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Geplante Änderungen in der Anlageverordnung: Infrastrukturquote und weitere Erleichterungen im Entwurf des Zweiten Betriebsrentenstärkungsgesetzes

Auf einen Blick:

  • Zur Erleichterung von Infrastrukturinvestitionen soll eine gesonderte Infrastrukturquote in Höhe von 5 % als neue Mischungsquote in die Anlageverordnung eingeführt werden.
  • Der Entwurf enthält eine Erhöhung der Risikokapitalanlagenquote von 35 % auf 40 % des Sicherungsvermögens.
  • Die sog. Öffnungsklausel soll künftig auch für Überschreitungen der Streuungsgrenzen genutzt werden können.

 

Der Referentenentwurf über das Zweite Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS), der in Abstimmung mit dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) am 24. Juni 2024 veröffentlicht wurde1, sieht unter anderem wichtige Änderungen in der Anlageverordnung (AnlV)2  vor. Die AnlV regelt die Anlage des Sicherungsvermögens von Pensionskassen, kleinen Versicherungsunternehmen und Sterbekassen (nachfolgend „AnlV-Investoren“). Ein wesentlicher Bestandteil des Entwurfs ist die Überarbeitung und Erweiterung der Anlagemöglichkeiten der AnlV-Investoren, insbesondere im Segment Infrastruktur.

 

Neue Infrastruktur-Mischquote

Richtungsweisend zur Erleichterung von Infrastrukturinvestitionen ist die Einführung einer neuen, gesonderten Infrastrukturquote in Höhe von 5 % des Sicherungsvermögens (§ 3 Abs. 7 AnlV-E). In diese Quote sollen direkte und indirekte Anlagen zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten, die als eine nach § 2 Abs. 1 AnlV zulässige Anlageform ausgestaltet sind, fallen. Das umfasst Projekte zur Bereitstellung, zum Ausbau, zum Betrieb oder zur Erhaltung eines umfangreichen Vermögenswerts. Aus der Begründung zum Referentenentwurf ergibt sich, dass damit Vermögenswerte gemeint sind, die als im allgemeinen öffentlichen Interesse stehend anzusehen sind, bei denen der Projektbetreiber in einem Staat nach Maßgabe der jeweiligen Anlageform des § 2 Abs. 1 AnlV ansässig ist und die in diesem Staat belegen sind. Davon sollen sowohl Eigen- als auch Fremdkapitalinstrumente umfasst sein. Durch die explizite Regelung, welche Vermögenswerte von der neuen Infrastrukturquote erfasst sind, wird für AnlV-Investoren Rechtssicherheit geschaffen.

Anlagen, die unter die neue Infrastrukturquote fallen, werden nicht auf die bestehenden Mischungsquoten nach § 3 Abs. 1 bis 6 AnlV angerechnet und sind demnach auch nicht Teil der Risikokapitalanlagenquote gemäß § 3 Abs. 3 S. 1 AnlV. Dadurch sollen Infrastrukturinvestitionen nicht mit anderen Anlagen konkurrieren, was die Attraktivität der Infrastrukturinvestitionen für die AnlV-Investoren steigern soll. Auch indirekte Anlagen – bspw. über Alternative Investmentfonds – können in diese neue Mischquote fallen. Dementsprechend sind diese Änderungen im unmittelbaren Zusammenhang mit dem kürzlich vom BMF vorgelegten Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Förderung von Investitionen von Investmentfonds in Erneuerbare Energien und Infrastruktur (InfrastrukturFörderGesetz)3  zu sehen.

 

Erhöhung der Risikokapitalquote

Die Risikokapitalanlagenquote gemäß § 3 Abs. 3 S. 1 AnlV soll von 35 % auf 40 % des Sicherungsvermögens angehoben werden. In diese Quote fallen bspw. Beteiligungen an Private Equity-Fonds und Hedge-Fonds, Rohstoffanlagen sowie Aktien und High Yield-Anlagen. Andere Mischungsquoten, die für Anlagen innerhalb der Risikokapitalanlagenquote zusätzlich beachtet werden müssen, wie beispielsweise die sog. Beteiligungsquote (15 %) sollen unverändert beibehalten werden. Mit der Erhöhung der Risikokapitalanlagenquote um 5 Prozentpunkte soll laut Begründung des Referentenentwurfs der Spielraum in der Kapitalanlage erweitert werden. Die AnlV-Investoren müssen dabei weiterhin die Grundsätze des § 1 Abs. 3 und 4 AnlV beachten. In welchem Maß der erweiterte Anlagespielraum genutzt werden kann, wird nach wie vor vom Anlage- und Risikomanagement sowie der Risikotragfähigkeit der jeweiligen AnlV-Investoren bestimmt.

 

Nutzung der Öffnungsklausel für Überschreitung der Streuungsgrenzen

Derzeit besagt die in § 2 Abs. 2 AnlV verankerte sog. Öffnungsklausel, dass das Sicherungsvermögen auch in an sich nach § 2 Abs. 1 AnlV unzulässigen Anlagen angelegt werden kann, soweit nicht die absoluten Anlageverbote des § 2 Abs. 4 AnlV greifen. Die sog. Öffnungsklausel wird dahingehend erweitert, dass künftig auch Anlagen unter die Öffnungsklausel gefasst werden können, die die Streuungsgrenzen nach § 4 Abs. 1 bis 4 AnlV übersteigen. Dies soll mehr Flexibilität im Hinblick auf die Anlagen bei einzelnen Schuldnern bzw. einzelnen Investments schaffen sowie die Möglichkeiten zu Anlagen mit höheren Renditen erweitern. Gemäß dem Entwurf wird der letzte Halbsatz von § 3 Abs. 2 Nr. 4 AnlV ersatzlos gestrichen, der die Einhaltung der Streuungsgrenze nach § 4 Abs. 4 AnlV einfordert.

Der Höhe nach soll die Öffnungsklausel unverändert bleiben: Die im Rahmen der Öffnungsklausel angelegten Anlagen sind insgesamt auf 5 % bzw. (mit Genehmigung der entsprechenden Aufsichtsbehörde) 10 % des Sicherungsvermögens beschränkt.

Aktuell wird der Referentenentwurf konsultiert. Entsprechende Stellen sind aufgerufen, bis zum 25. Juli 2024 ihre Stellungnahmen abzugeben. Erste Reaktionen zeigen eine positive Resonanz auf den Entwurf. Die Vorteile für AnlV-Investoren auf der einen Seite und insbesondere Anbieter im Infrastrukturinvestmentbereich auf der anderen Seite liegen auf der Hand. Die Zukunft wird zeigen, ob die im Referentenentwurf vorgesehenen Änderungen ausreichen, um das Ziel, mehr Investitionen in Infrastrukturprojekte zu lenken, zu erreichen.

 

Betriebsrentenstärkungsgesetz 2.0
Über die weiteren geplanten Änderungen im Zweiten Betriebsrentenstärkungsgesetz informieren wir Sie in diesem gesonderten Artikel.

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