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Der Mitarbeiter gemäß § 2 Abs. 7 IVV: Update 2025
Die Reichweite und Anwendung des aufsichtsrechtlichen Mitarbeiter-Begriffs gemäß § 2 Abs. 7 IVV stößt in der Praxis unverändert auf verschiedene inhaltliche Herausforderungen.
Wir erörtern in diesem Client Alert aktuelle Entwicklungen und Erkenntnisse aus der Beratungs- und Prüfungspraxis.
Inhaltsübersicht
- 1. Der Wortlaut des § 2 Abs. 7 IVV: Ein umfassender aufsichtsrechtlicher Mitarbeiter-Begriff … und die zentralen Kernfragen in der Praxis
- 2. Der vergütungsrechtliche Ausgangspunkt in der CRD (VI): Die risikobezogene gestaltungsneutrale Perspektive – nur Risikoträger als Mitarbeiter
- 3. (Keine) Verlautbarung der BaFin in der Auslegungshilfe und in den FAQ IVV
- 4. Erforderliche Verknüpfung der Tätigkeit der für das Institut mit dem Betrieb der relevanten Bankgeschäfte / der Erbringung der Finanzdienstleistungen
- 5. Mitarbeiter in einem Arbeitsverhältnis mit dem Institut – zugleich auch immer aufsichtsrechtliche Mitarbeiter gemäß § 2 Abs. 7 IVV?
- 6. Aufsichtsrechtlich erforderliche und geeignete Maßnahmen des Instituts zur Hinwirkung auf die Einhaltung der IVV in der Vergütung von Mitarbeitern im Rahmen des Drittpersonaleinsatzes
- 7. Zusammenfassung
Die bedarfsgerechte und zugleich aufsichtsrechtlich zulässige Anwendung des Mitarbeiterbegriffs ist von hoher praktischer Relevanz: Ist die einzelne Person in Bezug auf ihre berufliche Tätigkeit für das Institut als Mitarbeiter im Sinne des § 2 Abs. 7 IVV zu qualifizieren, unterliegt die Vergütung, die sie für diese berufliche Tätigkeit vom Institut oder von einem Dritten erhält, generell den aufsichtsrechtlichen Anforderungen der IVV und des KWG (§ 2 Abs. 1 IVV). Dies betrifft insbesondere eine etwa in Bezug auf die berufliche Tätigkeit für das Institut bezogene variable Vergütung, die unter anderem (1) in ihrem Verhältnis zur fixen Vergütung der Obergrenze von maximal 100% (/200% bei einem entsprechenden Beschluss der Gesellschafter des Instituts) unterliegt (§ 25a Abs. 5 KWG), (2) in ihrer inhaltlichen Ausgestaltung mit der Geschäfts- und Risikostrategie des Instituts vereinbar sein muss (§ 4 IVV), und (3) etwaige negative Erfolgsbeiträge in ihrer finalen Festsetzung zu berücksichtigen hat (§ 5 Abs. 2 IVV). Ist die als Mitarbeiter im Sinne des § 2 Abs. 7 IVV qualifizierte konkrete Person in einem bedeutenden Institut (§ 1 Abs. 3c KWG) oder in einem qualifizierten, nicht-bedeutenden Institut (§ 1 Abs. 3 S. 2 IVV) als Risikoträger (§ 25a Abs. 5b KWG) identifiziert, unterliegt die variable Vergütung zusätzlich den besonderen Anforderungen der §§ 18ff. IVV.
1. Der Wortlaut des § 2 Abs. 7 IVV: Ein umfassender aufsichtsrechtlicher Mitarbeiter-Begriff … und die zentralen Kernfragen in der Praxis
Die in der aktuellen Fassung des § 2 Abs. 7 IVV (IVV 4.0) bestimmte Definition des Mitarbeiter-Begriffs ist im Kern inhaltsgleich mit der Ausfüllung des Begriffs in den Vorfassungen des § 2 Abs. 7 vom 25.07.2017 (IVV 3.0) und vom 16.12.2013 (IVV 2.0) sowie des § 2 Abs. 6 in der ersten Fassung der IVV vom 06.10.2010:
Mitarbeiter im Sinne der IVV sein sollen alle Arbeitnehmer des Instituts gemäß § 5 Abs. 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes (ArbGG) sowie alle natürlichen Personen,
- deren sich das Institut beim Betreiben von – aufsichtsrechtlich erlaubnispflichtigen – Bankgeschäften oder bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen bedient, insbesondere aufgrund eines Arbeits-, Geschäftsbesorgungs- oder Dienstverhältnisses, oder
- die im Rahmen einer Auslagerungsvereinbarung mit einem gruppenangehörigen Auslagerungsunternehmen unmittelbar an Dienstleistungen für das Institut beteiligt sind, um Bankgeschäfte zu betreiben oder Finanzdienstleistungen zu erbringen.
