Betriebsrentenstärkungsgesetz passiert den Bundestag am 1. Juni 2017 | Deloitte Deutschland

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Betriebsrentenstärkungsgesetz passiert den Bundestag am 1. Juni 2017

Nun ist es doch vor der Sommerpause vollbracht

Der Bundestag hat den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze (Betriebsrentenstärkungsgesetz), Bundestagsdrucksache 18/11286, in seiner 237. Sitzung am 01.06.2017 in der Fassung des Ausschusses für Arbeit und Soziales, Bundestagsdrucksache 12/12612, angenommen.

Einige Regelungen sind hinzugekommen – auch jenseits der reinen Beitragszusage. Geblieben ist der Kern der reinen Beitragszusage: keine Garantie der Rentenhöhe – auch nicht in der Rentenbezugsphase – weder vom Arbeitgeber noch von der durchführenden Einrichtung.

Nun sind Arbeitgeber, Direktversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds sowie nicht zuletzt die Tarifvertragsparteien aufgefordert, sich mit der Umsetzung der reinen Beitragszusage auseinanderzusetzen. Wie mit bestehenden Zusagen umgehen? Und: es gibt nicht DIE reine Beitragszusage sondern viele Facetten der Ausgestaltung – insbesondere beim Übergang in die Rente und bei der Kapitalanlage.

Wesentliche Neuregelungen

Nachfolgend skizzieren wir ausgewählte wesentliche Neuregelungen vor allem für die betriebliche Altersversorgung. Für eine detailliertere Darstellung stehen wir Ihnen gern zur Verfügung:

  • Eine reine Beitragszusage, die den Arbeitgeber zur Beitragszahlung, nicht aber zur Einstandspflicht für spätere Leistungen der betrieblichen Altersversorgung verpflichtet, kann auf tarifvertraglicher Basis eingeführt werden.
  • Dabei hat der Gesetzgeber den Tarifvertragsparteien eine Prüfpflicht auferlegt, ob über Tariföffnungsklauseln den Betriebs- und Arbeitsvertragsparteien ermöglicht werden soll, die Beiträge auch für bereits bestehende Zusageformen (Leistungszusage, beitragsorientierte Leistungszusage, Beitragszusage mit Mindestleistung) zu verwenden.
  • Die eine reine Beitragszusage durchführenden Einrichtungen sind Direktversicherung, Pensionsfonds und Pensionskasse.
  • Bei einer Entgeltumwandlung hat der Arbeitgeber 15 % des Entgeltumwandlungsbetrags, soweit er durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart, zusätzlich an die durchführende Einrichtung zu zahlen.
  • Bei Arbeitgeberfinanzierung soll ein entsprechender Sicherungsbeitrag von den Tarifvertragsparteien vereinbart werden. Dieser Sicherungsbeitrag wird, soweit er nicht unmittelbar dem einzelnen Begünstigten zugeordnet wird, nicht durch den § 3 Nr. 63 EStG sondern durch die Neuregelung in § 3 Nr. 63a EStG steuerfrei gestellt.
  • Derartige Zusatzbeiträge können zu einem Pufferaufbau in der Deckungsrückstellung der durchführenden Einrichtung für die Versorgungsberechtigten genutzt werden. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass auch die durchführenden Einrichtungen keine garantierten Leistungen zusagen dürfen.
  • Bei einer reinen Beitragszusage ist nicht nur die Höhe der späteren Rente ungewiss, die Rentenzahlung selbst unterliegt Schwankungen. Der Gesetzgeber hat einen Korridor vorgesehen, in dem sich der so genannte Kapitaldeckungsgrad der laufenden Rente zu bewegen hat. Wird dieser Korridor überschritten, so ist die laufende Rente zu erhöhen. Dabei darf der bestehende Puffer aber nicht komplett verbraucht werden. Der vorgenannte Kapitaldeckungsgrad muss mindestens 110 % nach einer Rentenerhöhung betragen. Wird der vorgenannte Korridor unterschritten, so ist die Rente zu reduzieren – ein Novum in der betrieblichen Altersversorgung.
  • Das Kapitalanlagemanagement und das Risikomanagement der durchführenden Einrichtung haben diese Besonderheiten der reinen Beitragszusage zu beachten.
  • Die Tarifvertragsparteien haben sich an der Durchführung und Steuerung der reinen Beitragszusage zu beteiligen, ohne dass die bestehenden Rechte und Pflichten der Organe der durchführenden Einrichtung beeinträchtigt werden. Beispielsweise ist ein Mitwirken im Aufsichtsrat oder im Kapitalanlageausschuss denkbar.
  • Die durchführende Einrichtung hat vor dem Schließen einer Vereinbarung zur Durchführung einer reinen Beitragszusage zu prüfen, ob die aufsichtsrechtlichen Regelungen bei der vorgesehen Ausgestaltung der Durchführung der reinen Beitragszusage eingehalten sind.
  • Die auf den gezahlten Beiträgen beruhende Anwartschaft einer reinen Beitragszusage ist sofort verfallbar.
  • Bei Ausscheiden aus den Diensten des Arbeitgebers ist eine Forstsetzung der Versorgung mit eigenen Beiträgen des Arbeitnehmers möglich. Ebenso ist eine Übertragung auf eine Versorgungseinrichtung des neuen Arbeitgebers, die die Beiträge für eine reine Beitragszusage verwendet, möglich.
  • Nichttarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern soll der Zugang zu den tarifvertraglichen Vereinbarungen einer reinen Beitragszusage nicht verwehrt werden.

