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Sound Compensation@Risikoreduzierungsgesetz
Die Regelungen zu den Vergütungssystemen im Referentenentwurf
Das Bundesministerium für Finanzen hat am 22.04.2020 den Referentenentwurf zum RiG veröffentlicht. Mit dem RiG wird der deutsche Gesetzgeber u.a. die erweiterten Vorgaben aus der CRD V zu den Vergütungssystemen in Instituten umsetzen. Das RiG enthält hierzu u.a. Regelungen zur überarbeiteten Kriterien des bedeutenden Instituts und der Analyse der Risk Taker.
Einleitung: RiG, CRD V und Sound Compensation
Das Bundesministerium der Finanzen hat am 22. April 2020 den Referentenentwurf zum Gesetz zur Reduzierung von Risiken und zur Stärkung der Proportionalität im Bankensektor (Risikoreduzierungsgesetz, RiG) veröffentlicht. Mit dem RiG soll der deutsche Gesetzgeber u.a. Vorgaben aus der EU-Richtlinie 2019/878/EU (CRD V) umsetzen. In Bezug auf die überarbeiteten Vorgaben der CRD V zu den Vergütungssystemen der Geschäftsleitung und der Mitarbeiter (s. dazu im Einzelnen unseren Client Alert zur Nachjustierung der Vergütungssysteme nach der CRD V) nimmt der deutsche Gesetzgeber im Kern eine zweiteilige Umsetzung vor: Die überarbeiteten EU-gesetzlichen Vorgaben zur Sound Compensation-bezogenen (Legal-)Definition des bedeutenden Instituts und zu den rechtlichen Rahmenbedingungen der Analyse der Mitarbeiter mit einem besonderen Einfluss auf das Risikoprofil des Instituts (sog. Risk Taker) setzt der deutsche Gesetzgeber im Kreditwesengesetz (KWG) um; hierzu enthält das RiG einen Gesetzesentwurf. Die überarbeiteten Vorgaben der CRD V zur inhaltlichen Ausgestaltung der Vergütungssysteme (vor allem zur variablen Vergütung der Risk Taker) wird der deutsche Gesetzgeber in die überarbeitete Fassung der Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV 4.0) implementieren.
Risk Taker-Analyse reloaded: Für Alle – mit zwei neuen Ausnahmen
Die wesentliche Neuerung im RiG zu Sound Compensation bildet die in § 25a Abs. 5b S. 1 KWG-RefE bestimmte Erweiterung der Risk Taker-Analyse auf alle CRR-Institute sowie auf alle sonstigen Institute, die beutend sind. Bisher hatten gemäß der aktuellen Fassung des § 25a Abs. 5b S. 1 KWG nur bedeutende Institute die Risk Taker-Analyse durchzuführen. Nach dem RiG keine Risk Taker-Analyse mehr durchzuführen haben dagegen gemäß der Neufassung des § 2 Abs. 7a KWG-RefE Finanzierungsleasinginstitute und Factoringinstitute.
Die neue gesetzliche Systematik für die Risk Taker-Analyse
Die Neufassung des § 25a Abs. 5b KWG-RefE enthält zur konkreten Durchführung der Risk Taker-Analyse eine abgestufte Systematik:
Bedeutende Institute haben, wie bisher, eine umfassende Risk Taker-Analyse nach Maßgabe des § 25a Abs. 5b S. 2 bis 6 KWG-RefE und der Vorgaben der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 604/2014 (RTS-MRT) durchzuführen. Die EBA hat am 19. Dezember 2019 einen Entwurf zur überarbeiteten Fassung der RTS-MRT (RTS-MRT 2.0) veröffentlicht, der noch im Jahr 2020 in eine finale Entwurfsfassung münden und anschließend von der Kommission erlassen werden soll. Die RTS-MRT 2.0 wird für die Risk Taker-Analyse unter anderem jeweils die Kriterien erweitern zur Definition (a) der Mitarbeiter mit Managementverantwortung, (b) der Mitarbeiter in Kontrollfunktionen und (c) zum wesentlichen Geschäftsbereich.