Gemäß § 2 Abs. 7 S. 2 IVV gelten als Mitarbeiter auch Geschäftsleiter nach § 1 Abs. 2 KWG; also die natürlichen Personen, die nach Gesetz und Gesellschaftsvertrag des Instituts zur Führung der Geschäfte und zur Vertretung eines Instituts oder eines Unternehmens oder einer Personenhandelsgesellschaft berufen sind.
Der Wortlaut des § 2 Abs. 7 S. 1 IVV stellt klar, dass die Eigenschaft als Mitarbeiter des Instituts nicht nur auf der Grundlage eines Arbeitsverhältnisses begründet werden kann. Auch jede Form der Tätigkeit der einzelnen Person aufgrund eines Drittpersonaleinsatzes kann die Eigenschaft als Mitarbeiter gemäß § 2 Abs. 7 IVV begründen und im Ausgangspunkt kommen hierzu als Kollaborationsformen vor allem in Betracht die Tätigkeit (i) als freier Mitarbeiter der Person aufgrund eines Dienstleistungs-/Werkvertrags mit dem Institut, (ii) im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung der Person aufgrund eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags zwischen dem Institut und dem Verleiher, und (iii) auf der Grundlage eines Dienstleistungs-/Werkvertrags des Vertragsarbeitgebers der Person mit dem Institut, etwa aufgrund einer gruppenbezogenen Auslagerung der konkreten Tätigkeit.
Für die konkrete Anwendung des § 2 Abs. 7 IVV stellen sich in der Praxis unverändert insbesondere folgende zwei Kernfragen:
- Welche Anforderungen sind an die Verknüpfung der Tätigkeit der einzelnen Person mit dem Betrieb der konkreten Bankgeschäfte / der Erbringung der konkreten Finanzdienstleistungen zu stellen?
- Ist die Anforderung der erforderlichen „Bedienung“ des einzelnen Mitarbeiters durch das Institut für den Betrieb von Bankgeschäften bzw. der Erbringung von Finanzdienstleistungen als Voraussetzung für die aufsichtsrechtliche Qualifizierung als Mitarbeiter im Sinne des § 2 Abs. 7 IVV auch für Personen in einem Arbeitsverhältnis mit dem Institut zu fordern oder sind diese Personen bereits allein aufgrund des bestehenden Arbeitsverhältnisses als Mitarbeiter des Instituts im Sinne des § 2 Abs. 7 IVV zu qualifizieren?
2. Der vergütungsrechtliche Ausgangspunkt in der CRD (VI): Die risikobezogene gestaltungsneutrale Perspektive – nur Risikoträger als Mitarbeiter
Der EU-Gesetzgeber beantwortet die beiden Fragen in der EU-vergütungsrechtlichen Ausgangsregelung des Art. 92 Abs. 2 der Richtlinie 2013/36 (in den Fassungen der Richtlinien 2019/878 (CRD V) und 2024/1619 (CRD VI)) nicht unmittelbar. Er nimmt in Art. 92 Abs. 2 CRD V eine risikobezogene Perspektive ein, demnach die EU-vergütungsrechtlichen Rahmenbedingungen (allein) gelten sollen für verschiedene Mitarbeiterkategorien, deren berufliche Tätigkeit sich wesentlich auf das Risikoprofil des Instituts auswirkt (Risikoträger). Mitarbeiter im Sinne der EU-vergütungsrechtlichen Regelungen sind also nur Risikoträger. Der EU-vergütungsrechtliche Mitarbeiterbegriff erfasst die Risikoträger gestaltungsneutral – maßgeblich ist der faktische Einfluss der beruflichen Tätigkeit auf das Risikoprofil des Instituts; unabhängig von der Ausgestaltung des der Tätigkeit zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses. Der EU-Gesetzgeber nimmt zu den möglichen Ausgestaltungen des Rechtsverhältnisses keine Konkretisierungen vor. Er lässt in seinen Verlautbarungen in den Erwägungsgründen der CRD V (v.a. Rdnr. 10) erkennen, dass als Rechtsgrundlage für die Tätigkeit neben einem Arbeitsverhältnis mit dem Institut auch eine Tätigkeit auf der Grundlage eines Arbeitsverhältnisses mit einem Vertragspartner des Instituts in Betracht kommt. Die EBA hat in ihren Leitlinien zur soliden Vergütungspolitik (EBA/2021/04) keine weitergehende Erläuterung des Mitarbeiter-Begriffs vorgenommen.
