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Zukunftssektor im Wandel – die deutsche Technologiebranche

Eine neue Deloitte-Studie zeigt die wichtigsten Wachstumstrends in Deutschlands Technologiesektor. Besonders markant: die Entwicklung vom Hardware- zum Dienstleistungsstandort.

Deutschlands Technologiesektor – in der Ära der Digitalisierung ist diese Branche besonders bedeutsam. Denn sie stellt nicht nur einen wichtigen Wirtschaftszweig mit mehr als 230 Milliarden Euro Jahresumsatz, einer Million Arbeitsplätzen und fast 7 % Anteil an der wirtschaftlichen Gesamtleistung dar. Im Kontext der Digitalisierung ist der Sektor vor allem auch ein zentraler Innovationsmotor und „Business Enabler“, der wesentlich auf andere Sektoren ausstrahlt. Schließlich sind es seine Produkte und Dienstleistungen, die quer durch die Branchen die Grundsteine legen, um neue digitale Geschäftsmodelle zu ermöglichen. Die neue Deloitte-Studie „Der deutsche Technologiesektor“ zeigt, welche Trends den Technologiestandort Deutschland in Zukunft noch weiter voranbringen.

Der deutsche Technologiesektor

Gegenläufige Wachstumstendenzen: Hardware, Software, Services

Überaus wachstumsstark: laut der Studie wird der Branchenumsatz bis 2022 um mehr als 20% auf 280 Milliarden Euro steigen und der Technologiesektor damit im selben Zeitraum um 7 Prozentpunkte stärker wachsen als das nominale BIP-Wachstum in Deutschland. Gute Nachrichten, denn seit dem Ende der Boom-Phase von 2000 bis 2008 war das Wachstum im Gesamtsektor zuletzt eher verhalten. Die Erklärung dafür ist eine der wichtigsten Erkenntnisse aus der Studie, die dabei eine große Divergenz innerhalb der Branche aufzeigt: Der Bereich Software und Services wächst demnach nämlich weiterhin kräftig und in Zukunft sogar noch stärker, während der Bereich Hardware seit Jahren stagniert

Die in der Vergangenheit mehr auf Hardware ausgerichtete deutsche Technologiebranche befindet sich mitten in einem strukturellen Wandel, bei dem neue Wachstumsfelder in Software & Services immer wichtiger werden. „Technologie“ ist ein weites Feld, zu dem in dieser Perspektive u.a. die Unterbereiche Computerhardware, Halbleiter, Kommunikationsequipment, Consumer Electronics, Software, IT Services, Datenverarbeitung und Hosting gehören. Die Hardware-Segmente leiden dabei unter einem allgemeinen Preisverfall, dem Bedeutungsverlust herkömmlicher Unterhaltungselektronik sowie der globalen Konkurrenz durch günstigere Produktionsstandorte insbesondere in Asien. Software und Services hingegen profitieren überproportional von der zunehmenden Digitalisierung in immer mehr Bereichen. Das erklärt im Gesamtbild den bevorstehenden neuerlichen Wachstumsschub der Branche.

Konvergenz der Innovation: Verzahnung mit anderen Sektoren

Aber wie verdienen Deutschlands Technologie-Innovatoren genau ihr Geld? Die Deloitte-Studie zeigt: zu mehr als 60 % im Business-to-Business-Geschäft (im Wachstumssegment Software/Services sogar zu fast 68 %). Während Consumer-Produkte wie Unterhaltungselektronik oder PCs heute dank intensivem Wettbewerb nur noch geringe Margen abwerfen, profitieren deutsche Tech-Anbieter besonders von einem verstärkten Bedarf aus dem profitableren Business-Bereich. Nachgefragt werden B2B-Technologieprodukte von Kunden etwa aus dem Maschinenbau oder dem Finanzsektor. Der Hintergrund ist offensichtlich: Durch die immer umfassendere Digitalisierung von betrieblichen Vorgängen bis hin zu ganzen Geschäftsmodellen werden umfangreichere und komplexere Softwarelösungen notwendig, mit denen oft entsprechende Serviceleistungen einhergehen.

