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Geldwäsche-Compliance | Mitteilungspflichten gegenüber dem Transparenzregister
Vernetzung der europäischen Transparenzregister: Umbau zum Vollregister führt zu umfassenden Mitteilungspflichten sämtlicher, auch börsennotierter Unternehmen
Stand: Juli 2021
Inhaltsübersicht
- I. Status quo | Transparenzregister als Auffangregister
- II. Mitgliedstaatliches Umsetzungsdefizit betreffend EU-Vorgaben zur Vernetzung der europäischen Transparenzregister
- III. Umbau des Transparenzregisters zum Vollregister
- IV. Übergangsfristen
- V. Weitere praxisrelevante (Neu-)Regelungen
Der Bundestag hat am 10. Juni 2021 eine gesetzliche Neufassung des Geldwäschegesetzes (GwG) beschlossen, die zum 1. August 2021 in Kraft treten wird (Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz; TraFinG).
Mit Inkrafttreten der Neufassung des GwG sind zukünftig sämtliche juristische Personen des Privatrechts und eingetragene Personengesellschaften – auch börsennotierte Gesellschaften und deren Tochtergesellschaften – zur positiven Mitteilung ihrer wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister verpflichtet. Bisher einschlägige Regelungen zu sog. „Mitteilungsfiktionen“ werden ersatzlos gestrichen. Betroffen hiervon sind unter Berücksichtigung von Schätzungen der Bundesregierung bis zu 90% aller deutschen Unternehmen.
Der damit einhergehende Umbau des Transparenzregisters zum Vollregister ist unter anderem der bereits in der 5. EU-Geldwäscherichtlinie (EU-Richtlinie 2018/843) vorgesehenen Vernetzung der europäischen Transparenzregister geschuldet, über die wir in unserem Beitrag Das Transparenzregister – Aktuelle Entwicklungen aufgrund der 5. EU-Geldwäscherichtlinie berichtet haben.
Insbesondere EU-weit agierende Konzerne sollten die geplante Vernetzung der europäischen Transparenzregister zeitnah zum Anlass nehmen, für die Ermittlung der wirtschaftlich Berechtigten ihrer Konzerngesellschaften einheitliche Standards vorzusehen und eine zentrale und einheitliche Prüfung ihrer grenzüberschreitend bestehenden Mitteilungspflichten sicherstellen.
I. Status quo | Transparenzregister als Auffangregister
Mit Inkrafttreten des neuen Geldwäschegesetzes (GwG) am 26. Juni 2017 haben juristische Personen des Privatrechts und eingetragene Personengesellschaften seit dem 1. Oktober 2017 die Angaben zu ihren wirtschaftlich Berechtigten einzuholen, aufzubewahren, auf aktuellem Stand zu halten und unverzüglich zur Eintragung in das Transparenzregister mitzuteilen (§ 20 Abs. 1 Satz 1 GwG).
Diese Mitteilungspflicht entfällt jedoch nach bisheriger Rechtslage immer dann, wenn sich die Angaben zu den (tatsächlich bzw. fiktiv) wirtschaftlich Berechtigten bereits aus elektronisch abrufbaren Dokumenten und Eintragungen in bestimmten anderen öffentlichen Registern, insbesondere dem Handelsregister, ergeben (sog. „Mitteilungsfiktion“, § 20 Abs. 2 Satz 1 GwG). Zusätzlich gilt für die an einem organisierten Markt nach § 2 Absatz 11 des Wertpapierhandelsgesetzes börsennotierten Gesellschaften die Mitteilungspflicht stets als erfüllt (sog. „Mitteilungsfiktion für börsennotierte Gesellschaften“, § 20 Abs. 2 Satz 2 GwG). Die Mitteilungsfiktion für börsennotierte Gesellschaften findet – nach bisheriger Verwaltungspraxis des Bundesverwaltungsamtes (BVA) – unter bestimmten Voraussetzungen analog § 20 Abs. 2 Satz 2 GwG auch auf deren Tochtergesellschaften Anwendung (BVA FAQs v. 9. Februar 2021, Kapitel A., Ziffer 3.).
Unter Berücksichtigung der vorgenannten Mitteilungsfiktionen, wurde das deutsche Transparenzregister in Umsetzung der 4. EU-Geldwäscherichtlinie (EU-Richtlinie 2015/849) vom deutschen Gesetzgeber folglich lediglich als sog. „Auffangregister“ konzipiert.
