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Update Equal Pay: Keine Anpassung „nach ganz oben“ und Beweislastumkehr nach § 22 AGG nur bei „50 Prozent plus“

Entwurf vom 21.06.2023

Der deutsche Gesetzgeber lässt die Rechtspraxis auf den Entwurf des überarbeiteten Entgelttransparenzgesetzes (EntgeltTranspG 2.0) zur Umsetzung der Entgelttransparenzrichtlinie (2023/970/EU) warten. Zugleich entwickelt die Rechtsprechung die Rechtssätze für die Voraussetzungen und die Höhe des geschlechtsbezogenen Entgeltgleichheit-Anspruchs nach dem aktuell geltenden Entgelttransparenzgesetz (EntgeltTranspG 1.0) stetig weiter. Dieser Client Alert ordnet die hierzu ergangenen Urteile des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 18.09.2024 (4 Sa 26/23) und vom 01.10.2024 (2 Sa 14/24) ein.

Kernparameter des geschlechtsbezogenen Entgeltgleichheit-Anspruchs – für den die Rechtsprechung Art. 157 EUV und §§ 3 Abs. 1, 7 EntgeltTranspG als Anspruchsgrundlage bestimmt – bilden

(1) die Ausübung von gleicher bzw. gleichwertiger Arbeit des anspruchsstellenden Mitarbeiters gegenüber dem bzw. den relevanten Mitarbeiter(n) der Vergleichsgruppe des anderen Geschlechts,

(2) eine geschlechtsbezogene Entgeltdifferenz in Bezug auf die gleiche/gleichwertige Arbeit, und

(3) die etwaige Rechtfertigung der geschlechtsbezogenen Entgeltdifferenz.

Für die Parameter (2) und (3) bestimmt § 22 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zum Kausalzusammenhang zwischen der geschlechtsbezogenen Entgeltdifferenz und ihrer geschlechtsbezogenen Rechtswidrigkeit eine Umkehr der Beweislast. Wenn der anspruchsstellende Mitarbeiter Indizien dafür darlegt und beweist, die eine geschlechtsbezogene Benachteiligung vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass die Entgeltdifferenz nicht auf sachlich ungerechtfertigten geschlechtsbezogenen Gründen beruht.

1. Der Status Quo der Kernparameter nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts: Gleiche und gleichwertige Arbeit, Anforderungen an die Indizwirkung gemäß § 22 AGG, Rechtfertigungsgründe für Entgeltdifferenzen

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat die vorgenannten Parameter des geschlechtsbezogenen Entgeltgleichheit-Anspruchs in seiner bisherigen Rechtsprechung wie folgt weiter konkretisiert:

(1) Für die gleiche bzw. gleichwertige Arbeit bestimmt § 4 Abs. 1 und 2 EntgeltTranspG als Ausgangsdefinition, dass (1) eine gleiche Arbeit vorliegt, wenn die weiblichen und die männlichen Beschäftigten eine identische oder gleichartige Tätigkeit an verschiedenen Arbeitsplätzen oder nacheinander an demselben Arbeitsplatz ausführen (§ 4 Abs. 1 EntgeltTranspG), und (2) eine gleichwertige Arbeit vorliegt, wenn die weiblichen und die männlichen Beschäftigten unter Berücksichtigung einer Gesamtheit von Faktoren als in einer vergleichbaren Situation befindlich angesehen werden können, wobei als maßgebliche Faktoren die Art der Arbeit, die Ausbildungsanforderungen und die Arbeitsbedingungen angesehen werden können (§ 4 Abs. 2 EntgeltTranspG).

Die Beurteilung der Gleichwertigkeit erfolgt aus der Perspektive des Arbeitgebers und kann insbesondere durch Methoden der Arbeitsbewertung objektiviert werden (BAG Urt. v. 21.01.2021, 8 AZR 488/19). Die Tätigkeit der zum Vergleich stehenden Beschäftigten muss dabei in ihrer inhaltlichen Ausgestaltung und ihrer konkreten Ausbildungs- und Erfahrungsanforderungen jedenfalls hinsichtlich der vorgenannten maßgeblichen Faktoren als vergleichbar gewertet werden können; das Vorliegen einzelner identischer Faktoren genügt nicht zur Begründung der Gleichwertigkeit.