Trotzdem sollte nicht übersehen werden, dass auch im Bereich Hardware fast die Hälfte des Umsatzes mit Geschäftskunden gemacht wird. Hier tut sich besonders der Maschinenbau hervor, der insgesamt sogar mehr Hardware als Software nachfragt. Der Mega-Trend Industrie 4.0 ist hier ein Wachstumstreiber für hochspezialisierte, margenstarke Spezialhardware wie etwa Sensoren, Kameras und Roboter. Der Maschinenbau als Traditionsbranche deutscher Kompetenz wird auch in Zukunft für hohes Wachstum sorgen. Ähnlich Hardware-lastig sieht es auch in der Autobranche aus, wobei hier insbesondere durch Trends wie Connected Car und autonomes Fahren der Softwareanteil stark wachsen wird. Wenig überraschen dürfte schließlich, dass im Finanzsektor ohnehin das Geschäft mit Software und Dienstleistungen dominiert.

 

Globale Arbeitsteilung: internationale Handelsströme im Technologiesektor

Exportland Deutschland: die Ausfuhrstärke der hiesigen Wirtschaft ist sprichwörtlich. Doch wie sieht die Handelsbilanz im Technologiesektor aus? Auf den ersten Blick ernüchternd: einem Export von 105 Milliarden steht ein Import von 107 Milliarden Euro gegenüber. Die Bilanz ist somit im Unterschied zur Gesamtwirtschaft sogar leicht negativ. Erneut lohnt sich aber ein genauerer Blick auf die Zahlen, wie die Deloitte-Studie verdeutlicht. Zwar halten sich sowohl bei Software als auch bei Hardware Ein- und Ausfuhren in etwa die Waage. Doch handelt es sich z.B. bei den Hardwareimporten zu einem großen Teil um margenschwache Consumer-Produkte, wie sie etwa in asiatischen Ländern zu äußerst günstigen Preisen in großer Menge hergestellt werden.

Mit Abstand größtes Herkunftsland ist China (17 %), das nicht ohne Grund als „verlängerte Werkbank“ des Westens gilt. Die deutschen Exporte dagegen bestehen im Hardwarebereich zu einem großen Teil aus der schon erwähnten spezialisierten Hardware im B2B-Geschäft, das entsprechend höhere Margen ermöglicht. Deutschland erfüllt also in der globalen Technologie-Arbeitsteilung eine spezifische und dabei sehr profitable Rolle. Interessant ist auch die ansonsten relativ gleichmäßige Verteilung der Handelsströme auf viele Handelspartner, wobei bei Software und Services die Exporte in deutschsprachige Nachbarländer auf den ersten Rängen liegen. Das Bild lässt insgesamt ein weiterhin stabiles Außenwirtschaftsgeschäft ohne allzu viele einseitige Abhängigkeiten erwarten. Dabei gibt es neben der erwähnten Ausnahme China allerdings noch eine zweite Besonderheit: Die eher kleine Wirtschaftsnation Irland ist der mit Abstand wichtigste Softwarelieferant für Deutschland (17 %). Das erklärt sich mit dessen Sonderrolle als europäischer Hauptstandort etlicher internationaler Technologie- und Internetgiganten.

