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Institutsvergütungsverordnung 4.0

Die finale Fassung der Institutsvergütungsverordnung 4.0  

Am 24. September 2021 wurde die überarbeitete Fassung der Institutsvergütungsverordnung (IVV 4.0) im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Wir fassen in diesem Client Alert die materiellen Neuerungen der IVV 4.0 zusammen.

Die IVV 4.0 setzt den vorläufigen Schlusspunkt des gesetzlichen Gesamtpakets zu den überarbeiteten aufsichtsrechtlichen Vorgaben an die Vergütungssysteme von Instituten (die noch zu erfolgende Finalisierung des im November 2020 veröffentlichten Entwurfs der IVV 4.1 mit der Ergänzung der Nebenbedingungen des § 7 Abs. 1 S. 3 IVV für die Festlegung des Gesamtbetrags der variablen Vergütung um die aufsichtsrechtliche Anforderung an den Puffer der Verschuldungsquote gem. § 10j KWG betrifft nur global systemrelevante Institute).

Die Fortschreibung der gesetzlichen Rahmenbedingungen wurde initiiert vom EU-Gesetzgeber mit der Überarbeitung der Richtlinie 2013/36/EU (CRD IV) durch die Richtlinie 2019/878/EU (CRD V, s. hierzu unseren Client Alert) sowie der Überarbeitung der Verordnung 575/2013 (CRR) durch die Verordnung 2019/876 (CRR II).

Die überarbeiteten Vorgaben der CRD V zur Identifikation der Mitarbeiter, die einen wesentlichen Einfluss auf das Risikoprofil des Instituts ausüben (Risk Taker), hat die Europäische Kommission mit der am 9. Juni 2021 im EU-Amtsblatt veröffentlichten Delegierten Verordnung 2021/923 (RTS-MRT 2.0) ergänzt (s. hierzu unseren Client Alert ). Zuvor hatte der deutsche Gesetzgeber mit dem Risikoreduzierungsgesetz die maßgeblichen inländischen Regelungen zur Risk Taker-Identifizierung mit den §§ 1 Abs. 21 S. 2 und 25a Abs. 5b KWG, die am 29. Dezember 2020 in Kraft getreten sind, überarbeitet.

Die Vorgaben der CRD V zur inhaltlichen Ausgestaltung der Vergütungssysteme hat die EBA durch die am 2. Juli 2021 veröffentlichte überarbeitete Fassung der Guidelines on Sound Remuneration Policies (GSR 2.0) ergänzt (s. hierzu unseren Client Alert).

Zur IVV 4.0 hatte die BaFin im November 2020 einen ersten Entwurf veröffentlicht (Link). Die finale Fassung der IVV 4.0 berücksichtigt eine Vielzahl der von der Praxis im Konsultationsverfahren eingebrachten Änderungsvorschläge. Die IVV 4.0 wird noch ergänzt um eine Auslegungshilfe der BaFin zur IVV 4.0, für die die BaFin bereits ein Konsultationsverfahren angekündigt hat und deren finale Fassung voraussichtlich (erst) im Jahr 2022 veröffentlicht wird.

 

1. Anwendungsbereich reloaded: IVV a.D. für Factoring- und Finanzierungsleasingunternehmen auf Solo-Ebene – auch Befreiung auf Gruppenebene

