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Kabinettsbeschluss zum Zweiten Betriebsrentenstärkungsgesetz

Einführung einer Infrastrukturquote und weitere Erleichterungen in der Anlageverordnung

Auf einen Blick:

  • Das Zweite Betriebsrentenstärkungsgesetz liegt nun im Regierungsentwurf vor.
  • Zur Erleichterung von Infrastrukturinvestitionen soll eine gesonderte Infrastrukturquote in Höhe von 5 % als neue Mischungsquote in die Anlageverordnung eingeführt werden.
  • Davon erfasst werden direkte und indirekte Anlagen in „Infrastrukturanlagen und Infrastrukturunternehmen“.
  • Die Erhöhung der Risikokapitalanlagenquote von 35% auf 40% des Sicherungsvermögens und Erweiterung der sog. Öffnungsklausel bleibt unverändert vorgesehen.

Am 18. September 2024 beschloss das Bundeskabinett den Entwurf über das Zweite Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze (Zweites Betriebsrentenstärkungsgesetz)1. Der Regierungsentwurf enthält gegenüber dem Referentenentwurf vom 24. Juni 20242 wichtige Konkretisierungen hinsichtlich der geplanten Änderungen der Anlageverordnung (AnlV)3. Der vorliegende Beitrag beleuchtet diese Änderungen.

Den zuvor vorgelegten Referentenwurf zu diesem Gesetzesvorhaben hatten wir bereits bezüglich dieser geplanten Änderungen analysiert (Link). Die AnlV regelt die Anlage des Sicherungsvermögens von Pensionskassen, kleinen Versicherungsunternehmen und Sterbekassen (nachfolgend „AnlV-Investoren“). Sie ist damit ein sehr wichtiges Regelwerk für die AnlV-Investoren und darüber hinaus für die Asset-Management-Industrie, die entsprechende Produkte für diese regulierten Investoren als bedeutende Kundengruppe anbietet.

Konkretisierung der neuen Infrastruktur-Mischungsquote

Die neu vorgesehene gesonderte Infrastrukturquote in Höhe von 5% des Sicherungsvermögens (§ 3 Abs. 7 AnlV-E) hat mit dem Regierungsentwurf eine Konkretisierung in ihrem Anwendungsbereich erfahren. Unter diese Quote sollen nun direkte und indirekte Anlagen zur Finanzierung von Infrastrukturanlagen und Infrastrukturunternehmen, die als eine nach § 2 Abs. 1 AnlV zulässige Anlageform ausgestaltet sind, fallen. Zudem müssen diese Anlagen der Errichtung, dem Ausbau, der Sanierung, der Erhaltung, dem Bereitstellen, dem Halten, dem Betreiben oder dem Bewirtschaften von Infrastruktur dienen. Davon sollen sowohl Eigen- als auch Fremdkapitalinstrumente umfasst sein.

Bei der Infrastrukturquote handelt es sich nicht um eine eigenständige Anlageform, sondern um eine neue Mischungsquote. Anlagen, die in die neue Infrastrukturquote eingeordnet werden können, müssen nicht auf die anderen Mischungsquoten nach § 3 Abs. 1 bis 6 AnlV angerechnet werden und sind demnach auch nicht Teil der Risikokapitalanlagenquote gemäß § 3 Abs. 3 S. 1 AnlV. Diese Investitionen in Infrastruktur konkurrieren daher nicht mit anderen Anlagen. Dies soll für AnlV-Investoren Rechtssicherheit schaffen. Zudem soll damit eine größere Flexibilität der asset allocation für Infrastrukturinvestitionen geschaffen werden.

Die Begründung zur Einführung der Infrastrukturquote hält ebenfalls fest, dass die Anlage des Sicherungsvermögens in Infrastruktur in Summe nicht auf 5% begrenzt wird. Anlagen in Infrastruktur können weiterhin entsprechend ihrer Anlageform nach § 2 Abs. 1 AnlV in den anderen Mischungsquoten berücksichtigt werden. Sie müssen nicht – auch nicht vorrangig – unter die Infrastrukturquote gezogen werden.

Änderungen einer Definition im Vergleich zum Referentenentwurf

Im Gegensatz zum Referentenentwurf enthält der Regierungsentwurf für die Infrastrukturquote nicht mehr die Voraussetzung, dass es sich um Projekte zur Bereitstellung, zum Ausbau, zum Betrieb oder zur Erhaltung eines umfangreichen Vermögenswerts handeln muss, die als im allgemeinen öffentlichen Interesse stehend anzusehen sind. Vielmehr sieht der Regierungsentwurf nun mehr die vor, dass die jeweilige Anlage der Errichtung, dem Ausbau, der Sanierung, der Erhaltung, dem Bereitstellen, dem Halten, dem Betreiben oder dem Bewirtschaften von Infrastruktur dienen.