Weitere Regelungen – nicht nur für die reine Beitragszusage

Jenseits der reinen Beitragszusage soll auf folgende Aspekte eingegangen werden:

  • Arbeitgeber müssen bei Entgeltumwandlung – soweit dadurch Sozialversicherungsbeiträge eingespart werden – 15 % des Entgeltumwandlungsbetrags zusätzlich an Direktversicherungen, Pensionsfonds oder Pensionskassen zahlen; dies gilt nicht für die Durchführungswege unmittelbare Versorgungszusage und (rückgedeckte) Unterstützungskasse. Für bestehende versicherungsförmige Zusagen gilt eine Übergangsregelung bis zum 1. Januar 2022.
  • Auf tarifvertraglicher Ebene kann ein Opting-Out-System vereinbart werden. Dieses Optionssystem kann aufgrund einer tarifvertraglichen Regelung auch im Rahmen einer Betriebsvereinbarung eingeführt werden. Nichttarifgebundene Arbeitgeber können ein einschlägiges tarifvertragliches Optionssystem anwenden.
  • Die Regelungen zur Anpassungsprüfungspflicht in § 16 Absatz 3 Nr. 2 Betriebsrentengesetz zur Anpassung laufender Leistungen bei Direktversicherungen und Pensionskassen gelten nun auch rückwirkend (für Anpassungszeiträume vor dem 01.01.2016) grundsätzlich als dann erfüllt, wenn sämtliche auf den Rentenbestand entfallenden Überschussanteile zur Erhöhung der Leistungen genutzt werden.
  • Der steuerliche Freibetrag des § 3 Nr. 63 EStG wird auf 8 % der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung angehoben. Die Regelung zu den zusätzlichen 1.800 Euro entfällt. Die bei Ausscheiden aus den Diensten des Arbeitgebers anwendbare so genannte Vervielfältigungsregel wird vereinfacht, ebenso die Anrechnung bestehender Zusagen, die nach § 40b EStG a. F. besteuert werden.
  • Für Geringverdiener (Monatseinkommen bis zu 2.200) wird den Arbeitgebern die Möglichkeit eines so genannten Förderbetrags der betrieblichen Altersversorgung eingeräumt. Sie können vom Gesamtbetrag der einzubehaltenen Lohnsteuer (ein erstes Dienstverhältnis und Durchführung der bAV in einem versicherungsförmigen Durchführungsweg vorausgesetzt) den Förderbeitrag zur bAV entnehmen und bei der Lohnsteuer-Anmeldung absetzen. Der Förderbetrag beträgt höchstens 30 % des zusätzlichen Arbeitgeberbeitrags (der mindestens 240 Euro im Kalenderjahr betragen muss). Jedoch beläuft sich die Obergrenze des Förderbetrags auf 144 Euro. Falls der Arbeitgeber schon in 2016 einen zusätzlichen Arbeitgeberbeitrag leistet (in einem versicherungsförmigen Durchführungsweg), so ist der Förderbetrag auf den darüber hinaus geleisteten Arbeitgeberbeitrag beschränkt. Ferner stellt der Gesetzgeber unter anderem Anforderungen an die Kostengestaltung des zugrundeliegenden Tarifs.
  • Der Anrechnung von Leistungen Riester-geförderter betrieblicher Altersversorgung auf die Grundsicherung wird durch größere Freibeträge begegnet.

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