Die IVV 4.0 startet mit einer gesetzlichen Erleichterung für Unternehmen, die ausschließlich Factoring- und Finanzierungsleasingdienstleistungen erbringen: Diese sind zukünftig nicht mehr von der IVV erfasst (§ 1 Abs. 1 S. 2 IVV). Sie haben für die Ausgestaltung ihrer Vergütungssysteme allein die Vorgaben des § 25a Abs. 1 KWG zu berücksichtigen, demnach die Vergütungssysteme ihrer Mitarbeiter (weiterhin) angemessen, transparent und auf eine nachhaltige Entwicklung des Instituts auszurichten sind (§ 25a Abs. 1 S. 3 Nr. 6 KWG), während gemäß § 2 Abs. 7a KWG (auch) die allgemeinen aufsichtsrechtlichen Vorgaben des § 25a Abs. 5 KWG von ihnen nicht zu beachten sind. Die Bereichsausnahme dürfte gemäß § 27 Abs. 1 S. 2 IVV auch für die (Nicht-)Einbeziehung dieser Unternehmen innerhalb einer Gruppe im Sinne des § 2 Abs. 12 IVV in eine gruppenweite Vergütungsstrategie gelten. Nicht übernommen hat der Gesetzgeber den im Konsultationsverfahren verlautbarten Vorschlag, Bürgschaftsbanken ebenfalls aus dem Anwendungsbereich der IVV herauszunehmen; deren Vergütungssysteme beurteilen sich daher weiterhin nach den allgemeinen Vorgaben für Nicht-CRR-Institute (unter Berücksichtigung der Privilegien für Förderbanken gemäß § 2 Abs. 9i KWG).

 

2. Anwendungsbereich erweitert: Der Kreis der qualifizierten nicht bedeutenden Institute im Sinne des § 1 Abs. 3 S. 2 IVV

Für den Kreis der nach § 1 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 IVV erstmals mit den Anforderungen der §§ 18ff. IVV konfrontierten qualifizierten nicht-
bedeutenden Institute hat der Gesetzgeber in der finalen Fassung der IVV 4.0 klargestellt, dass die Handelsbuchaktivitäten bzw. die
Derivatepositionen den maßgeblichen Umfang zum Abschluss des letzten Geschäftsjahres aufzuweisen haben. 

Gleichzeitig erweitert die IVV 4.0 – in Umsetzung der Vorgaben des Art. 94 Abs. 3 CRD V – den Anwendungsbereich der besonderen Vorgaben für die Vergütungssysteme von Risk Takern (§§ 18ff. IVV). Diese sind zukünftig nicht nur von bedeutenden Instituten (§ 1 Abs. 3c KWG) zu beachten, sondern – mit Ausnahme der Regelungen des mehrjährigen Bemessungszeitraums und des erhöhten Anteils der zurückzubehaltenden variablen Vergütung nach Maßgabe der §§ 19 Abs. 1 S. 3 und 4, 20 Abs. 2 IVV und zum Vergütungsbeauftragten (§§ 23 bis 26 IVV) – auch von nicht bedeutenden Instituten anzuwenden, die einer der beiden Fallgruppen des § 1 Abs. 3 S. 2 IVV zuzuordnen sind (sog. qualifizierte nicht bedeutende Institute).

Die erste Fallgruppe (§ 1 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 IVV) erfasst übergeordnete Institute einer Gruppe mit einer (teil-)konsolidierten Bilanzsumme von mehr als 30 Mrd. EUR. Vom Anwendungsbereich dieser Fallgruppe erfasst werden daher auch übergeordnete Institute, die auf Solo-Ebene eine Bilanzsumme von weniger als 15 Mrd. EUR aufweisen und in ihrem (Teil-)Konsolidierungskreis die Bilanzsumme von 30 Mrd. EUR übersteigen.

Die zweite Fallgruppe erfasst Institute, deren Bilanzsumme zu den jeweiligen Stichtagen der letzten vier abgeschlossenen Geschäftsjahre im Durchschnitt 5 Mrd. EUR überschritten hat und die einer der Unterfallgruppen des § 1 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 IVV angehören, also (1) die Befreiung des § 20 Abs. 1 SAG oder die vereinfachten Anforderungen der §§ 19 und 41 SAG nicht beanspruchen können, oder (2) zum Abschluss des letzten Geschäftsjahres Handelsbuchtätigkeiten von mindestens 5% der Gesamtaktiva des Instituts und mindestens in Höhe von 50 Mio. EUR, oder (3) mit Handelsabsicht gehaltene Derivatepositionen in einem Gesamtwert von mehr als 2% der bilanziellen und außerbilanziellen Vermögenswerte und einem absoluten Gesamtwert an allen Derivatepositionen von mehr als 5% aufweisen.