3. (Keine) Verlautbarung der BaFin in der Auslegungshilfe und in den FAQ IVV
Die BaFin hat in den am 13.06.2024 veröffentlichten FAQ IVV keine gesonderten Ausführungen zum inhaltlichen Verständnis des § 2 Abs. 7 IVV veröffentlicht, während sie in ihrer Auslegungshilfe zur IVV 3.0 (vom 15.03.2018, BaFin-Auslegungshilfe) noch einzelne klarstellende Leitsätze zur möglichen praktischen Anwendung des Mitarbeiterbegriffs verlautbart hat: (i) Die berufliche Tätigkeit der Person für das Institut muss sich bei Auslagerungssachverhalten auf eine Beteiligung an der konkreten Dienstleistung zum Zwecke des Betriebs von Bankgeschäften oder der Erbringung von Finanzdienstleistungen beziehen. (ii) Sie kann auch aufgrund einer Arbeitnehmerüberlassung erfolgen.
Da die BaFin-Auslegungshilfe auch nach der Veröffentlichung der FAQ IVV in der Praxis jedenfalls für die Regelungsgegenstände weiterhin von inhaltlicher Relevanz ist, die in den FAQ IVV nicht explizit geregelt sind (s. dazu bereits unseren Client Alert), sind diese Leitsätze von den Instituten auch bei der weiteren Anwendung des § 2 Abs. 7 IVV zu beachten.
Weitergehende Aussagen zu den beiden Kernfragen enthält (aber) auch die BaFin-Auslegungshilfe nicht.
4. Erforderliche Verknüpfung der Tätigkeit der für das Institut mit dem Betrieb der relevanten Bankgeschäfte / der Erbringung der Finanzdienstleistungen
Die Frage der Intensität dieser Verknüpfung stellt sich insbesondere für Personen, die die konkrete berufliche Tätigkeit für das Institut nicht in einem Arbeitsverhältnis, sondern im Wege des Drittpersonaleinsatzes erbringen. Die (Aufsichts-)Praxis ist sich hierzu im Ausgangspunkt einig, dass angesichts der in § 2 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 IVV bestimmten Fokussierung auf den Einsatz der einzelnen Person für den Betrieb der relevanten Bankgeschäfte bzw. die Erbringung der relevanten Finanzdienstleistungen nicht jede auf das Institut bezogene Tätigkeit unter den Mitarbeiterbegriff des § 2 Abs. 7 IVV fallen kann und daher etwa ausschließlich facility-bezogene Tätigkeiten (z.B. Reinigungsdienstleistungen, Gebäudemanagement, Fuhrparkservices sowie Kantinenservice) ohne direkten Bezug auf das operative Geschäft des Instituts nicht unter § 2 Abs. 7 IVV fallen.
