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Restructuring Report 2023/2024 

Steigende Komplexität und wachsende Herausforderungen für die Restrukturierungsbranche

Die Marktbedingungen werden zunehmen schwieriger, und die Restrukturierungswelle hat Deutschland erreicht. In diesem Kontext hat Deloitte im aktuellen Restructuring Report erneut deutschlandweit Restrukturierungsexpert:innen befragt, um ein klares Bild aus der Perspektive der involvierten Personen abzuleiten. Eines lässt sich sagen: Grundsätzlich wird die Arbeit der Restrukturierer:innen vielfältiger, aber auch zunehmend komplexer. Was sind die wichtigen Themen, die am meisten gefährdeten Branchen und die dringlichsten Handlungsfelder? Die Einschätzungen der Expert:innen und die entsprechenden Einordnungen bieten hier spannende Erkenntnisse.

Die Zeiten werden unsicherer: Der Strukturwandel stellt viele deutsche Unternehmen immer wieder vor neue Herausforderungen und erfordert es, Prozesse und Strategien flexibel anzupassen. Parallel erhöht die Zeitenwende im Finanzierungsumfeld den Druck der Geldgeber: Geschäftsmodelle müssen krisenfest gestalten sein, dabei sollen Kosten gesenkt werden - und gleichzeitig ist es erforderlich, sich langfristig zukunftsfähig aufzustellen. Geopolitische Unsicherheiten und sich überlappende Krisen bestimmen nunmehr fast durchgehend den ökonomischen Alltag.

Der letzte Restructuring Report wurde während der Corona-Pandemie veröffentlicht: Zu dieser Zeit war das Restrukturierungsumfeld entsprechend von deren Auswirkungen beeinflusst. Während man damals noch von temporären Disruptionen ausging, haben sich mittlerweile Begriffe wie Poly- oder Multikrise im Wortgebrauch verfestigt. Die Branchen und die Geschäftsmodelle der Unternehmen und damit auch die Restrukturierungsbranche befinden sich im Umbruch – Krisen werden zum Normalzustand.

Restructuring Report 2023/2024

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Was bedeutet diese Entwicklung für die Restrukturierungsbranche im Jahr 2024?

Die Ergebnisse unserer Umfrage zeigen: 90 Prozent der Expert:innen erwarten mehr Restrukturierungen in den kommenden zwölf Monaten als in den vergangenen. Die Gründe hierfür sind vielfältig und liegen insbesondere in der grundsätzlich instabilen geopolitischen Lage, der Geldpolitik der Zentralbanken und der Inflation. Mittel- und langfristig bleibt die Digitalisierung ein wesentliches Thema, nun auch gepaart mit Entwicklungen rund um die Künstliche Intelligenz, sowie der demografische Wandel. 

Erwarten Sie für die kommenden 12 Monate mehr oder weniger Restrukturierungen als in den vergangenen 12 Monaten?

Welche Branchen sind besonders betroffen?

Wir haben die Expert:innen gefragt, welche Branchen in der Zukunft vor besonderen Herausforderungen stehen werden. Hier wurden die Bau- und Immobilienwirtschaft, die Automobilindustrie, der (stationäre) Handel sowie das Gesundheitswesen am häufigsten genannt.

Die Bau- und Immobilienwirtschaft befindet sich wegen stark gestiegener Zinsen und Kosten sowie sinkender Immobilienpreise bereits in einer deutlichen Krise. Gleichzeitig verstärkt sich die Unsicherheit bei Investitionsentscheidungen.

Im Automobilsektor stehen insbesondere die Zulieferer vor großen Herausforderungen. Während die Automobilhersteller Rekordgewinne verzeichnen, befindet sich die Zulieferindustrie inmitten grundlegender Branchentransformationsprozesse, die voraussichtlich nicht alle Marktteilnehmer überstehen werden.

Der (Einzel-)Handel steht weiterhin vor der Herausforderung, sich an die Veränderung des Kundenverhaltens anpassen zu müssen. Kernaufgaben dürften hierbei in der Entwicklung neuer Retail-Konzepte und der Schaffung nachhaltiger Angebote liegen. Problematisch ist hierbei unter anderem die schlechte finanzielle Ausstattung vieler Händler, es fehlen oft die Mittel für eine Weiterentwicklung bestehender Konzepte.

Im Gesundheitswesen spitzt sich die wirtschaftliche Situation deutscher Krankenhäuser seit Jahren zu und ist aktuell von vielfältigen Insolvenzen geprägt. Ob die angekündigte Krankenhausreform hier gegensteuern kann, wird zumindest bezweifelt. Klar ist, dass die aktuelle Lage für viele Leistungserbringer zu erheblichen Unsicherheiten führt.

Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau ist derzeit noch weniger stark im Fokus, wird jedoch mutmaßlich mittel- bis langfristig ebenfalls vor Problemen stehen. Die Unternehmen der Branche müssen ihr Produktportfolio im globalen Wettbewerb schärfen und Innovationen gezielt, aber bedacht vorantreiben. Gleichzeitig müssen das Working Capital und wesentliche Kostenpositionen konsequent adjustiert und flexibilisiert werden.

Wie ändert sich die Restrukturierungspraxis?

Nach der Meinung der Befragten werden Restrukturierungsfälle inhaltlich, aber auch aufgrund der hohen Anzahl der Stakeholder zunehmend komplexer. Darüber hinaus wird der Verlauf der Restrukturierungsfälle unsicherer. Mehr als zuvor sind eine klare strategische Ausrichtung und ein anpassungsfähiges Geschäftsmodell Schlüssel für eine erfolgreiche Restrukturierung. Neben diesen Punkten ist es den Expert:innen zufolge oft auch die mangelnde operative Umsetzung, an der Restrukturierungen scheitern.

Die Komplexität von Restrukturierungen nimmt zu.

Eine weitere Kernaussage der Umfrage ist, dass der Gedanke der umfassenden und ganzheitlichen Restrukturierung immer wichtiger wird. Anstatt „nur“ Liquiditätsengpässe zu beheben, muss man auch Geschäftsmodelle transformieren können und darf die umfassende Umsetzung nicht vernachlässigen. Restrukturierung wird ein breiteres und inhaltlich anspruchsvolleres Betätigungsfeld. Restrukturierer:innen der Zukunft sollten daher sämtliche entsprechenden Instrumente kennen, um so die Entscheidungen, die im Zeitverlauf sinnvoll oder erforderlich werden, treffen zu können. Zudem ändert sich das Finanzierungsumfeld: Die klassische Bankfinanzierung nimmt nach Meinung der Expert:innen an Bedeutung ab, während der Einfluss von Debt Funds wächst.

Auch juristische Aspekte fließen maßgeblich ein: Die Aktualität des StaRUG könnte in der derzeitigen Wirtschaftslage nicht größer sein, insbesondere bei Branchen wie der Immobilienwirtschaft und der Automobilindustrie, deren Finanzierung vielfach über Darlehen und Konsortialkredite gewährleistet wird. Darüber hinaus strebt die EU eine weitere Harmonisierung der teilweise sehr divergierenden Insolvenzordnungen der Mitgliedsstaaten an. Hierzu wurde ein Richtlinienentwurf veröffentlicht, dessen Details nun diskutiert werden.

Stefan Sanne, Head of Turnaround & Restructuring:

Die große Resonanz auf unseren Aufruf zur Teilnahme an der Studie zeigt das hohe Interesse an den wesentlichen Zukunftsfragen der Branche. Die Ergebnisse sind zum Teil eindeutig, zum Teil aber auch durchaus überraschend. Sie laden auf jeden Fall zu Diskussion sowie zu Selbstreflexion der Branche ein.

Über die Studie

Im Rahmen des Restructuring Report wurden Expert:innen aus den Bereichen Insolvenzberatung und -verwaltung sowie Management- und Rechtsberatung befragt, dazu Finanzierer (Eigen- und Fremdkapital) sowie (Interims-)Manager:innen von Unternehmen. Diese teilten ihre Einschätzungen und Erwartungen zur weiteren Konjunktur- und Branchenentwicklung sowie zu aktuellen Trends auf dem Restrukturierungsmarkt mit. Im Restructuring Report werden diese Erkenntnisse dann dargestellt und reflektiert. Ziel ist es, einen fundierten Überblick über die Situation des deutschen Restrukturierungsmarktes zu geben, sowie Trends und mögliche Veränderungen aufzuzeigen.

Laden Sie hier den vollständigen Deloitte Restructuring Report 2023/2024 herunter und erfahren Sie mehr. Gerne stehen wir für ein offenes Gespräch zu den Ergebnissen und den daraus resultierenden Themen zur Verfügung.

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Restructuring Report 2021

Das Jahr 2020 wurde von der COVID-19-Pandemie geprägt und auch in den ersten drei Quartalen des Jahres 2021 war die Pandemie weiterhin präsent. Deloitte hat sich im Restructuring Report 2021 die zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklungen einzelner Branchen im Detail angesehen. 

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