(2) Die Beurteilung der Höhe der Entgelte und einer damit etwa verbundenen Entgeltdifferenz zwischen den Geschlechtern hat am einzelnen Entgeltbestandteil anzusetzen – und bezieht sich auf jeden Entgeltbestandteil (BAG Urt. v. 25.06.2020, 8 AZR 145/19).

(3) Für die Rechtfertigung der geschlechtsbezogenen Entgeltdifferenz können alle objektiven Faktoren herangezogen werden, die sich auf ein legitimes Ziel des Arbeitgebers beziehen und die nichts mit einer geschlechtsbezogenen Diskriminierung zu tun haben. Der Arbeitgeber hat in der konkreten Auseinandersetzung mit dem anspruchsstellenden Mitarbeiter nachzuweisen, dass die Entgeltdifferenz ausschließlich auf diesen geschlechtsunabhängigen Gründen beruht.

Das BAG hat – auf der Grundlage der bisherigen entscheidungsrelevanten Sachverhalte – als zulässige Differenzierungskriterien bereits anerkannt:

(a) Dienstalter und Dauer der Berufserfahrung, die bei typisierender Betrachtung den jeweiligen Mitarbeiter jeweils dazu befähigen, seine Arbeit besser zu verrichten,

(b) Lage am Arbeitsmarkt, die den Arbeitgeber zur Erhöhung des Entgelts veranlasst, um relevanten Bewerbern einen Anreiz zur Aufnahme der Tätigkeit beim Arbeitgeber zu bieten; dies insbesondere bei Personalgewinnungsschwierigkeiten für die konkrete Stelle.

Das konkrete Differenzierungskriterium hat im konkreten Fall zur Anwendung zu gelangen und die konkrete Entgeltdifferenzierung zwischen dem anspruchsstellenden Mitarbeiter und der jeweiligen konkreten Vergleichsperson ist zu begründen (BAG Urt. v. 16.02.2023, 8 AZR 450/21).

Keine zulässigen Differenzierungskriterien sollen nach der Auffassung des BAG – auf der Grundlage der bisherigen entscheidungsrelevanten Sachverhalte – bilden

(a) die Verhandlungsfähigkeiten des einzelnen Mitarbeiters der Vergleichsgruppe, oder

(b) die dem jeweiligen Vorgänger des anspruchsstellenden Mitarbeiters und der Vergleichsperson(en) auf der jeweils konkreten Stelle gewährte Vergütung.

(4) Die Beweislastumkehr nach Maßgabe des § 22 AGG hat das BAG weiter konkretisiert, demnach der anspruchsstellende Mitarbeiter die Kausalitätsvermutung begründen kann mit der Darlegung, dass er eine gleiche/gleichwertige Arbeit verrichtet und ein niedrigeres Entgelt als die Vergleichsperson des anderen Geschlechts erhält (BAG Urt. v. 16.02.2023, 8 AZR 450/21).

2. Rechtsfolge des Entgeltgleichheit-Anspruchs aus §§ 3 Abs. 1 und 7 EntgeltTranspG: „Anpassung nach oben“

Auf der Rechtsfolgenseite bestimmen die gesetzlichen Regelungen der §§ 3 Abs. 1 und 7 EntgeltTranspG im Ausgangspunkt eine „Anpassung nach oben“. Das BAG hat hierzu bisher (nur) den allgemeinen Rechtssatz aufgestellt, dass dem anspruchsstellenden Mitarbeiter bei Erfüllung der vorgenannten Voraussetzungen aus §§ 1 Abs. 1 und 7 EntgeltTranspG in Bezug auf den jeweiligen Entgeltbestandteil die Vergütung zu gewähren ist, die den vergleichbaren Mitarbeitern des anderen Geschlechts gewährt wird. Das BAG hatte bisher (noch) keine Gelegenheit zur Erläuterung der Rechtsfrage, ob diese Anpassung nach oben sich auf den Median der Vergleichsgruppe („Anpassung nach oben“) oder auf den am höchsten vergüteten Mitarbeiter des anderen Geschlechts („Anpassung nach ganz oben“) mit gleicher/gleichwertiger Arbeit bezieht.