Die konkrete Beurteilung der Anwendung des § 2 Abs. 7 IVV auf die einzelne Person in Bezug auf die für das Institut erbrachte berufliche Tätigkeit hat am Regelungszweck des § 2 Abs. 7 IVV anzusetzen: Aus teleologischer Sicht soll der aufsichtsrechtliche Mitarbeiterbegriff des § 2 Abs. 7 IVV sicherstellen, dass die mit der IVV bezweckte monetäre Risikoincentivierung (= (Bonusfähiger) Anreiz des einzelnen Mitarbeiters, sich im Einklang mit der nachhaltigen Geschäfts- und Risikostrategie des Instituts zu verhalten und damit eine aufsichtskonforme Durchführung des – erlaubnispflichtigen – Geschäftsbetriebs des Instituts zu verzeichnen) alle Personen erfasst, die solche beruflichen Tätigkeiten für das Institut erbringen, denen sich das Institut beim Betreiben der jeweiligen – erlaubnispflichtigen – Bankgeschäfte oder der Erbringung der jeweiligen Finanzdienstleistungen bedient. § 2 Abs. 7 IVV soll verhindern, dass Institute die Anwendung der IVV auf solche Personen dadurch umgehen, dass die vertragliche Rechtsgrundlage der Tätigkeit dieser Personen nicht mit dem Institut, sondern mit/über einen Dritten vereinbart wird. Vielmehr werden diese Personen unabhängig von der inhaltlichen Ausgestaltung dieser Rechtsgrundlage – gestaltungsneutral – von § 2 Abs. 7 IVV erfasst, wenn die konkrete Tätigkeit den Fokus auf das jeweilige Bankgeschäft/die relevante Finanzdienstleistung aufweist.
Die Anwendung des § 2 Abs. 7 IVV auf die konkrete berufliche Tätigkeit ist daher an zwei Voraussetzungen geknüpft:
- Die jeweilige Person erbringt eine institutstypische Tätigkeit zur Durchführung der – erlaubnispflichtigen – Bankgeschäfte/Finanzdienstleistungen; diese Beurteilung kann aus praktischer Sicht anhand einer Kausalitätsüberlegung durchgeführt werden, demnach die konkrete Tätigkeit für den Betrieb der relevanten Bankgeschäfte/Finanzdienstleistungen nicht hinweg gedacht werden kann. Nach diesem Kriterium kann etwa die Anwendung des § 2 Abs. 7 IVV auf die vorgenannten Facilitytätigkeiten verneint werden.
- Die Person ist in einer Weise in die operative Organisationsstruktur des Instituts eingegliedert, dass ihre Tätigkeit unmittelbar den operativen Geschäftsbetrieb des Instituts betrifft. Dieses Kriterium grenzt etwa Beratungsleistungen von externen Dritten vom Anwendungsbereich des § 2 Abs. 7 IVV ab, die zwar inhaltlich auf den erlaubnispflichtigen operativen Geschäftsbetrieb des Instituts gerichtet sind, aber keine operativen Auswirkungen auf diesen haben, wenn und indem die konkreten Beratungsleistungen nur Gestaltungsvorschläge beinhalten, die das Institut selbst operationalisiert.
5. Mitarbeiter in einem Arbeitsverhältnis mit dem Institut – zugleich auch immer aufsichtsrechtliche Mitarbeiter gemäß § 2 Abs. 7 IVV?
Die Frage, ob alle Mitarbeiter in einem Arbeitsverhältnis mit dem Institut bereits angesichts der arbeitsvertraglichen Rechtsgrundlage ihrer Tätigkeit als Mitarbeiter des Instituts im Sinne des § 2 Abs. 7 IVV zu qualifizieren sind, stellt sich in der Praxis für einzelne Personengruppen, die operative Tätigkeiten für das Institut in Geschäftsfeldern ausüben, die nicht der aufsichtsrechtlichen Erlaubnispflicht unterliegen. In der jüngeren Praxis sind hierzu unverändert etwa die beruflichen Tätigkeiten von Mitarbeitern für das Institut in Diskussion, die ausschließlich Immobilien vermakeln oder ausschließlich Versicherungen vermitteln.
Nach der Einschätzung der Finanzaufsicht (die diese bisher nicht explizit in den FAQ IVV und auch nicht in der BaFin-Auslegungshilfe verlautbart hat) sollen alle Mitarbeiter in einem Arbeitsverhältnis mit dem Institut (bereits angesichts der arbeitsvertraglichen Rechtsgrundlage ihrer Tätigkeit) als Mitarbeiter des Instituts gemäß § 2 Abs. 7 IVV zu qualifizieren sein und sollen daher auch die beiden o.g. Mitarbeitergruppen dem aufsichtsrechtlichen Mitarbeiter-Begriff unterfallen.