II. Mitgliedstaatliches Umsetzungsdefizit betreffend EU-Vorgaben zur Vernetzung der europäischen Transparenzregister
Mit Erlass der 5. EU-Geldwäscherichtlinie (EU-Richtlinie 2018/843) hat der europäische Gesetzgeber die Vernetzung der Transparenzregister der EU-Mitgliedstaaten über die sog. zentrale Europäische Plattform vorgesehen. Die noch ausstehende Vernetzung sollte bereits zum 10. März 2021 erfolgen. Mit dem Beginn der stufenweisen Vernetzung soll laut der Gesetzesbegründung zur Neufassung des GwG jedoch noch im Laufe des Jahres 2021 zu rechnen sein (BT-Drs. 19/28164, Seite 1, 29).
Voraussetzung für die Umsetzung der EU-Richtlinienvorgaben ist, dass die entsprechenden Datensätze in den mitgliedstaatlichen (Transparenz-)Registern umfassend vorhanden sind. Dies ist bei dem als Auffangregister ausgestalteten deutschen elektronischen Transparenzregister für den Großteil der deutschen Unternehmen aufgrund der regelmäßig anwendbaren Mitteilungsfiktionen nach bisheriger Rechtslage nicht der Fall. Laut Gesetzesbegründung ging der Gesetzgeber im Jahre 2017 davon aus, dass sich bis zu 90% der deutschen Unternehmen auf eine der jeweils einschlägigen Mitteilungsfiktionen berufen können (BT-Drs. 18/11555, Seite 93).
III. Umbau des Transparenzregisters zum Vollregister
Um auf deutscher Seite die datenseitigen Voraussetzungen für die Vernetzung der Transparenzregister der EU-Mitgliedstaaten zu schaffen und zugleich auf nationaler Ebene die praktische Nutzbarkeit des Transparenzregisters zu verbessern, werden mit Inkrafttreten des TraFinG sämtliche Mitteilungsfiktionen aufgehoben und das Transparenzregister so zu einem Vollregister umgebaut.
Sämtliche juristische Personen des Privatrechts und eingetragene Personengesellschaften – auch börsennotierte Gesellschaften und deren Tochtergesellschaften – sind daher künftig nicht nur verpflichtet, die Angaben zu ihren wirtschaftlich Berechtigten einzuholen, aufzubewahren, auf aktuellem Stand zu halten, sondern diese dem Transparenzregister auch positiv zur Eintragung mitzuteilen.
Wirtschaftlich Berechtigter ist gemäß § 3 Abs. 1 GwG die natürliche Person, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle eine Gesellschaft steht (Nr. 1), oder auf deren Veranlassung Transaktionen der Gesellschaft letztlich durchgeführt oder deren Geschäftsbeziehungen letztlich begründet werden (Nr. 2). Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 GwG zählt zu den wirtschaftlich Berechtigten im Regelfall insbesondere die natürliche Person, die mehr als 25% der Kapitalanteile an einer Gesellschaft hält, mehr als 25% der Stimmrechte kontrolliert oder die „auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt“.
Wenn auch nach Durchführung umfassender Prüfungen kein tatsächlich wirtschaftlich Berechtigter i.S.v. § 3 Abs. 1, 2 Satz 1 – 4 GwG (unwiderlegbare Vermutung) ermittelt werden kann, gilt nach § 3 Abs. 2 Satz 5 GwG als wirtschaftlich Berechtigter der gesetzliche Vertreter bzw. geschäftsführende Gesellschafter (widerlegbare Vermutung). Nach Wegfall der Mitteilungsfiktionen sind auch diese sog. „fiktiv wirtschaftlich Berechtigten“ dem Transparenzregister fortan uneingeschränkt zur Eintragung mitzuteilen.
IV. Übergangsfristen
Für Unternehmen, die aufgrund von Mitteilungsfiktionen derzeit nicht zur positiven Mitteilung an das Transparenzregister verpflichtet sind, sieht § 59 GwG n.F. für Mitteilungen zum Transparenzregister die folgenden gestaffelten Übergangsfristen vor:
- 31. März 2022: Aktiengesellschaft, Europäische Aktiengesellschaft und Kommanditgesellschaft auf Aktien (§ 59 Abs. 8 Nr. 1 GwG n.F.);
- 30. Juni 2022: Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Genossenschaften, Europäische Genossenschaften und Partnerschaften (§ 59 Abs. 8 Nr. 2 GwG n.F.);
- 31. Dezember 2022: alle anderen Gesellschaftsformen (§ 59 Abs. 8 Nr. 3 GwG n.F.).