Zu beachten ist, dass die qualifizierten nicht bedeutenden Institute die Identifizierung ihrer Risk Taker allein nach dem Katalog des § 25 Abs. 5b S. 1 KWG vorzunehmen haben. Die erweiterten Anforderungen des § 25 Abs. 5b S. 2 KWG gelten ausschließlich für bedeutende Institute, dies hat der Gesetzgeber für die qualifizierten nicht bedeutenden Institute mit Gruppen-Sachverhalten in § 27 Abs. 2 S. 3 IVV auch für die gruppenweite Risk Taker-Identifizierung klargestellt.



3. Die Erweiterung der allgemeinen Anforderungen an die Angemessenheit der Vergütungssysteme: Geschlechtsneutrale Vergütungspolitik

§ 5 Abs. 1 Nr. 6 IVV 4.0 ergänzt – in Umsetzung der Art. 74 Abs. 1, 92 Abs. 2 CRD V – den Katalog der allgemeinen Leitsätze des § 5 Abs. 1 IVV zur Angemessenheit der Vergütungssysteme um die Maxime der geschlechtsneutralen Vergütungspolitik. Der Gesetzgeber hat hierzu in der finalen Fassung der IVV 4.0 den – auf die EU-Vorgaben aus Art 3 Abs. 1 Nr. 65 CRD V basierenden – Vorschlag aus dem Konsultationsverfahren aufgenommen, die Anforderung der Entgeltgleichheit auf jede gleiche oder auch jede gleichwertige Tätigkeit zu beziehen. Inhaltlich bringt die Regelung – die nicht zwingend unter die der aufsichtsrechtlichen Angemessenheit zugrunde liegenden Grundzwecke der IVV (monetäre Verhaltensincentivierung des einzelnen Mitarbeiters zu einem Verhalten in Übereinstimmung mit der Geschäfts- und Risikostrategie des Instituts sowie transparentes Risikomanagement des Instituts) zu subsumieren ist – keine Neuerungen für die Vergütungssysteme: Institute sind bereits nach dem geltenden Recht (vor allem nach § 1 AGG und nach dem Entgelttransparenzgesetz) zu einer geschlechtsneutralen Vergütungspolitik verpflichtet.

Der aufsichtsrechtliche Leitsatz der geschlechtsneutralen Vergütungspolitik beinhaltet für die Institute neben der inhaltlichen Perspektive auch zwei Umsetzungsdimensionen aus Sicht der Vergütungsgovernance: (1) Aus formaler Sicht sollen Institute nachweisen, dass die Vergütungspolitik geschlechtsneutral ist; hierzu haben die Institute geeignete Prozesse und eine geeignete Dokumentation zu etablieren. (2) Institute haben geeignete Instrumente für eine effektive Überwachung der Einhaltung der geschlechtsneutralen Vergütungspolitik zu etablieren; dies inkludiert neben geeigneten Kontrollprozessen in Bezug auf die konkrete Vergütungsentscheidung (z.B. Vier-Augen-Prinzip; bei bedeutenden Instituten könnte der Vergütungsbeauftragte die Kontrolle übernehmen) eine Berücksichtigung in der Angemessenheitsprüfung nach § 12 IVV. Die IVV 4.0 enthält für diese beiden Umsetzungsdimensionen aus Sicht der Vergütungsgovernance keine näheren Vorgaben; nähere Verlautbarungen hierzu werden voraussichtlich in der Auslegungshilfe der BaFin zur IVV 4.0 enthalten sein. Dabei wird abzuwarten sein, in welchem Umfang sich die BaFin an den Verlautbarungen der EBA zur Vergütungsgovernance in der GSR 2.0 (s. hierzu bereits unseren Client Alert) orientieren wird. Angesichts der Vergleichbarkeit des aufsichtsrechtlichen Leitsatzes der geschlechtsneutralen Vergütungspolitik erscheint es naheliegend, bei der konkreten Ausgestaltung der Vergütungsgovernance die von den Instituten bereits zur Umsetzung des Entgelttransparenzgesetzes bereits implementierten Nachweis- und Überwachungsprozesse zu berücksichtigen.

