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Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zum Auskunftsanspruch von Arbeitnehmern nach Art 15 DSGVO

Arbeitnehmerdatenschutz: Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) bringt zwar weiterhin keine Rechtsklarheit in Bezug auf den Umfang der Auskunftspflicht des Arbeitgebers gemäß Artikel 15 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), nach Auffassung des BAG steht Arbeitnehmern aber weder ein pauschaler Auskunftsanspruch noch die Herausgabe sämtlicher Arbeits-E-Mails zu. Es sei vielmehr ein konkret formulierter (Klage-) Antrag erforderlich, so dass der Arbeitgeber seiner Auskunftspflicht auch tatsächlich nachkommen könne.

Ausgangssituation

Arbeitnehmern steht gemäß Artikel 15 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gegenüber Arbeitgebern ein Auskunftsanspruch über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten zu. Hiervon machen Arbeitnehmer seit Inkrafttreten der DSGVO - insbesondere im Rahmen von Verhandlungen über die Beendigung von Arbeitsverhältnissen, egal ob durch außergerichtliche Aufhebungsverträge oder Vergleiche in Kündigungsschutzverfahren, - Gebrauch. Dieses geschieht auch vor dem Hintergrund, dass sich seit Einführung der DSGVO mit geringem Aufwand und Prozesskostenrisiko ein vergleichsweiser hoher Druck auf Seiten der Arbeitgeber als verhandlungstaktisches Mittel aufbauen lässt und die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer stärken kann. Arbeitgeber, die damit noch keine Erfahrungen gesammelt haben, können hierdurch unter Umständen eher zu Zugeständnissen bewegt werden.

Auskunftsbegehren von Arbeitnehmern binden in der Regel Personalressourcen und Arbeitgeber sehen sich aufgrund der kurz bemessenen Auskunftsfrist (Art. 12 Abs. 3 DSGVO spricht von „unverzüglich, in jedem Fall aber innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags“) zudem mit hohem zeitlichen Druck konfrontiert. Nur ausnahmsweise besteht die Möglichkeit einer einmaligen Fristverlängerung um zwei Monate. Darüber hinaus birgt das Auskunftsbegehren das Risiko von empfindlichen Bußgeldern, denn eine nicht rechtzeitig oder unvollständig erteilte Auskunft stellt einen Datenschutzverstoß dar, der an die Datenschutzbehörde gemeldet werden kann. Nicht zuletzt können Arbeitnehmer auch selbst gegebenenfalls Schadensersatzansprüche geltend machen.

Diese Rechtslage stellt Arbeitgeber zunehmend vor Herausforderungen in der täglichen Praxis und bedarf konkreter Maßnahmen, um die Risiken von Datenschutzverstößen sowie Aufwände im Bereich der Personalwirtschaft möglichst gering zu halten.


Bisherige Rechtsprechung

Der konkrete Umfang der Auskunftspflicht sowie des ebenfalls bestehenden Anspruchs auf eine Kopie der verarbeiteten Daten (Art. 15 Abs. 3 DSGVO) ist bislang in der Rechtsprechung strittig und höchstrichterlich ungeklärt.

Bereits 2018 hatte das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg (Az. 17 Sa 11/18) einen Arbeitgeber zur umfassenden Auskunftserteilung und Herausgabe einer Kopie sämtlicher im Arbeitsverhältnis verarbeiteten personenbezogenen Daten, inklusive aller den Arbeitnehmer betreffenden E-Mails, verurteilt. Im Ergebnis bedeutet diese Entscheidung, dass Arbeitgeber möglicherweise nicht nur mehrere tausend E-Mails zusammenstellen, sondern diese zuvor auch auf Daten unbeteiligter Dritter sichten und schwärzen müssten. Zu einer höchstrichterlichen Entscheidung durch das BAG kam es seinerzeit jedoch nicht, da sich die Parteien vor der Revisionsverhandlung verglichen.

Verschiedene andere Gerichte haben sich in der Vergangenheit ebenfalls mit dem Thema beschäftigt. So urteilte das Arbeitsgericht Bonn (Az. 3 Ca 2026/19), dass ein zu pauschal gestellter Auskunftsantrag als zu weitgehend zurückzuweisen ist. Das Landgericht Heidelberg hat in einem Urteil (Az. 4 O 6/19) die Klage eines ehemaligen Vorstandsmitglieds mit der Begründung abgewiesen, dass die Beschaffung, Auswertung und ggfls. Schwärzung von mehreren tausend E-Mails (im konkreten Fall über 10.000) unzumutbar sei.


BAG Entscheidung vom 27. April 2021 (Az. 2 AZR 342/20)

Nunmehr lag dem BAG erneut ein Verfahren zur Entscheidung vor, von dem allgemein erwartet wurde, dass es dahingehend für Rechtsklarheit sorgt, wie weitreichend die Pflicht zur Auskunftserteilung und Herausgabe einer Kopie der verarbeiteten Daten tatsächlich ist (insbesondere im Hinblick auf die in der Praxis oftmals relevanten in E-Mails enthaltenen personenbezogenen Daten). Diese Erwartung erfüllte sich jedoch nicht.

Entsprechend der Pressemitteilung Nr. 8/21 des BAG wies der 2. Senat die Klage bereits wegen eines nicht hinreichend bestimmten Klageantrags ab. Hierzu das BAG: „Ein Klageantrag auf Überlassung einer Kopie von E-Mails ist nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn die E-Mails, von denen eine Kopie zur Verfügung gestellt werden soll, nicht so genau bezeichnet sind, dass im Vollstreckungsverfahren unzweifelhaft ist, auf welche E-Mails sich die Verurteilung bezieht.“ Sofern der Kläger hierzu nicht in der Lage sei, müsse er im Rahmen einer Stufenklage zunächst auf Auskunftserteilung klagen, um seinen Klageantrag auf Herausgabe im Nachgang hinreichend bestimmt genug stellen zu können.

Offen lassen konnte das BAG damit die maßgebliche Frage, ob das Recht auf Herausgabe einer Kopie gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO auch die Überlassung von E-Mail Kopien erfasst, ebenso wie die Frage, ob eine Aussetzung des Verfahrens und Vorlage der Frage nach dem Verständnis des Anspruchs auf Erteilung von Kopien gem. Art 15 Abs. 3 DSGVO beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) im Rahmen eines sogenannten Vorabentscheidungsverfahrens erforderlich gewesen wäre.


Fazit:

Ungeachtet der weiterhin bestehenden Rechtsunsicherheiten in Bezug auf den Umfang des datenschutzrechtlichen Auskunfts- und Kopie-Erteilungsanspruchs, sollten Arbeitgeber durch ein effektives Datenschutzmanagement grundsätzlich sowohl technisch als auch organisatorisch in der Lage sein, Auskunftsansprüche von Arbeitnehmern fristgerecht beantworten zu können, ohne jedoch die durch Art. 15 Abs. 4 DSGVO ebenso geschützten Rechte und Freiheiten anderer Personen zu vernachlässigen oder gar zu verletzen. So vermeiden Arbeitgeber einerseits das Risiko von Bußgeldzahlungen und machen sich andererseits im Rahmen von Verhandlungen über die Beendigung von Arbeitsverhältnissen nicht zusätzlich unnötig angreifbar.

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