Konnte sich ein Unternehmen nach bisheriger Rechtslage nicht auf eine Mitteilungsfiktion berufen, bleibt es bei der Grundregel des § 20 Abs. 1 Satz 1 GwG, dass die jeweils mitteilungspflichtige Gesellschaft ihren wirtschaftlich Berechtigten dem Transparenzregister unverzüglich mitzuteilen hat.
Dies gilt auch für Unternehmen, die ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neufassung des GwG ab dem 1. August 2021 neu gegründet werden. Diese profitieren nach dem eindeutigen Wortlaut des § 59 Abs. 8 GwG n.F. nicht von den vorgenannten Übergangsfristen, sondern sind nach Neugründung unverzüglich mitteilungspflichtig.
V. Weitere praxisrelevante (Neu-)Regelungen
1. Ermittlung wirtschaftlich Berechtigter börsennotierter Gesellschaften
Die Ermittlung wirtschaftlich Berechtigter börsennotierter Gesellschaften bestimmt sich auch nach der Neufassung des GwG nach der sehr weit gefassten Generalklausel des § 3 Abs. 1 GwG (siehe oben, Ziffer III.). Die Feststellung, ob unter Berücksichtigung sämtlicher Verhältnisse für eine börsennotierte Gesellschaft eine natürliche Person als mitteilungspflichtiger wirtschaftlich Berechtigter in diesem Sinn existiert, unterliegt aufgrund fehlender diesbezüglicher gesetzlicher Konkretisierungen und der bisher – aufgrund der regelmäßig auf börsennotierte Gesellschaften anwendbaren Mitteilungsfiktion des § 20 Abs. 2 Satz 2 GwG – fehlenden einschlägigen Verwaltungsrichtlinien in der Praxis erheblicher Rechtsunsicherheit.
Die unmittelbare Anwendung der die Generalklausel des § 3 Abs. 1 GwG für nicht-börsennotierte Gesellschaften konkretisierenden Regelung des § 3 Abs. 2 Satz 1 GwG auch auf börsennotierte Gesellschaften war im ursprünglichen Gesetzesentwurf zur Neufassung des GwG vorgesehen (Art. 1 Nr. 5 lit. b) Reg.-Entw.; BT-Drs. 19/28164, Seite 11), hat jedoch auf Beschlussempfehlung des Finanzausschusses aufgrund europarechtlicher Bedenken keinen Eingang in die letztlich verabschiedete Gesetzesfassung gefunden (BT-Drs. 19/30443, Seite 14, 73). Die oben unter Ziffer III. näher dargelegten Konkretisierungen des § 3 Abs. 2 Satz 1 GwG (Halten von 25% der Kapitalanteile an einer Gesellschaft, Kontrolle von mehr als 25% der Stimmrechte oder „Kontrolle auf vergleichbare Weise“) können damit für börsennotierte Gesellschaften weiterhin nur als Indiz für die Feststellung wirtschaftlich Berechtigter herangezogen werden. Aufgrund der bei börsennotierten Gesellschaften üblichen niedrigen Hauptversammlungspräsenz dürfte im Zweifel die (Beteiligungs-)Schwelle eher niedriger als 25% anzusetzen sein. Wie sich die mangels bisheriger Mitteilungsrelevanz fehlende verlässliche Verwaltungspraxis hierzu entwickelt, bleibt abzuwarten.
2. Automatisierter Zugang zum Transparenzregister
Mit Inkrafttreten der Neufassung des GwG soll für die in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GwG genannten Behörden (u.a. Aufsichtsbehörden, Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen, Strafverfolgungsbehörden, Gerichte) und bestimmte sogenannte „privilegierte Verpflichtete“ (Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute, Zahlungsinstitute, E-Geld-Institute, Versicherungsunternehmen und Notare) ab dem 1. Januar 2023 ein automatisierter Zugang zum Transparenzregister eingerichtet werden (§§ 23 Abs. 3, 59 Abs. 3 GwG n.F.). Die Voraussetzungen für eine Einsichtnahme sollen davon jedoch unberührt bleiben. Auch die automatisierte Einsichtnahme ist Behörden daher nur zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben und Verpflichteten nur zur Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten gestattet (§ 23 Abs. 6 GwG n.F.).