 

4. Modifizierung der besonderen Vorgaben an die variable Vergütung von Risk Takern

Die Änderungen in den besonderen Regelungen der IVV an die variable Vergütung von Risk Takern folgen den Vorgaben der CRD V: (1) Der Zurückbehaltungszeitraum für die variable Vergütung von Risk Takern beträgt zukünftig mindestens vier Jahre (§ 20 Abs. 1 S. 1 IVV). (2) Die Herausnahme von Risk Takern mit einer variablen Vergütung von nicht mehr als 50.000 EUR im Referenzzeitraum aus dem Anwendungsbereich der §§ 20ff. IVV verlangt zukünftig zusätzlich, dass die variable Vergütung nicht mehr als 1/3 der Gesamtvergütung ausmacht (§ 18 Abs. 1 S. 3 IVV). Klargestellt hat der Gesetzgeber außerdem in § 20 Abs. 2 IVV, dass der mindestens fünfjährige Zurückbehaltungszeitraum sich (nur) auf die Risk Taker beschränkt, die der der Geschäftsleitung unmittelbar nachgelagerten Führungsebene angehören.

Zudem wird in den Fallgruppen des § 18 Abs. 5 S. 3 IVV, die jeweils einen vollständigen Verlust der variablen Vergütung begründen sollen, klargestellt, dass die Fallgruppe des § 18 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 IVV, die bisher dem Wortlaut nach nur Verhaltensweisen des Risk Takers behandelte, die zu einem erheblichen Verlust für das Institut oder zu einer wesentlichen regulatorischen Sanktion führten, auch Verhaltensweisen umfassen soll, die zu einer wesentlichen aufsichtlichen Maßnahme führen. Die Klarstellung beinhaltet keine inhaltliche Neuerung, da die Aufsicht bereits unter der IVV 3.0 solche wesentlichen aufsichtlichen Maßnahmen (z.B. Anordnung der Erhöhung der Eigenmittelanforderungen in Höhe von mindestens 0,5 Prozentpunkte i.S.v. § 10 KWG) in den Anwendungsbereich des § 18 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 IVV einbezogen hat.

 

5. Modifizierung der Vorgaben an Gruppen-Sachverhalte (§ 27 IVV)

Die Modifizierungen in § 27 IVV resultieren aus den neuen Vorgaben der Art. 3 Abs. 1 Nr. 63, 109 Abs. 2 CRD V. Das übergeordnete Unternehmen hat unverändert eine gruppenweite Vergütungsstrategie festzulegen, wobei § 27 Abs. 1 S 1 IVV nunmehr explizit bestimmt, dass diese Strategie Grundsätze für angemessene, transparente, geschlechtsneutrale und auf eine nachhaltige Entwicklung der Gruppe ausgerichtete Vergütungssysteme zu enthalten hat, die die Anforderungen des § 25a Abs. 5 KWG und der §§ 4 bis 13 IVV in Bezug auf alle Mitarbeiter der gruppenangehörigen Unternehmen umzusetzen hat. Zudem stellt der Gesetzgeber in § 27 Abs. 2 IVV für die gruppenweite Vergütungsstrategie der bedeutenden Institute und der qualifizierten nicht bedeutenden Institute klar, dass die Vergütungssysteme für die als Gruppen-Risk Taker identifizierten Mitarbeiter aus den einzelnen Gruppen-Unternehmen neben den §§ 18ff. IVV (in dem in § 27 Abs. 2 S. 2 IVV bestimmten Umfang) auch die Anforderungen des § 25a Abs. 5 KWG zu beachten haben.