Die neue Formulierung vermeidet den unbestimmten Rechtsbegriff „umfangreiche Vermögenswerte“. Dies verhindert Auslegungsschwierigkeiten und Komplikationen in der praktischen Umsetzung dieser Norm. So muss gar nicht erst die Frage beantwortet werden, ob wegen der „umfangreichen Vermögenswerte“ weitere Anforderungen an die Infrastrukturinvestitionen zu stellen sind. Auch der auslegungsbedürftige Begriff der „[Infrastruktur-]Projekte“ entfällt mit der neuen Formulierung.

Begrüßenswert ist, dass nun auch Infrastrukturunternehmen ausdrücklich von der Definition umfasst sind. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund positiv zu bewerten, dass oftmals bei Anlagen in internationale Infrastrukturfonds sowohl Anlagen in Infrastrukturprojekte als auch Infrastrukturunternehmen vorgenommen werden.

Infrastruktur

Eine Definition des Begriffs „Infrastruktur“ wurde in den Regierungsentwurf jedoch nicht aufgenommen. Auch die Begründung zum Regierungsentwurf enthält keine Definition, ebenso wenig wie das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB). Allerdings bietet § 1 Abs. 19 Nr. 23a KAGB weiterhin eine Orientierung für die Einordnung als Infrastruktur-Projektgesellschaft. Danach handelt es sich bei Infrastruktur-Projektgesellschaften „um dem Funktionieren des Gemeinwesens dienende“ Einrichtungen, Anlagen, Bauwerke oder jeweils Teile davon zu errichten, zu sanieren, zu betreiben oder zu bewirtschaften4.

Es wird sich zeigen, ob im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens oder durch anschließende Auslegungshinweise die sehr breite Definition von Anlagen, die unter die Infrastrukturquote gefasst werden können, wie sie zum jetzigen Zeitpunkt im Regierungsentwurf enthalten ist, bestehen bleibt oder einschränkt wird. Weitere Konkretisierungen wären für die Praxis durchaus wünschenswert.

Erhöhung der Risikokapitalquote und Nutzung der Öffnungsklausel zur Überschreitung der Streuungsgrenzen

Wie im Referentenentwurf bereits vorgesehen, soll die Risikokapitalanlagenquote gemäß § 3 Abs. 3 S. 1 AnlV soll von 35% auf 40% des Sicherungsvermögens angehoben werden. Dies soll für mehr Spielraum in der Kapitalanlage sorgen. In welchem Maß der erweiterte Anlagespielraum genutzt werden kann, wird nach wie vor vom Anlage- und Risikomanagement sowie der Risikotragfähigkeit der jeweiligen AnlV-Investoren bestimmt.

Auch hinsichtlich der geplanten Änderungen betreffend die sog. Öffnungsklausel sind unverändert im Regierungsentwurf enthalten. Die in § 2 Abs. 2 AnlV verankerte Öffnungsklausel soll dahingehend erweitert werden, dass künftig auch Anlagen unter die Öffnungsklausel gefasst werden können, die die Streuungsgrenzen nach § 4 Abs. 1 bis 4 AnlV übersteigen. Dies soll mehr Flexibilität im Hinblick auf die Anlagen bei einzelnen Schuldnern bzw. einzelnen Investments schaffen sowie die Möglichkeiten zu Anlagen mit höheren Renditen erweitern.

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Die Vorteile der geplanten Änderungen für AnlV-Investoren einerseits und für die Asset-Management-Industrie als Anbieter von Infrastrukturinvestments andererseits liegen auf der Hand. Ob die im Regierungsentwurf vorgesehenen Änderungen jedoch ausreichen, um das Ziel, mehr Investitionen in Infrastrukturprojekte zu lenken, zu erreichen, wird sich erst in den Jahren nach Inkrafttreten des Zweiten Betriebsrentenstärkungsgesetzes zeigen.

Stand: Oktober 2024

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1Regierungsentwurf Zweites Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze, abrufbar hier.

2Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und des Bundesministeriums der Finanzen – Zweites Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze, abrufbar hier

3Verordnung über die Anlage des Sicherungsvermögens von Pensionskassen, Sterbekassen und kleinen Versicherungsunternehmen.

4So auch Emde/Dornseifer/Dreibus/Verfürth/Emde, 3. Aufl. 2023, KAGB § 1 Rn. 304a.

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