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Auswirkungen der CRR III auf die Modellierung von Kreditrisiken 

Der Entwurf der EU-Kommission zur CRR III beinhaltet einige signifikante Änderungen im IRB-Ansatz für Kreditrisiken. Diese betreffen die (Teil-)Anwendbarkeit von Ratingsystemen auf das Kreditportfolio einer Bank, die Definition der Ratingsysteme und neue bzw. konkretere Anforderungen an die Risikomodellierung. IRBA-Banken sollten bereits jetzt klären, welche Auswirkungen die CRR III auf ihr Geschäft hat. Erfahren Sie mehr dazu in diesem Deloitte Beitrag.

In einem früheren Beitrag haben wir einen Überblick über die Neuerungen im Entwurf der CRR III vom 27. Oktober 2021 im Vergleich zur aktuell gültigen CRR II gegeben. Inzwischen liegt auch der Standpunkt des EU-Ministerrats vor. Nach Veröffentlichung des Standpunkts des EU-Parlaments, der aktuell für Anfang 2023 erwartet wird, werden die sogenannten Trilog-Verhandlungen zwischen der EU-Kommission (EK), dem EU-Ministerrat und dem Europäischen Parlament (EP) starten. Die signifikantesten Auswirkungen der CRR III aus den überarbeiteten Eigenmittelanforderungen werden nach wie vor durch die geplante Einführung des Output Floors in Verbindung mit dem überarbeiteten Kreditrisikostandardansatz (KSA) erwartet. 

Im Bereich des auf internen Ratings basierenden Ansatzes (IRBA) zur Berechnung der Eigenmittelanforderungen für das Kreditrisiko ergeben sich zahlreiche Änderungen, die im Meldewesen zu implementierenden Regelwerken wie beispielsweise die Abgrenzung der Forderungsklassen, die Formeln und Eingabeparameter zur Berechnung der Risikogewichte und die Voraussetzungen zur Berücksichtigung von Kreditrisikominderungstechniken führen werden. Darüber hinaus stehen Institute, die den IRBA anwenden, vor wesentlichen neuen Fragestellungen im Bereich der Modellierung der Risikoparameter, auf die wir in diesem Beitrag detaillierter eingehen. 

Rentabilität der IRBA-Modellierung und -Anwendung

Die Erfüllung der mit dem IRBA verbundenen Anforderungen ist mit erheblichen Personal- und IT-Kosten verbunden. Allerdings begrenzt der geplante Output Floor zukünftig die mögliche Kapitalersparnis aus der Nutzung von internen Ratingverfahren und Risikomodellen. Nach Auslaufen der Übergangsphase müssen mindestens 72,5 Prozent der Eigenmittel vorgehalten werden, die sich in den Standardansätzen ergeben. Zusätzlich werden Input Floors für die Risikoparameter PD, LGD und CCF bei der Berechnung der IRBA-Risikogewichte eingeführt. Somit stellt sich für IRBA-Institute die Frage, für welche Portfolien der erhebliche betriebliche Aufwand, der zur Erfüllung der IRBA-Anforderungen zu leisten ist, zukünftig noch rentabel ist. 

Für IRBA-Institute gilt, dass die CRR III die Möglichkeit bieten wird, innerhalb eines Übergangszeitraums von drei Jahren nach Inkrafttreten einzelne Portfolien in einem vereinfachten Verfahren in den KSA zu überführen. Daher sollten Institute bereits jetzt die mit dem IRBA verbundenen Kosten und den nach CRR III zu erwartenden RWA-Nutzen auf Portfolioebene und in der Gesamtsicht ermitteln. Dabei spielen auch mögliche Optimierungen wie beispielsweise die verstärkte Verwendung von externen Ratings und Kreditrisikominderungstechniken im KSA eine wichtige Rolle.

Für KSA-Institute bietet sich durch die Neufassung von Artikel 150 CRR die Chance, nicht wie bisher für alle, sondern nur für nach Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten ausgewählte Portfolien eine IRBA-Zulassung zu beantragen, ohne die bisher geforderten Mindestabdeckungsgrade einhalten zu müssen. Auch hier ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis unter den zukünftigen IRBA- und KSA-Regularien auf Portfolioebene und insgesamt zu betrachten. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Änderungen im KSA bei vielen Instituten zu höheren Eigenmittelanforderungen führen werden, wie die verschiedenen quantitativen Auswirkungsstudien gezeigt haben . Bei entsprechend „guten“ Portfolien könnte der IRBA somit bei KSA-Instituten trotz Output Floor zu einer Kapitalentlastung führen. 

Definition IRBA-Ratingsystem

Entsprechend der Neufassung von Artikel 142 CRR im Entwurf der EU-Kommission umfasst ein IRBA-Ratingsystem nur noch Forderungen innerhalb einer bestimmten Risikopositionsklasse. Bisher war es möglich und durchaus üblich, dass in ein und demselben Ratingsystem Forderungen beispielsweise aus den Forderungsklassen „Unternehmen“ und „Mengengeschäft“ oder aus den Forderungsklassen „Unternehmen“ und „Spezialfinanzierungen“ enthalten waren, sofern sie bankintern mit den gleichen Ratingmodellen und Kreditprozessen behandelt wurden.

Sobald diese wie im Entwurf vorgesehene Änderung in Kraft tritt, sind solche Ratingsysteme formal nicht mehr CRR-konform und müssen neu definiert werden. Diese Vorgehensweise impliziert einen erheblichen Abstimmungsaufwand mit der Aufsicht bezüglich der IRBA-Zulassung der neu definierten Ratingsystemen. Eventuell muss eine sogenannte „wesentliche Modelländerung“ angemeldet werden, die von der Aufsicht geprüft und genehmigt werden müsste. Im Standpunkt des EU-Ministerrats und im ersten Entwurf zum Standpunkt des EU-Parlaments ist diese Verschärfung der Regularien nicht enthalten. Damit ist diese Gegenstand der Verhandlungen auf EU-Ebene.