Systematisch modifiziert ist in § 27 IVV die Regelung zur Einbeziehung der Vergütungssysteme der Mitarbeiter aus Gruppen-Unternehmen, die für die Vergütungssysteme eigenständige EU-gesetzliche (und diese umsetzende inländische) Vorgaben zu beachten haben. Dies betrifft neben Kapitalverwaltungsgesellschaften nach dem KAGB auch Wertpapierinstitute nach dem Wertpapierinstitutsgesetz. Diese sind von der gruppenweiten Vergütungsstrategie herausgenommen (§ 27 Abs. 3 IVV) mit Ausnahme der Mitarbeiter der einzelnen Kapitalverwaltungsgesellschaft bzw. des einzelnen Wertpapierinstituts, die als Risk Taker des Instituts zu qualifizieren sind, weil sie einen unmittelbaren wesentlichen Einfluss auf mindestens ein CRR-Institut in der Gruppe ausüben (§ 27 Abs. 4 IVV).

 

 

6. (Redaktionelle) Modifizierung der gesetzlichen Regelungen zum Aufgabenkatalog des Vergütungsbeauftragten

Redaktionell klargestellt hat der Gesetzgeber in der IVV 4.0 den Aufgabenkatalog des Vergütungsbeauftragten, nach dem sich die ständige Überwachung der Angemessenheit der Vergütungssysteme konkret auf die aufsichtsrechtlichen Vorgaben der IVV (inklusive der gruppenweiten Vergütungsstrategie nach Maßgabe des § 27 IVV, des § 25a Abs. 1 S. 3 Nr. 6, Abs. 5 KWG, auf die Identifizierung der Risk Taker gemäß § 25a Abs. 5b KWG sowie auf die Offenlegung nach § 16 IVV und nach Art. 450 CRR) beziehen soll. Die Klarstellung entspricht der von den Vergütungsbeauftragten bereits gelebten Praxis.

 

7. Weitere Neuerungen aus der IVV 4.0

Weitere Erkenntnisse aus der IVV 4.0 inkludieren:

  • Der Bereich Personal wird nicht mehr als Kontrolleinheit im Sinne des § 2 Abs. 11 IVV definiert. Der deutsche Gesetzgeber setzt damit das EU-rechtliche Verständnis zur Kontrolleinheit um, dass die EBA bereits in ihren Guidelines on Internal Governance (GL/2017/11) verlautbart hatte. Institute haben hierzu die relevanten Prozesse in der Konzeptionierung und Durchführung der Vergütungssysteme in Bezug auf die – unveränderte erforderliche – Beteiligung des Bereichs Personal zu überarbeiten (§§ 3 Abs. 3, 11 Abs. 1 Nr. 2 und 3 IVV). Zudem ist auf die Vergütungssysteme der Mitarbeiter aus dem Bereich Personal § 9 IVV nicht mehr anwendbar.
  • § 5 Abs. 6 S. 5 Nr. 1 lit. c) IVV wird erweitert um die Klarstellung, dass auch mit dem Personalrat nach den einschlägigen personalvertretungsrechtlichen Rechtsgrundlagen abgeschlossene Sozialpläne als Rechtsgrundlage für eine privilegierte Abfindung dienen können.
  • Die Veröffentlichungspflichten für nicht bedeutende Institute nach § 16 Abs. 2 IVV werden modifiziert. Börsennotierte (d.h. an einem geregelten Markt gelistete) kleine und nicht komplexe Institute im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 145 CRR haben zum Vergütungssystem – neben den Angaben aus Art. 450 Abs. 1 lit. a) bis d), h) bis j) CRR – den Gesamtbetrag aller Vergütungen (unterteilt in fixe und variable Vergütung) sowie die Anzahl der Begünstigten der variablen Vergütung anzugeben (§ 16 Abs. 2 IVV). Alle sonstigen kleinen und nicht komplexen Institute im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 145 CRR (insbesondere Institute mit einer Bilanzsumme von maximal 5 Mrd. EUR, die auch die weiteren Anforderungen des § 4 Abs. 1 Nr. 145 CRR erfüllen) unterliegen hinsichtlich ihrer Vergütungssysteme keinen Veröffentlichungspflichten nach § 16 IVV und Art. 450 CRR (Art. 433b Abs. 2 CRR). Dies hatte der Gesetzgeber bereits in der Begründung im Referentenentwurf der IVV 4.0 klargestellt.

