compliance management

Article

Neues BGH-Urteil: Buß­geld­minderung bei effektivem Compliance Manage­ment System möglich!

Zusammenfassung

In einer aktuellen Entscheidung äußert sich der Bundesgerichtshof erstmals zur bußgeldmindernden Wirkung von Compliance Management Systemen – und unterstreicht damit die praktische Notwendigkeit zur Einrichtung eines Compliance Management Systems (CMS) - BGH 1 StR 265/16 vom 9. Mai 2017.

Das Urteil stellt einen Meilenstein in der Compliance-Diskussion dar. Der Bundesgerichtshof kommt nicht nur zu dem Schluss, dass die Einrichtung und laufende Verbesserung eines CMS bußgeldmindernd zu berücksichtigen ist, sondern stellt zugleich fest, dass diese Wirkung auch den - im Rahmen eines laufenden Verfahrens vorgenommenen - Verbesserungen an einem CMS zukommen kann. Diese Grundsätze sollten wohl auch auf die Bemessung von Geldbußen für die Organmitglieder selbst anwendbar sein. Darüber hinaus dürfte vieles dafür sprechen, dass das Vorhandensein eines CMS auch bei der Feststellung einer etwaigen zivilrechtlichen Haftung der Organmitglieder zu berücksichtigen ist. Zugleich betont der BGH, dass eine wegen eines Compliance-Verstoßes zu verhängende Geldbuße den wirtschaftlichen Vorteil, der aus der Tat gezogen worden ist, übersteigen soll.

Vor dem Hintergrund der nunmehr auch höchstrichterlich bestätigten möglichen bußgeldmindernden Wirkung von Compliance Management Systemen sollten Unternehmen jeglicher Größenordnung unverzüglich entsprechende Systeme einrichten bzw. bestehende Systeme weiter verbessern. Unsere Compliance-Experten stehen Ihnen hierbei gerne mit Rat und Tat zur Seite.

Sachverhalt

Dem Urteil des BGH lag folgender Sachverhalt zu Grunde (verkürzt): Ein deutsches Unternehmen tätigte ein Geschäft, das auf unzulässigen Absprachen beruhte. In diesem Zusammenhang wurden Provisionen gezahlt, die später entgegen § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG als Betriebsausgabe deklariert wurden. Das Landgericht München I verhängte u.a. gegen das Unternehmen ein Bußgeld i.H.v. 175.000 EUR nach § 30 Abs. 1 OWiG.

Der BGH hatte sich als Revisionsinstanz auch mit der Höhe der Unternehmensgeldbuße zu befassen. Er hob die Geldbuße wegen rechtsfehlerhafter Bemessung auf und nahm dies zum Anlass, erstmals wie folgt auf eine bußgeldmindernde Wirkung eines Compliance Management Systems hinzuweisen:

BGH zur bußgeldmindernden Wirkung eines CMS:

  1. Für die Bemessung der Geldbuße ist u.a. bedeutend, inwieweit ein Unternehmen seiner Pflicht, Rechtsverletzungen aus der Sphäre des Unternehmens zu unterbinden, genügt und ein effizientes Compliance Management System installiert hat.
  2. Dieses Compliance Management System muss auf die Vermeidung von Rechtsverstößen ausgelegt sein.
  3. Dabei kann auch eine Rolle spielen, ob das Unternehmen in der Folge eines bereits eingeleiteten Verfahrens entsprechende Regelungen optimiert und seine betriebsinternen Abläufe so gestaltet hat, dass vergleichbare Normverletzungen zukünftig jedenfalls deutlich erschwert werden.

Darüber hinaus stellte der BGH fest, dass die Geldbuße den wirtschaftlichen Vorteil, der aus der Tat gezogen worden ist, übersteigen soll (§ 30 Abs. 3, § 17 Abs. 4 S. 1 OWiG).

Auswirkungen auf die Praxis:

Dieses Urteil ist ein Meilenstein in der Compliance-Diskussion. Es enthält gleich mehrere für die Compliance-Praxis entscheidende Konsequenzen:

  1. Es ist nun höchstrichterlich geklärt, dass sich die enormen Anstrengungen eines Unternehmens, ein Compliance Management System aufzubauen bzw. zu verbessern, auch bußgeldmindernd auswirken können. Das bedeutet, dass ein CMS nicht nur dazu dient, Regelverstöße im Unternehmen zu verhindern, sondern dass ein CMS auch zu einer Verringerung der bei einem Regelverstoß zu verhängenden Geldbuße führen kann
  2. Weiter steht nunmehr fest, dass auch während eines laufenden Verfahrens vorgenommene Verbesserungen an bestehenden CMS zu berücksichtigen sind. Dies belegt, dass es sich zu jedem Zeitpunkt, und gerade auch während eines laufenden Verfahrens, lohnt, an einem Compliance Management System zu arbeiten und dieses kontinuierlich zu verbessern. 
  3. Dies gilt nicht zuletzt, da nach unserer Einschätzung Aufbau bzw. Überarbeitung eines CMS auch für die Vermeidung/Reduzierung möglicher Geldbußen für Organe der Unternehmensleitung nach § 130 OWiG und letztendlich auch für die zivilrechtliche Haftung von Vorständen nach § 93 Abs. 2 S. 1 AktG und Geschäftsführern nach § 43 Abs. 2 GmbHG relevant sind.

Diese äußerst wichtigen Rechtsfolgen sind vielen Unternehmen nicht bewusst. Bitte wenden Sie sich mit Fragen zu Compliance-Fragestellungen, insbesondere Compliance Management Systemen jederzeit an unsere Experten, auch und gerade, wenn sich Ihr Unternehmen bereits in einem (Ermittlungs-)Verfahren befindet – spätestens jetzt ist der richtige Zeitpunkt, an Ihrem Compliance Management System zu arbeiten!

Fanden Sie diese Information hilfreich?