3. Mitteilungspflichtige Daten wirtschaftlich Berechtigter | Angaben zur Staatsangehörigkeit
Mit Neufassung des GwG sind fortan im Falle von Mehrstaatigkeit eines wirtschaftlich Berechtigten dem Transparenzregister neben den Angaben zu Vor- und Nachname, Geburtsdatum, Wohnort sowie Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses sämtliche Staatsangehörigkeiten mitzuteilen (§ 19 Abs. 1 Nr. 5 GwG n.F.). Eine anlassbezogene Aktualisierungspflicht soll dadurch jedoch nicht ausgelöst werden. Unternehmen, deren wirtschaftlich Berechtigte bereits im Transparenzregister eingetragen sind, müssen die fehlenden Angaben laut Gesetzesbegründung daher erst nachpflegen, wenn sie die Angaben zu ihren wirtschaftlich Berechtigten turnusgemäß aktualisieren (BT-Drs. 19/28164, Seite 48).
VI. Fazit
Mit dem Umbau des Transparenzregisters zu einem Vollregister wird ausweislich der Gesetzesbegründung die Anzahl der mitteilungspflichtigen deutschen Unternehmen auf insgesamt rund 2,3 Mio. ansteigen (BT-Drs. 19/28164, Seite 33).
In Bezug auf den entstehenden Mehraufwand ist auf Unternehmensseite von der Geschäftsleitung bzw. den jeweiligen Geldwäschebeauftragten nicht nur der Aufwand für die jeweiligen Erst-Mitteilungen und die turnusmäßig angezeigte Prüfung der Transparenzregister-Accounts auf Aktualisierungsbedarf zu berücksichtigen, sondern im Falle des Vorliegens von sog. „fiktiv wirtschaftlich Berechtigten“ das Nachhalten und die fristgerechte Umsetzung von erforderlichen Änderungsmitteilungen an das Transparenzregister im Falle von jeglichen personellen Änderungen auf Geschäftsleitungsebene (Geschäftsführerwechsel, Abberufung des Vorstandsvorsitzenden o.ä.).
Mangels bisheriger Mitteilungsrelevanz betreffend die Feststellung von wirtschaftlich Berechtigten börsennotierter Gesellschaften hat sich bis dato hierzu keine Verwaltungspraxis herausgebildet. Dies gilt auch zur Frage, unter welchen konkreten Voraussetzungen eine Beteiligung niedriger als 25% im Rahmen der Feststellung von wirtschaftlichen Berechtigten anzusetzen ist und in welcher Höhe bzw. nach welchen Kriterien dieser Schwellenwert zu bestimmen ist. Geldwäschebeauftragte sollten die sich hier in Zukunft entwickelnde Verwaltungspraxis der geldwäscherechtlichen Aufsichtsbehörden (Bundesverwaltungsamt, BaFin etc.) stetig im Blick haben um eine fristgerechte Umsetzung von ggf. erforderlichen (Änderungs-)Mitteilungen sicherzustellen.
EU-weit agierende Konzerne sollten für die Ermittlung der wirtschaftlich Berechtigten ihrer Konzerngesellschaften unter Berücksichtigung der für die jeweiligen Gruppengesellschaften einschlägigen nationalen Vorschriften nicht nur einheitliche Standards definieren, sondern eine zentrale und einheitliche Prüfung der Mitteilungspflichten vornehmen. Angesichts der bevorstehenden Vernetzung der europäischen Transparenzregister sollten – unter Berücksichtigung der jeweils anwendbaren nationalen Umsetzungsgesetze der 5. EU-Gelwäscherichtlinie – voneinander abweichende Mitteilungen an die mitgliedstaatlichen Register vermieden werden.
Da Verstöße gegen die nunmehr sämtliche Unternehmen treffenden Mitteilungspflichten zum Transparenzregister Ordnungswidrigkeiten darstellen und mit empfindlichen Bußgeldern bewehrt sind, sollten Unternehmen Vorkehrungen treffen, um rechtzeitig vor Ablauf der jeweils einschlägigen Übergangsfristen ihren Mitteilungspflichten zum Transparenzregister fristgerecht nachkommen zu können.
Inhaltsübersicht
- I. Status quo | Transparenzregister als Auffangregister
- II. Mitgliedstaatliches Umsetzungsdefizit betreffend EU-Vorgaben zur Vernetzung der europäischen Transparenzregister
- III. Umbau des Transparenzregisters zum Vollregister
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