 

8. Umsetzung der IVV 4.0 in die Vergütungssysteme: Keine gesetzliche Übergangsregelung und zugleich faktischer Übergangszeitraum

Die IVV 4.0 ist am 25. September 2021 in Kraft getreten. Der Gesetzgeber hat den im Konsultationsverfahren verlautbarten Vorschlag zur Festlegung eines – mindestens sechsmonatigen – Übergangszeitraums zur Ermöglichung der Umsetzung der überarbeiteten Vorgaben in die Vergütungssysteme in der finalen Fassung der IVV 4.0 nicht berücksichtigt.

Für die konkrete zeitgerechte Umsetzung ist zu berücksichtigen, dass Institute – angesichts der Erfahrungen aus den Gesetzgebungsverfahren zu den bisherigen Überarbeitungen der IVV, die in den jeweiligen finalen Fassungen der IVV 2.0 und der IVV 3.0 zum Teil materielle Modifizierungen der jeweiligen Entwurfsfassungen inkludierten – aus aufsichtsrechtlicher Sicht zunächst die finale Fassung der IVV 4.0 zur abschließenden Analyse der Änderungsbedarfe in ihren Vergütungssystemen abwarten durften. Außerdem sind zur wirksamen Umsetzung der überarbeiteten aufsichtsrechtlichen Vorgaben in die Vergütungssysteme die für das Institut jeweils geltenden arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten, die im Fall eines gewählten Betriebsrats/Personalrats die Beachtung der relevanten Mitbestimmungsrechte inkludiert. Die arbeits- und aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen und daraus resultierenden zeitlichen Dimensionen für die konkrete Umsetzung sind unter anderem auch in relevanten Prüfungen (insbesondere der Abschlussprüfung nach Maßgabe des § 12 PrüfbV und der Angemessenheitsprüfung nach § 12 IVV) zu berücksichtigen.

 

9. Ausblick: Nach der IVV 4.0 ist …

… u.a. eine (Weiter-)Entwicklung der Vergütungssysteme zur weiteren Berücksichtigung der (ESG-)Nachhaltigkeitsrisiken vorzunehmen

Die weitere gesetzliche Entwicklung der aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen für die Vergütungssysteme nach der IVV 4.1 und nach der Veröffentlichung der Auslegungshilfe der BaFin zur IVV 4.0 bleibt abzuwarten.
Faktisch dürften sich Institute fortgesetzt mit einer Weiterentwicklung der Vergütungsstrategie und der Vergütungssysteme zur weiteren Implementierung der (ESG)Nachhaltigkeitskriterien zu befassen haben. (Spätestens) Die erstmals hierzu im Geschäftsjahr 2021 gemäß der VO 2019/2088 offenzulegende etwaige Berücksichtigung der Nachhaltigkeitsrisiken in den Vergütungssystemen hat – wie auch die allgemeine Markterwartung und Marktentwicklung zu einer ESG-gerechten Geschäfts- und Risikostrategie – für die der VO 2019/2088 unterliegenden Institute den Fortschreibungsbedarf sowohl mit Blick auf die inhaltliche Ausgestaltung der Vergütungssysteme als auch mit Blick auf die Vergütungsgovernance deutlich gemacht.

Deloitte Legal Webcast "Legal Update #15/2021"

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