erfreulich. Weil digitale Technologien jedoch die breite Masse an Berufen und Arbeitsplätzen betreffen, braucht ein Land wie die Schweiz nicht nur IKT-Spezialisten. Die meisten Mitarbeitenden müssen bis zu einem gewissen Grad digital qualifiziert sein. Die Schweiz schneidet in dieser Hinsicht nicht besonders gut ab. Basierend auf einer Umfrage des International Institute for Management Development (IMD) unter Führungskräften ist die Verfügbarkeit digital qualifizierter Arbeitskräfte in der Schweiz nur geringfügig besser als im OECD-Durchschnitt.

    Das dürfte nicht zuletzt daran liegen, dass IKT-Kompetenzen in der Schulbildung bis vor kurzem nicht viel Beachtung geschenkt wurde. Es wäre allerdings wichtig, dass junge Menschen diese Kompetenzen frühzeitig erwerben. Mit dem Lehrplan 21 wurde ein richtiger Schritt in diese Richtung gemacht, indem Medien und Informatik zu einem eigenständigen Fachbereich gemacht wurden. Entscheidend ist allerdings, dass der Fokus weniger auf den Umgang mit digitalen Geräten, sondern vielmehr auf die Funktionsweise digitaler Technologien sowie das Ordnen und Strukturieren von Daten gelegt wird.

    Anpassung des Arbeitsrechts an das digitale Zeitalter

    Anpassung des Arbeitsrechts an das digitale Zeitalter

    Gemäss Umfrage von Deloitte arbeiteten während der COVID-19-Pandemie im April 2020 fast 50% der Schweizer von zuhause aus. Auch wenn die Mehrheit dieser Erwerbstätigen früher oder später wieder ins Büro zurückkehren wird, dürfte der Home-Office-Anteil kaum auf das Vorkrisen-Niveau zurückkehren. Das Arbeiten von zuhause wird somit immer mehr zur neuen Realität. Entsprechend gilt es, das Schweizer Arbeitsgesetz anzupassen. Dessen Grundzüge gehen auf das industrielle Zeitalter zurück, als die Arbeit aus fixen Zeiten und fixen Strukturen bestand. Das führt beispielsweise zur skurrilen Situation, dass nach geltendem Gesetz Mitarbeitende im Home-Office, die abends um 23 Uhr ihre E-Mails lesen, am nächsten Morgen nicht vor 10h mit ihrer Arbeit beginnen dürfen, da die obligatorische Ruhezeit 11 aufeinanderfolgende Stunden beträgt. Die Aufhebung solcher Beschränkungen wäre dringend angezeigt und würde die Arbeit im Home-Office erleichtern. Daneben stellen sich auch Fragen zum rechtlichen Umgang mit Grenzgängern, die infolge der Coronakrise vermehrt von zuhause aus arbeiten. Kurzum: Der Gesetzgeber ist gefordert, das Arbeitsrecht dem digitalen Zeitalter anzupassen.

Unternehmen

    Implementierung einer Personalstrategie für die Zukunft

    Implementierung einer Personalstrategie für die Zukunft

    Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung und einer sich verändernden Arbeitswelt hängt der Erfolg von Unternehmen immer stärker davon ab, ob eine umfassende und zukunftsgerichtete Personalstrategie vorliegt, die alle Aspekte des Personalmanagements neu denkt, vom Zugang zum Personal, der Rekrutierung, der Entlohnung bis hin zur Führungsrolle. Diese Strategie muss auf die Arbeit, die Arbeitskräfte und den Arbeitsplatz im gesamten Unternehmen abgestimmt werden. Im Zentrum sollten folgende Fragen stehen: Wie wird sich die Art der Arbeit in Zukunft verändern? Welche neuen Fähigkeiten werden angesichts der steigenden Bedeutung digitaler Technologien benötigt werden? Wie können die Produktivität und Zufriedenheit der Mitarbeitenden durch den Einsatz neuer Technologien erhöht werden? Und wie kann eine Kollaboration zwischen Mensch und Maschine dazu beitragen, den drohenden Arbeitskräftemangel zu lindern?

    Förderung von Home-Office

    Förderung von Home-Office

    Während der Corona-Krise hat sich die Zahl der Menschen, die in der Schweiz von zuhause aus arbeiten, fast verdoppelt. Gemäss einer Umfrage von Deloitte dürfte die Pandemie dem Home-Office aber auch nach der Krise zu einem permanenten Aufschwung verhelfen. Unternehmen müssen deshalb sicherstellen, dass ihre Mitarbeitenden möglichst produktiv von zuhause aus arbeiten können. Es ist entscheidend, dass allfällige Technologielücken geschlossen werden und den Mitarbeitenden alle notwendigen Geräte und Tools für die virtuelle Zusammenarbeit zur Verfügung gestellt werden. Technologie ist jedoch nicht der einzige wichtige Aspekt, den es beim Home-Office zu beachten gilt. Genauso wichtig sind die «menschlichen» Aspekte. Dazu gehören Koordination, Zusammenarbeit und Teamführung – Unternehmen und ihre Mitarbeitenden müssen beispielsweise Mittel und Wege finden, wie Teammeetings produktiv durchgeführt und wie effiziente Teamarbeiten gewährleistet werden können. Gefordert sind auch die Führungskräfte. Sie müssen sicherstellen, dass ihre Teams im Home-Office den Sinn ihrer Arbeit sowohl auf individueller Ebene als auch auf Teamebene verstehen. Vorgesetzte sollten sich regelmässig mit ihren Teams austauschen und neue Arbeitsrhythmen einführen, damit das gesamte Team seine bestmögliche Leistung erzielen kann. Nur so kann das Home-Office seinen vollständigen Nutzen erzielen.