3. Die Entscheidungen des LAG Baden-Württemberg vom 18.09.2024 (4 Sa 26/23) und vom 01.10.2024 (2 Sa 14/24): Erweiterung des Katalogs der konkreten Rechtfertigungsgründe und erforderliche Gewichtung der konkreten Rechtfertigungsgründe zueinander; keine Anpassung „nach ganz oben“

Das LAG Baden-Württemberg hatte in seinen Urteilen vom 18.09.2024 (4. Kammer) und vom 01.10.2024 (2. Kammer) – unter Berücksichtigung der jeweils entscheidungsrelevanten Sachverhalte – Gelegenheit zu einer weiteren Fortschreibung der vom BAG in seiner bisherigen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen und zur Rechtsfolge des Entgeltgleichheit-Anspruchs aufgestellten Rechtssätze.

Die in den beiden Rechtsstreiten beklagten Arbeitgeber gehörten als Konzernunternehmen der gleichen Unternehmensgruppe an. Sie wendeten für die Bestimmung des Grundentgelts das gleiche Entgeltsystem an. Die beiden klagenden weiblichen Mitarbeiter waren jeweils in dem Entgeltsystem der dritten Führungsebene unterhalb des Vorstands/der Geschäftsleitung (Führungsebene E3) zugeordnet. Dieser Führungsebene E3 waren jeweils eine Vielzahl von männlichen und weiblichen Mitarbeitern zugeordnet. Die von den Klägerinnen für den Entgeltgleichheit-Anspruch in den beiden Rechtsstreiten herangezogenen männlichen Mitarbeiter erzielten jeweils sowohl in der gesamten Vergleichsgruppe aufgrund der Medianbetrachtung (= Höhe des Entgelts des im Ranking der Gruppe in der Mitte (= Median) platzierten Mitarbeiters) als auch jeder einzeln ein höheres Grundentgelt als die jeweilige Klägerin und auch als die weiblichen Vergleichsgruppe in der Medianbetrachtung. Zudem gewährten die Arbeitgeber jeweils ihren Mitarbeitern auf der Führungsebene E3 neben dem Grundentgelt eine variable Vergütung (Company Bonus), einen aktienorientierten Vergütungsbestandteil (Performance Phantom Share Plan, PPSP) sowie einen Kapitalbaustein zur betrieblichen Altersversorgung (PCO).

Die Klägerinnen begehrten in den Rechtsstreiten aus dem Entgeltgleichheit-Anspruch unter anderem jeweils ein höheres Grundentgelt und die zusätzliche Gewährung von Phantom Shares aus dem aktienorientierten Vergütungsbestandteil. In einem Rechtsstreit begehrte die Klägerin dabei jeweils die Zahlung der Entgeltdifferenz gegenüber dem bestbezahlten männlichen Mitarbeiter aus der Vergleichsgruppe. Die Arbeitgeber führten jeweils als Rechtfertigungsgründe für die Entgeltdifferenz an, dass die jeweiligen männlichen Mitarbeiter jeweils eine längere Berufserfahrung aufweisen und zudem in der Vergangenheit auch eine bessere Leistungsperformance als die jeweilige Klägerin aufgewiesen haben.

Das LAG Baden-Württemberg gab den Entgeltgleichheit-Klagen jeweils teilweise statt und erkannte folgende weitere Rechtssätze zu den Voraussetzungen des Entgeltgleichheit-Anspruchs und seiner Höhe:

(1) Die aufgrund der gleichen/gleichwertigen Arbeit als Vergleichspersonen mit dem anspruchsstellenden Mitarbeiter in Betracht kommenden Vergleichspersonen im Sinne des § 4 EntgeltTranspG können sich vor allem aus dem vom Arbeitgeber implementierten Entgeltsystem ergeben. Hierfür kommen vor allem die von Arbeitgebern – in Umsetzung der Anforderungen des § 4 EntgeltTranspG – entwickelten Entgelttransparenzdashboards in Betracht. Das LAG Baden-Württemberg stellt dabei – in Anwendung des § 12 Abs. 2 EntgeltTranspG – klar, dass der Kreis der Vergleichsgruppe der Personen mit gleicher/gleichwertiger Arbeit nur auf Personen im gleichen Betrieb des Arbeitgebers beschränkt und insbesondere nicht überregional zu erfolgen hat.

(2) Da jeder Entgeltbestandteil für sich Gegenstand des geschlechtsbezogenen Entgeltgleichheit-Anspruchs sein kann, kann der anspruchsstellende Mitarbeiter auch Leistungen der betrieblichen Altersversorgung und aktienbasierte Vergütungsbestandteile einbeziehen, sofern für diese die relevante Entgeltdifferenz gegenüber der Vergleichspersonen des anderen Geschlechts zu verzeichnen ist.