Diese aufsichtsrechtliche Einordnung ist jedoch mit Blick auf den vorgenannten Regelungszweck des § 2 Abs. 7 IVV in seiner personenbezogenen Reichweite nicht zwingend: § 2 Abs. 7 IVV fokussiert sich aus telelogischer Sicht (nur) auf Personen, deren Tätigkeiten für die jeweiligen Bankgeschäfte und für die jeweiligen Finanzdienstleistungen relevant sind. Es sprechen daher aus aufsichtsrechtlicher Sicht gewichtige Gründe dafür, Arbeitnehmer des Instituts in einem Arbeitsverhältnis im Einzelfall nicht als Mitarbeiter im Sinne des § 2 Abs. 7 IVV zu qualifizieren, deren Tätigkeit den erforderlichen Bezug zum jeweiligen – erlaubnispflichtigen – Bankgeschäft oder der relevanten Finanzdienstleistung nicht aufweist. Aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 7 IVV lässt sich dieses Verständnis in der Weise ableiten, dass sich der Eingangssatz des § 2 Abs. 7 („Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Sinne dieser Verordnung sind alle Arbeitnehmer des Instituts gemäß § 5 Absatz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes sowie alle natürlichen Personen,“) auf die beiden Fallgruppen des § 2 Abs. 7 Nr. 1 und 2 IVV bezieht und daher auch für die im Eingangssatz ausgeführten Arbeitnehmer die Erfüllung der Voraussetzungen des § 2 Abs. 7 Nr. 1 IVV („deren sich das Institut beim Betreiben von Bankgeschäften oder bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen bedient“) fordert.
6. Aufsichtsrechtlich erforderliche und geeignete Maßnahmen des Instituts zur Hinwirkung auf die Einhaltung der IVV in der Vergütung von Mitarbeitern im Rahmen des Drittpersonaleinsatzes
Wird die einzelne berufliche Tätigkeit und damit der relevante Mitarbeiter von § 2 Abs. 7 IVV erfasst, haben die Institute auf eine aufsichtsrechtskonforme Ausgestaltung der Vergütungssysteme der relevanten Mitarbeiter hinzuwirken.
Für Mitarbeiter, mit denen das Institut direkt die vertragliche Rechtsgrundlage für die relevante Tätigkeit abschließt (= Arbeitsverhältnis, freie Mitarbeiter in Dienstleistungs-/Werkvertrag), hat das Institut die Umsetzung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben in die vereinbarte Vergütung direkt vorzunehmen. Für Mitarbeiter, die ihre berufliche Tätigkeit für das Institut aufgrund einer Vereinbarung mit einem Dritten erbringen, der wiederum für die Tätigkeit eine Vereinbarung mit dem Institut abschließt (= Arbeitnehmerüberlassung, Einsatz über Dienstleistungs-/Werkverträge mit externen Dritten vor allem bei Auslagerungssachverhalten), hat die Hinwirkung durch eine Verpflichtung des Dritten in der vertraglichen Vereinbarung zu erfolgen, dass der Dritte sich zu einer aufsichtsrechtlich konformen Ausgestaltung der Vergütung des Mitarbeiters in Bezug auf die für das Institut erbrachten beruflichen Tätigkeiten verpflichtet. Für den Drittpersonaleinsatz im Wege der Arbeitnehmerüberlassung kann das Institut dabei regelmäßig berücksichtigen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Verleiher und dem einzelnen Leiharbeitnehmer in der Regel tarifgebunden ist, um in der Durchführung der Arbeitnehmerüberlassung die arbeitsrechtlichen Privilegien der tarifgebundenen Arbeitnehmerüberlassung in Bezug auf den Gleichstellungsgrundsatz nach Maßgabe des § 8 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) nutzen zu können. Eine solche ausschließliche tarifgebundene Vergütung des Leiharbeitnehmers in seinem Arbeitsverhältnis mit dem Verleiher bedingt, dass die ihm vom Verleiher auch für die berufliche Tätigkeit für das Institut gewährte Vergütung gemäß § 1 Abs. 4 IVV bereits von vornherein nicht der IVV unterliegt.