Modellierung des Umrechnungsfaktors (CCF)

Während die Anforderungen an die Modellierung von PD und LGD lediglich konkretisiert werden (siehe unten), gibt es in Bezug auf die Modellierung des CCF im fortgeschrittenen IRBA erhebliche Veränderungen:

  • Eine interne Modellierung erfolgt nur noch für revolvierende Kreditzusagen und nur sofern für diese im Standardansatz kein CCF von 100 Prozent vorgesehen ist.
  • Durch den Wegfall des fortgeschrittenen IRBA für Forderungen an Banken und Großunternehmen (konsolidierter Umsatz > 500 Mio. EUR) gibt es auch hier keine interne Modellierung mehr.
  • Der CCF deckt, abweichend von den Vorgaben des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht, nur noch die Inanspruchnahme von Zusagen bis zum Zeitpunkt des Ausfalls ab. Inanspruchnahmen nach dem Ausfallstichtag fließen zukünftig in die LGD-Modellierung ein.
  • Der Betrachtungshorizont für den realisierten CCF in den Entwicklungsdaten ist erstmals konkret festgelegt, nämlich auf die 12 Monate vor dem Ausfalldatum. 
  • Innerhalb der Entwicklungsdaten müssen homogene Segmente bspw. nach Produktarten, Höhe der Limitauslastung, Schuldnerart und Vorhandensein von Auszahlungssperren definiert werden, für die der CCF jeweils separat geschätzt werden soll. Außerdem müssen Veränderungen im Produktmix eines Schuldners innerhalb des Betrachtungshorizonts genau analysiert und verstanden werden.

Insbesondere der zweite Punkt ist aktuell umstritten, da er in Kombination mit dem ersten Punkt je nach Art des Portfolios erhebliche Auswirkungen auf die Eigenmittelanforderung haben kann und ggf. die Anmeldung einer wesentlichen Modelländerung erfordern würde. Im Standpunkt des EU-Ministerrats ist der zweite Punkt nicht enthalten und wird nun zwischen den EU-Institutionen verhandelt.

Konkretisierung der Anforderungen an Modelle

Die CRR wird insofern dem „state of the art“ angepasst, als nun in Artikel 174 vorausgesetzt wird, dass IRBA-Institute statistische oder andere mathematische Methoden („Modelle“) für das Rating benutzen. Darüber hinaus werden Anforderungen an die Modellierung konkretisiert und schriftlich fixiert, die auch bisher schon in der Aufsichtspraxis gelebt wurden:

  • Die Behandlung von Unternehmensstrukturen aus Mutter- und Tochterunternehmen muss explizit geregelt sein und jedes Einzelunternehmen muss separat geratet werden.
  • Es wird erwartet, dass neben idiosynkratischen auch branchenspezifischen Veränderungen Treiber von Ratingmigrationen sind und dass zyklische Effekte als mögliche Risikotreiber untersucht werden.
  • Bei der Behandlung von Sicherheiten und Garantien müssen Fälle, in denen mehrere Forderungen durch gemeinsame (d.h. dieselben) Sicherheiten und Garantien gedeckt sind explizit behandelt werden.
  • Die Repräsentativität der historischen Daten für das Anwendungsportfolio muss laut Vorschlag der EU-Kommission im Gegensatz zum Standpunkt des Ministerrats auch in Bezug auf das Alter der Kredite (für PD) und die Zeit seit Ausfallbeginn (für LGD) untersucht werden. 

Eine weitere Neuerung betrifft die in den Vorgaben des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht enthaltene Forderung, dass die Ratingzuordnung im Gegensatz zur Ausfallwahrscheinlichkeit einen über zwölf Monate hinausgehenden Ausfallrisikohorizont abbilden soll. Diese hat keinen Eingang in den Vorschlag der EU-Kommission gefunden, wird aber vom Ministerrat und laut erstem Entwurf auch vom Parlament gewünscht. Insbesondere für Institute, die Rating und PD über eine Masterskala fest miteinander verknüpft haben, ist die Umsetzung dieser Vorgabe eine Herausforderung.

Auswirkungen der CRR III: Fazit und nächste Schritte

Durch die Neuregelung empfiehlt sich sowohl für IRBA- als auch für KSA-Institute, die Kosten-Nutzen-Frage der IRBA-Anwendung je Portfolio (neu) zu stellen und die RWA sowie die Modelllandschaft im Hinblick auf die künftige CRR-III-Regelung zu optimieren. Hinsichtlich der Modellierung der Risikoparameter verändern sich die Anforderungen insbesondere beim CCF. Wir empfehlen bereits jetzt die Auswirkungen zu untersuchen, um anschließend bei Neuentwicklungen und im Rahmen des Review of Estimates bei bestehenden CCF-Modellen die Einhaltung der neuen Anforderungen sicherzustellen.

Bei weiteren Fragen zu den Auswirkungen und Herausforderungen des CRR III kommen Sie gerne auf uns zu. Als Ihre Ansprechpartner rund um die Basel IV-Umsetzung auf EU-Ebene werden wir die aktuellen Diskussionen und zukünftigen Entwicklungen zur CRR III für Sie weiter eng begleiten. Gerne unterstützen wir Sie bei der Analyse der neuen Anforderungen und ihrer anschließenden Umsetzung.

Inhaltliche Ansprechpartner

Heiner Möllers

Senior Manager

hmoellers@deloitte.de

 

Dr. Dominik Scherer

Senior Manager

doscherer@deloitte.de

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