    Gleichzeitig müssen Unternehmen Cyber-Risiken managen und ihre Mitarbeitenden entsprechend schulen. COVID-19 dürfte zwar dazu geführt haben, dass es weniger Wohnungseinbrüche und Taschendiebstähle gab, dafür ist die Bedrohung gezielte Cyberattacken gestiegen. Home-Office kann ein Einfallstor für neue Formen von Datendiebstahl darstellen. Unternehmen sollten deshalb alles daransetzen, dass ihre Mitarbeitenden diese Gefahren kennen und im Umgang mit sensiblen Daten geschult werden.

    Fokussierung auf lebenslanges Lernen

    Fokussierung auf lebenslanges Lernen

    Lebenslanges Lernen wird zum entscheidenden Kriterium. Die meisten Karrieren dürften in Zukunft nicht mehr linear verlaufen, sondern vielmehr dynamisch, mehrstufig und mehrdimensional. Unternehmen sollten hier aktiv werden und sicherzustellen, dass Erwerbstätige bestmöglich auf zukünftige Trends vorbereitet sind. Es gilt, die eigenen Mitarbeitenden stärker für lebenslanges Lernen zu sensibilisieren, sie zu unterstützen und Weiterbildungen aktiv zu fördern. Unternehmen sollten dafür sorgen, dass Weiterbildungsprogramme besser auf den einzelnen Mitarbeitenden ausgerichtet sind und flexibler angeboten werden. Alle Mitarbeitenden sollten sich so weiterbilden, wie es für sie am besten ist. Digitale Technologien und Software können hier unterstützend wirken und Video, Texte oder programmbasierte Kurse für kleine Gruppen angeboten werden.

    Strategische Einbindung der «alternativen» Belegschaft

    Strategische Einbindung der «alternativen» Belegschaft

    Vollzeitstellen verlieren zunehmend an Bedeutung auf dem Arbeitsmarkt. Immer wichtiger werden sogenannte «alternative Arbeitsformen» wie Teilzeitstellen, Freelancer oder Gig-Worker. In der Schweiz leisten bereits heute 25% der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter befristete, ergänzende oder projektbezogene Arbeiten auf Vollzeit- oder Teilzeitbasis. In den USA machen Freelancer bereits 35% der gesamten Erwerbsbevölkerung aus. Eine aktuelle Deloitte-Studie zeigt, dass viele Unternehmen noch nicht genügend auf diese neue Realität vorbereitet sind. Sie konzentrieren sich meist lediglich auf das Managen von alternativen Arbeitsformen. Notwendig wäre allerdings ein strategisches Konzept, das aufzeigt, wie alternative Arbeitsformen am besten in die Organisation eingebunden werden können und die richtigen Köpfe den für sie am geeignetsten Aufgaben zugeteilt werden können, unabhängig von deren Arbeitsstatus. Dazu sind nicht zuletzt eine bessere Kooperation von unterschiedlichen Abteilungen eines Unternehmens nötig – namentlich des Beschaffungswesens, der IT und HR –, wenn es um die Personalpolitik geht.

    Überdenken des Werts älterer Arbeitnehmer

    Überdenken des Werts älterer Arbeitnehmer

    Angesichts des sich abzeichnenden Arbeitskräftemangels sollten Unternehmen die Altersfrage überdenken. Gemäss einer Umfrage von Deloitte möchten 40% aller erwerbstätigen 50- bis 64-Jährigen über das Rentenalter hinaus weiterarbeiten. Würde dieses Potenzial vollständig ausgeschöpft werden, könnte der Arbeitskräftemangel erheblich verringert werden. In der Realität haben jedoch viele Unternehmen nur wenige oder gar keine Mitarbeitenden, die über das Rentenalter hinaus arbeiten. Einige betrachten ältere Arbeitnehmer als nachteilig für das Unternehmen, insbesondere in Bezug auf die Lohnkosten oder Produktivität. Andere Unternehmen sind sich vielleicht schlichtweg nicht bewusst, wie viel Potenzial ältere Arbeitskräfte bieten. Wer ältere Arbeitnehmer als Nachteil betrachtet und sich bei der Rekrutierung ausschliesslich auf jüngere fokussiert, begeht einen strategischen Fehler. Es ist höchste Zeit, dass sich Unternehmen dessen bewusst werden und die Diversität ihrer Belegschaft vorantreiben.

Was ist die Personalstrategie für die Zukunft?

Der Erfolg von Unternehmen hängt von einer umfassenden und zukunftsgerichteten Personalstrategie ab, die alle Aspekte des Personalmanagements neu denkt, vom Zugang zum Personal, der Rekrutierung, der Entlohnung bis hin zur Führungsrolle.

Was können Unternehmen sonst noch machen, um innovativ, attraktiv und inklusiv zu bleiben?

Die Zukunft von People und Workforce Analytics

«People Analytics spielt bereits seit vielen Jahren eine wichtige Rolle für Unternehmen. Diese tun sich jedoch schwer, den potenziellen Nutzen von People Analytics auszuschöpfen. Die aktuelle COVID-19-Krise könnte die Bedeutung von People Analytics beschleunigen, da sich dadurch der Bedarf nach einem einfachen Zugang zu aufschlussreichen und zukunftsorientierten Personaldaten erhöht hat.»

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Veronica Melian

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