Die in § 25a Abs. 5b S. 1 KWG-RefE bestimmten Risk Taker haben dagegen alle betroffenen Institute zu identifizieren. In diesen Personenkreis – generell ausnahmslos – einzubeziehen sind (1) die Mitglieder der Geschäftsleitung und des Verwaltungs- bzw. des Aufsichtsorgans des Instituts (§ 1 Abs. 21 S. 2 KWG-RefE), (2) die Mitarbeiter der nachgelagerten Führungsebene, (3) die Mitarbeiter mit Managementverantwortung für die Kontrollfunktionen oder die wesentlichen Geschäftsbereiche des Instituts, und (4) die Mitarbeiter, die im vorhergehenden Geschäftsjahr (a) Anspruch auf eine Vergütung in Höhe von mindestens 500.000 EUR hatten, sofern die Vergütung des Mitarbeiters mindestens der durchschnittlichen Vergütung der Geschäftsleiter, der Mitglieder des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans sowie der Mitarbeiter der nachgelagerten Führungsebene des Instituts entspricht, und (b) die Mitarbeiter, die eine berufliche Tätigkeit in einem wesentlichen Geschäftsbereich ausüben, wobei (c) es sich um eine Tätigkeit handeln muss, die sich erheblich auf das Risikoprofil des betreffenden Geschäftsbereichs auswirkt. Die Dokumentation der Identifizierung kann sich – in Abgrenzung zu der nur von den bedeutenden Instituten vorzunehmenden umfassenden Risk Taker-Analyse – auf die Darlegung des konkreten Personenkreises und seine aufsichtsrechtliche Ableitung fokussieren. Die aufsichtsrechtliche Ableitung für die einzelnen Funktionen hat anhand der Kriterien der RTS-MRT zu erfolgen (§ 25a Abs. 5b S. 7 KWG-RefE).
Nachjustierung der Eigenschaft als bedeutendes Institut
Im RiG nachjustiert wird auch die Definition des bedeutenden Instituts. § 25n KWG wird aufgehoben. Die nunmehr in § 1 Abs. 3c KWG-RefE verorteten aufsichtsrechtlichen Vorgaben folgen im Ausgangspunkt der bisherigen Systematik des § 25n KWG. Die Eigenschaft als bedeutendes Institut kann sich weiterhin alternativ nach quantitativen Kriterien nach Maßgabe des § 1 Abs. 3c S. 1 KWG-RefE (Bilanzsumme in Höhe von 15 Mrd. EUR) oder nach den qualitativen Kriterien des § 1 Abs. 3c S. 2 KWG-RefE ergeben. Die qualitativen Kriterien des § 1c Abs. 3 S. 2 KWG-RefE entsprechen unverändert den qualitativen Kriterien des § 25n Abs. 2 KWG.
Für die quantitativen Kriterien wartet das RiG mit zwei Neuerungen auf: Der Referenzzeitraum für die Beurteilung der Überschreitung der Bilanzsumme von 15 Mrd. EUR beträgt nunmehr vier Geschäftsjahre. Institute, die über diesen Referenzzeitraum eine Überschreitung dieser Bilanzsumme aufweisen, sind ausnahmslos dem Kreis der bedeutenden Institute zuzuordnen; sie können zukünftig nicht mehr die bisher nach § 25n Abs. 1 2. Hs. KWG mögliche „Exkulpation“ vornehmen.
Die in der bisherigen Fassung des § 25n Abs. 3 KWG vorgesehene etwaige Einstufung eines Instituts, das weder die quantitativen Kriterien noch die qualitativen Kriterien des § 25n Abs. 1 bzw. Abs. 2 KWG erfüllt, als bedeutendes Institut nach Maßgabe der in § 25n Abs. 3 KWG bestimmten Kriterien, soll gemäß der Verlautbarung in der Gesetzesbegründung des RiG in der InstitutsVergV 4.0 geregelt werden.