7. Zusammenfassung
Institute haben in der Durchführung der Vergütungssysteme als Bestandteil der Vergütungsgovernance alle Personengruppen zu identifizieren, die mit Blick auf ihre konkrete berufliche Tätigkeit für das Institut als Mitarbeiter im Sinne des § 2 Abs. 7 IVV zu qualifizieren sind, und für die identifizierten Mitarbeiter auf eine aufsichtsrechtlich konforme Ausgestaltung der Vergütung hinzuwirken. Für die Identifizierung insbesondere aufgrund eines Drittpersonaleinsatzes als Mitarbeiter des Instituts gemäß § 2 Abs. 7 IVV zu qualifizierende Personen ist ein Regelprozess zu etablieren, der nach den vorgenannten Kriterien eine Prüfung im Einzelfall zulässt und zugleich erforderlich macht.
Für die Bestimmung der aufsichtsrechtlichen Mitarbeiter gelten die beiden ausgeführten wesentliche Kriterien: (1) Institutstypische Tätigkeit mit Bezug zu den relevanten originären Bank-/Finanzdienstleistungen; (2) Hinreichende Einbindung in die operative Organisationsstruktur des Instituts.
Die bloße berufliche Tätigkeit der relevanten einzelnen Person für das Institut im Wege des Drittpersonaleinsatzes führt insoweit nicht automatisch zur aufsichtsrechtlichen Qualifikation als Mitarbeiter im Sinne des § 2 Abs. 7 IVV, sofern die Tätigkeit nicht die operativen Kernprozesse des Instituts betrifft. Der interne Prüfprozess könnte beispielhaft folgende Prüfungsschritte beinhalten:
- Bedient sich das Institut der externen Person, welche die relevante Tätigkeit ausübt, zum Betreiben von Bankgeschäften oder bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen? Wenn diese Frage mit „nein“ zu beantworten ist, ist die Person kein Mitarbeiter im Sinne von § 2 Abs. 7 IVV.
- Falls diese erste Frage mit „ja“ zu beantworten ist, ist ferner zu prüfen, ob die Person als Leiharbeitnehmer im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung tätig ist. Falls “ja”, ist die Person ist Mitarbeiter des Instituts im Sinne von § 2 Abs. 7 IVV.
- Falls die zweite Frage mit „nein“ zu beantworten ist, ist im letzten Schritt zu prüfen, ob die Person managementbezogene Entscheidungen in Bezug auf die spezifische Tätigkeit durchführt, d.h. Entscheidungen trifft, die die operative Tätigkeit des Instituts unmittelbar betreffen und ob die Person bei Ausübung ihrer Tätigkeit in die operative Organisation des Instituts integriert ist. Falls dies mit „nein“ zu beantworten ist, erbringt die Person nur Beratungsleistungen. Andernfalls ist die Person Mitarbeiter des Instituts im Sinne von § 2 Abs. 7 IVV.
Stand: Februar 2025
Inhaltsübersicht
- 1. Der Wortlaut des § 2 Abs. 7 IVV: Ein umfassender aufsichtsrechtlicher Mitarbeiter-Begriff … und die zentralen Kernfragen in der Praxis
- 2. Der vergütungsrechtliche Ausgangspunkt in der CRD (VI): Die risikobezogene gestaltungsneutrale Perspektive – nur Risikoträger als Mitarbeiter
- 3. (Keine) Verlautbarung der BaFin in der Auslegungshilfe und in den FAQ IVV
- 4. Erforderliche Verknüpfung der Tätigkeit der für das Institut mit dem Betrieb der relevanten Bankgeschäfte / der Erbringung der Finanzdienstleistungen
- 5. Mitarbeiter in einem Arbeitsverhältnis mit dem Institut – zugleich auch immer aufsichtsrechtliche Mitarbeiter gemäß § 2 Abs. 7 IVV?
- 6. Aufsichtsrechtlich erforderliche und geeignete Maßnahmen des Instituts zur Hinwirkung auf die Einhaltung der IVV in der Vergütung von Mitarbeitern im Rahmen des Drittpersonaleinsatzes
- 7. Zusammenfassung
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