 

Deutsche Technologie im Trend: zukunftsweisende Mega-Themen

Die Analyse macht klar: Die Lage der deutschen Technologiebranche ist gut. Und sie wird in naher Zukunft noch besser. Denn wie die Projektion der kurz- und mittelfristigen Aussichten zeigt, steht dem Sektor durch die diversen Mega-Trends der Digitalisierung ein weiterer nachhaltiger Wachstumsschub bevor. Diese Trends sind nicht nur an sich lukrative Geschäftsfelder, sondern erlangen durch ihre „Enabler“-Funktion für eine ganze Bandbreite an Zukunftsbranchen ein exponentielles Wachstumspotenzial. Zu den verstärkt nachfragenden Sektoren gehören u.a. Automotive (Connected Car), Biotech, Fintech, Insuretech, E/M-Health und Smart City. Drei Technologie-Felder sind dabei besonders bedeutsam:
 

Mega-Trend 1: Internet of Things & 5G

Bis zu 750 Millionen netzfähige Geräte sind nach Berechnungen von Deloitte bereits 2020 in Deutschland in Betrieb, und das mit weiter stark wachsender Tendenz. Das Internet of Things ermöglicht zukunftsweisende Geschäftsmodelle vom autonomen Fahren über Telemedizin bis zur Echtzeit-Steuerung vernetzter Maschinen in der Industrie 4.0. Und das feuert die Nachfrage nach spezialisierter IoT-Hardware, Softwarelösungen und begleitenden Services an. Mit der Einführung der superschnellen mobilen Infrastruktur 5G wird eine Vielzahl weiterer neuer und innovativer Dienste ermöglicht.

Mega-Trend 2: Analytics & Artificial Intelligence

Nicht zuletzt dank IoT und Connected Car strömen jährlich immer größere Datenmengen durchs Netz. Um aus ihnen handlungsrelevante Informationen, Mehrwert für Kunden und Gewinnbeiträge für Unternehmen zu generieren, braucht es avancierte und selbstlernende Analysemethoden (https://www2.deloitte.com/de/de/pages/trends/data-analytics.html). Ein enormes Wachstumsgebiet für deutsche Softwareentwickler und Service-Anbieter in allen Branchen. Gerade die avancierten Schlüsseltechnologien wie Artificial Intelligence bieten in Zukunft auch mittleren und kleineren Unternehmen die Möglichkeit, ohne hohe Anlaufinvestitionen von den neuen digitalen Technologien zu profitieren.
 

Mega-Trend 3: XaaS

As-a-Service-Geschäftsmodelle sind schon heute ein boomendes Feld und ein wichtiges Geschäftsmodell, nicht nur im Technologie-Sektor. Sie eröffnen Unternehmen durch Cloud-basierte Geschäftsmodelle nicht nur planbare und erneuerbare Einnahmequellen, sondern verschaffen ihnen zugleich tiefgehende Einblicke in das Nutzungsverhalten der Kunden, welche bei entsprechender Berücksichtigung eine bessere Kundenerfahrung ermöglichen und zudem Betriebskosten senken, da Unternehmen so ihre Kunden in großem Maßstab skalierbar über eine Plattform bedienen.

 

Ausblick für die Technologiebranche: mit voller Dynamik voraus

Das Fazit der Deloitte-Studie ist eindeutig: Dank der guten Aufstellung hat der deutsche Technologiesektor gute Chancen auf einen neuen Wachstumsschub. Das sollte jedoch für die Unternehmen kein Grund sein, sich nun zurückzulehnen. Um von dem in der Studie prognostizierten Umsatzwachstum auf 280 Milliarden Euro bis 2022 zu profitieren, sollten sich deutsche Technologieunternehmen proaktiv auf fünf Wachstumshebel konzentrieren, die für den Erfolg entscheidend sein werden:

  1. Den Fokus auf Software, Services und XaaS legen
  2. Die Strategie so weit wie möglich aufs B2B-Geschäft ausrichten
  3. Verstärkt in Analytics und AI investieren
  4. Das Segment der margenstarken Spezialhardware ausbauen
  5. In Kooperationen mit Unternehmen aus anderen Branchen neue Geschäftsmodelle in Konvergenzbereichen entwickeln, insbesondere mit dem Maschinenbau und dem Finanzsektor.

Wenn die deutsche Technologiebranche ihr Erfolgsmodell in diese Dimensionen weiterentwickelt, spricht alles für eine glänzende Zukunft dieses erfolgreichen Wirtschaftszweigs.

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