Erweiterung des gruppenweiten Anwendungsbereichs
Das RiG bestimmt in der Neufassung des § 25a Abs. 6 S. 1 Nr. 1 KWG-RefE eine Erweiterung der Verordnungsermächtigung für die inhaltliche Ausgestaltung der Vergütungssysteme gemäß der InstitutsVergV auf gruppenangehörige Unternehmen, die nicht dem Anwendungsbereich des KWG unterliegen. Die Erweiterung der Verordnungsermächtigung zielt im Ausgangspunkt auf gruppenangehörige Kapitalverwaltungsgesellschaften, die nach den aktuellen gesetzlichen Vorgaben des KAGB und der AIFM-Richtlinie (2011/61/EU) bzw. der OGAW-Richtlinie (2014/91/EU) unter anderem keiner gesetzlichen quantitativen Vorgabe zum maximalen Verhältnis zwischen der variablen Vergütung und der fixen Vergütung unterliegen und zukünftig – im Fall der zu erwartenden Umsetzung dieser Verordnungsermächtigung in der InstitutsVergV 4.0 – ebenfalls die Obergrenze von 1:1 bzw. maximal 2:1 (bei Ermächtigung durch die Gesellschafter des Instituts) zu beachten haben.
Erweiterte Befugnis der Aufsichtsbehörde nach § 45 KWG-RefE
Das RiG erweitert in § 45 KWG-RefE die Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörde zur Anordnung der Reduzierung des Gesamtbonuspools nach Maßgabe des § 45 Abs. 2 Nrn. 10 und 11, Abs. 7 bis 10 KWG-RefE. Dies in zeitlicher Hinsicht, indem die Aufsichtsbehörde nunmehr bereits bei einer Gefährdungssituation in Bezug auf die aufsichtsrechtlichen Eigenmittel- und Liquiditätsanforderungen entsprechende Anordnungen treffen kann. Inhaltlich stellt § 45 Abs. 7 und 8 S. 1 KWG-RefE klar, dass die Anordnung zur Reduzierung oder Streichung in Bezug auf die variable Vergütung der Risk Taker auch die bereits ermittelten, aber während des Zurückbehaltungszeitraums noch nicht erdienten variablen Vergütungsbestandteile (vgl. § 20 Abs. 4 InstitutsVergV) erfassen kann. Gegenüber der aktuellen Regelung des § 45 Abs. 5 S. 10 KWG unverändert bestimmt § 45 Abs. 9 S. 2 KWG-RefE, dass aus vertraglichen Regelungen zur variablen Vergütung, die einer Anordnung nach § 45 Abs. 2 Nrn. 10 und 11 KWG-RefE oder nach § 45 Abs. 7, 8 S. 1 bis 3 KWG-RefE entgegenstehen, keine Rechte hergeleitet werden können.
Ausblick: Erlass des RiG und der InstitutsVergV 4.0 noch in 2020?
Das Gesetzgebungsverfahren zum RiG soll noch in diesem Kalenderjahr abgeschlossen werden, um der in der CRD V bestimmten Frist zur Implementierung der überarbeiteten EU-gesetzlichen Vorgaben unter anderem zu den Vergütungssystemen bis zum 28. Dezember 2020 zu genügen. Die Neuregelungen werden dann für die Vergütungssysteme – voraussichtlich – erstmals im Kalenderjahr 2021 anwendbar sein. Die generell ebenfalls bis zum 28. Dezember 2020 zu erlassene InstitutsVergV 4.0 wird das Bild der gesetzlichen Neuregelungen zu den Vergütungssystemen gemäß den EU-gesetzlichen Vorgaben der CRD V komplettieren. Wir halten Sie über das weitere Gesetzgebungsverfahren auf dem Laufenden.