(3) Der Arbeitgeber kann als Rechtfertigungsgründe für die Entgeltdifferenz auch die Arbeitsqualität/Performance der einzelnen Mitarbeiter in der Vergangenheit berücksichtigen. Die 4. Kammer führt hierzu in ihrem Urteil aus, dass der Arbeitgeber bei Heranziehung von mehreren Rechtfertigungskriterien auszuführen habe, wie er diese im Einzelnen bewertet und zueinander gewichtet. Gelingt dem Arbeitgeber diese Darlegung nicht, könne der anspruchsstellende Mitarbeiter die höhere Vergütung auch trotz Darlegung des einzelnen Rechtfertigungsgrundes beanspruchen.

(4) Die Beweislastumkehr des § 22 AGG kommt nur dann zur Anwendung, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der geschlechtsbezogenen Benachteiligung aufgrund der vom anspruchsstellenden Mitarbeiter vorgetragenen Indizien („50 Prozent plus“) besteht. Dafür sind alle Umstände des konkreten Einzelfalls im Rahmen der notwendigen Gesamtwürdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen. Es fehlt nach den Gesamtumständen dann an der entsprechenden Indizwirkung, wenn feststeht, dass sich der anspruchsstellende Mitarbeiter gerade eine Person des anderen Geschlechts zum Vergleich ausgesucht hat, die trotz gleicher bzw. gleichwertiger Arbeit deutlich besser entlohnt wird, während dies auf die übrigen Kollegen des anderen Geschlechts gerade nicht zutrifft. Die Beweislastumkehr des § 22 AGG greift dann nicht, wenn Gegenindizien die Kausalitätswahrscheinlichkeit auf maximal 50% reduzieren. Das LAG Baden-Württemberg führt hierzu zutreffend aus, dass der geschlechtsbezogene Entgeltgleichheit-Anspruch nicht die Gleichstellung beim Fehlen von sachlichen Differenzierungsgründen gebietet, sondern nur die ungerechtfertigte geschlechtsbezogene Ungleichbehandlung verbietet.

5) Vor diesem Hintergrund sei der geschlechtsbezogene Entgeltgleichheit-Anspruch der Höhe nach auf die Entgeltdifferenz zwischen dem aktuellen Entgelt des anspruchsstellenden Mitarbeiters und dem Median-Entgelt der Vergleichspersonen des anderen Geschlechts gerichtet. Liegt das aktuelle Entgelt unter dem Median-Entgelt der Vergleichspersonen des gleichen Geschlechts, reduziert sich der Anspruch auf die Entgeltdifferenz zwischen den Median-Entgelten der Vergleichspersonen der beiden Geschlechter – er hat dann nicht die Entgeltdifferenz zwischen dem aktuellen Entgelt und dem Median-Entgelt der Vergleichspersonen des gleichen Geschlechts zu berücksichtigen, da diese Entgeltdifferenz nicht auf geschlechtsbezogenen Gründen beruhen kann. Die Beurteilung ist dabei für jedes Kalenderjahr gesondert vorzunehmen, da sich der Personenkreis in der Vergleichsgruppe durch entsprechende Zu- und Abgänge und daher auch die konkrete Vergleichsperson auf dem Median der Vergleichsgruppe ändern kann.

Die 2. Kammer des LAG Baden-Württemberg hat gegen das Urteil vom 01.10.2024 die Revision zugelassen – diese ist beim BAG (unter den Aktenzeichen 8 AZR 300/24) rechtshängig und das BAG wird sich daher vor allem mit den von der 2. Kammer aufgestellten Rechtssätzen zur Beweislastverteilung nach § 22 AGG sowie zur Höhe des geschlechtsbezogenen Entgeltgleichheits-Anspruchs gemäß den vorstehenden Ziffern (4) und (5) auseinanderzusetzen haben.
 

4. Einordnung der weiteren Rechtssätze des LAG Baden-Württemberg – und Umgang mit ihnen in der Rechtspraxis

Die vom LAG Baden-Württemberg in den Urteilen aufgestellten weiteren Rechtssätze sind für die Rechtspraxis teilweise klarstellend und überwiegend hilfreich:

Die Klarstellungen zur Reichweite des Anspruchs in Bezug auf jeden einzelnen Entgeltbestandteil und zur Nutzung des Entgelttransparenzdashboards (oder vergleichbarer vom Arbeitgeber zur Umsetzung des EntgeltTranspG implementierten Software-Tools) zur Verifizierung und Dokumentation der Vergleichspersonen mit gleicher/gleichwertiger Arbeit nach Maßgabe des § 4 EntgeltTranspG gemäß vorstehender Ziffer 3. (1) und (2) sensibilisieren Arbeitgeber für eine vollständige und konsistente Erfassung aller Vergütungsbestandteile in den angewendeten Software-Tools.

Die zu den Rechtfertigungsgründen geforderte umfassende Systematik der einzelnen Gründe und ihre Gewichtung zueinander sensibilisiert die Rechtspraxis zur sorgfältigen Dokumentation der einzelnen Vergütungsentscheidung, die neben der Festlegung von relevanten Rechtfertigungsgründen und ihre Gewichtung zueinander auch einen konsistenten Prozess bedingt, in dem der Arbeitgeber sicherzustellen hat, dass die an der konkreten Entgeltfindung und Entgeltfestlegung für den einzelnen Arbeitsplatz beteiligten Stakeholder (vor allem die relevanten Führungskräfte/Entscheidungsträger) sich an die vorgegebene Systematik halten und die erforderliche Dokumentation auch tatsächlich anfertigen. Dies gilt insbesondere für die Entgeltfindung von/auf Stellen, die aus arbeitsrechtlicher Sicht ausschließlich auf der Grundlage von Individualvereinbarungen und für die der Arbeitgeber gemäß der implementierten Entgeltsystematik etwa Entgeltbandbreiten mit damit verbundenen Beurteilungsspielräumen für die konkrete Festlegung bestimmt.

Hilfreich für die Praxis sind die von der 2. Kammer des LAG Baden-Württemberg in dem Urteil vom 02.10.2024 aufgestellten Rechtssätze zu den Anforderungen an die überwiegende Wahrscheinlichkeit der geschlechtsbezogenen Benachteiligung nach Maßgabe des § 22 ArbGG sowie zur Festlegung des jeweiligen Medianwerts der geschlechtsbezogenen Vergleichsgruppen als quantitativer Maßstab für die Entgeltdifferenz und den damit verbundenen geschlechtsbezogenen Entgeltgleichheit-Anspruch gemäß vorstehender Ziffer 3 (4) und (5).

5. Ausblick: Gesetzliche Fortschreibung der Voraussetzungen und Höhe des geschlechtsbezogenen Entgeltgleichheit-Anspruchs durch das EntgeltTranspG 2.0

Die mit dem EntgeltTranspG 2.0 vorzunehmende Umsetzung der inhaltlichen Vorgaben der Entgelttransparenzrichtlinie wird die einzelnen Voraussetzungen und die Höhe des geschlechtsbezogenen Entgeltgleichheit-Anspruchs erheblich erweitern. Aus dem Kreis der Erweiterungen der einzelnen gesetzlichen Vorgaben (s. dazu die Synopse in der Präsentation zu unserem Webcast vom 29.11.2023: https://www2.deloitte.com/content/dam/Deloitte/dl/Documents/legal/Deloitte%20Legal%20Webcast%20Update%2029.11.2023.pdf) sind im vorliegenden Kontext folgende Regelungen erwähnenswert:

  • Keine örtliche und/oder betriebsbezogene Beschränkung (mehr) der Gruppe der Vergleichspersonen mit gleicher/gleichwertiger Arbeit: Nach dem EntgeltTranspG 2.0 werden alle Mitarbeiter vergleichbar sein, deren Vergütung auf einer einheitlichen Quelle (single source) beruht.
  • Durchschnittsvergütung statt Mediane-Betrachtung der Vergleichsgruppe: Die Höhe der Entgeltdifferenz wird sich nach der Durchschnittsvergütung der Vergleichsgruppe beurteilen. Dies wird in der Praxis in vielen Fällen zu einer größeren Nivellierung der maßgeblichen Entgeltgrößen führen.

Wir werden die weitere Entwicklung des Gesetzgebungsverfahrens des EntgeltTranspG 2.0 und seine Umsetzung in der Praxis sowie die sonstigen Equal Pay-Rechtsentwicklungen vor allem in der Rechtsprechung mit unseren weiteren Client Alerts begleiten.

 

Stand: Dezember 2024

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