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Aktuelle Rechtsprechung zur betrieblichen Altersversorgung 2/2024

Unser Herbst 2024-Client Alert zur aktuellen Rechtsprechung in der betrieblichen Altersversorgung behandelt die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 12.03.2024 (3 AZR 150/23) zur Reichweite einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel auf den TVöD, des Landesarbeitsgerichts (LAG) Düsseldorf vom 24.04.2024 (12 Sa 683/23) zum Entfallen der Renten(anpassungs)prüfungspflicht bei Personenidentität von Pensionskasse und Arbeitgeber, des LAG Hamm vom 10.01.2024 (4 Sa 803/23) zur Reichweite der tariflichen Privilegierung nach § 19 Abs. 1 BetrAVG in Bezug auf den Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung gem. § 1a Abs. 1a BetrAVG bei einem vor dem BRSG in Kraft getretenen Tarifvertrag, sowie des LAG Baden-Württemberg vom 20.02.2024 (11 Sa 45/22) zur Frage, ob ein Versprechen unter der aufschiebenden Bedingung des Todesfalls des Versprechenden eine betriebliche Altersvorsorge inkludiert.

1. Reichweite einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel auf den TVöD - Keine Verpflichtung zur VBL-Zusatzversorgung bei bloßer Verweisung auf § 25 TVöD (BAG Urt. v. 12.03.2024, 3 AZR 150/23)

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte am 12.03.2024 (3 AZR 150/23) über die Verpflichtung einer Arbeitgeberin zur Verschaffung einer Zusatzversorgung nach den Regeln der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) aufgrund einer auf den TVöD beschränkten arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel zu entscheiden.

Der Kläger war seit April 2017 auf Grundlage eines Formulararbeitsvertrages bei der Beklagten, die nicht Mitglied der VBL ist, beschäftigt. Der zunächst in Bezug genommene Tarifvertrag war seitens der Gewerkschaft gekündigt worden, die Tarifvertragsverhandlungen zogen sich hin. Im Jahr 2018 schlossen die Parteien einen Änderungsvertrag, der die Anwendung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) in der jeweils geltenden Fassung auf das Arbeitsverhältnis vorsah.

Eine Bezugnahme auf die den TVöD ergänzenden oder ändernden Tarifverträge erfolgte nicht. Der TVöD sieht in § 25 vor, dass die Beschäftigten einen Anspruch auf Versicherung unter eigener Beteiligung zum Zwecke einer zusätzlichen Altersversorgung u.a. nach Maßgabe des Tarifvertrages über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (Altersvorsorge-TV-Kommunal, ATV-K) in seiner jeweils geltenden Fassung haben.

Im Jahr 2019 informierte die Beklagte ihre Arbeitnehmer, dass eine zusätzliche Altersversorgung zwar vereinbart sei („mit der Anwendung des TVöD in ihren Arbeitsverhältnissen, haben wir mit Ihnen eine betriebliche Altersversorgung vereinbart. Dieser Vereinbarung werden wir, wie versprochen, nachkommen“), diese aber noch nicht umgesetzt sei, da eine endgültige Regelung mit der Gewerkschaft ver.di noch ausstehe.

Der Kläger machte daraufhin mit seiner Klage geltend, dass die Beklagte nach § 25 TVöD verpflichtet sei, ihm eine Zusatzversorgung über die VBL oder ihm jedenfalls die Leistungen der VBL zu verschaffen, wenn der Beklagten der Zugang zur VBL versagt sei. Die Beklagte verwies darauf, dass sie die VBL-Zusatzversorgung nicht zugesagt habe.

Das zweitinstanzliche LAG Niedersachsen hatte in seinem Urteil vom 20.04.2023 (3 Sa 86/22 B) eine solche Verschaffungsverpflichtung der Beklagten bejaht. Das BAG gab der Revision der Beklagten gegen diese zweitinstanzliche Entscheidung statt und wies die Klage ab. Nach Auffassung des BAG lasse der Arbeitsvertrag keine eindeutige Verpflichtung der Beklagten erkennen, den Kläger im Pflichtversicherungstarif der VBL zu versichern. Die Auslegung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen komme zu dem Ergebnis, dass die Beklagte dem Kläger keine Versorgungsleistung zugesagt habe, die einer Pflichtversicherung bei der VBL entspricht.

Der TVöD, der durch die Verweisung Bestandteil des Arbeitsvertrages geworden ist, gewähre unmittelbar keinen direkten Anspruch auf die VBL-Versicherung, sondern verweise über § 25 TVöD auf den Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (ATV) bzw. diese für den Kommunalbereich (ATV-K). Nach § 25 TVöD haben Beschäftigte Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung „nach Maßgabe“ der entsprechenden Versorgungstarifverträge. Diese Norm gewährt aber nur den Arbeitnehmern einen Anspruch, die unter die Versicherungspflicht der Zusatzversorgung fallen, d. h., die nach dem ATV-K versicherungspflichtig sind.

Der Kläger gehört nicht zu diesem Personenkreis, da er nicht tarifgebunden ist und die arbeitsvertragliche Verweisung sich nicht auf die Versorgungstarifverträge erstreckt.

Allein die arbeitsvertragliche Verweisung auf die tariflichen Vorschriften des TVöD könne von rechtskundigen, verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise nicht dahingehend zu verstehen sein, dass die Beklagte dem Kläger die begehrte Leistung zugesagt habe. Der ATV-K hätte für einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf die Verschaffung einer betrieblichen Altersversorgung eine tarifliche Bindung vorausgesetzt oder einbezogen werden müssen.

Auch das Schreiben der Geschäftsführung aus dem Jahr 2019 stelle keine rechtsverbindliche Zusage dar, die den Kläger zur VBL-Versicherung berechtigen würde. Das Schreiben war mehr als ein Jahr nach Abschluss des Änderungsvertrages erstellt worden, sodass es den Vertragsschluss nicht beeinflusste. Es fehle insbesondere der Rechtsbindungswille der Beklagten eine Versorgungszusage zu erteilen.

Folgen für die Praxis

Die vorliegende Entscheidung zeigt sehr anschaulich, dass Arbeitgeber bei der Formulierung von arbeitsvertraglichen Verweisungsklauseln in nicht-tarifgebundenen Arbeitsverhältnissen auf die relevanten Tarifverträge große Sorgfalt aufwenden und sicherstellen sollten, dass die vertraglichen Verweise eindeutig formuliert sind, um Missverständnisse oder falsche Erwartungen auf Arbeitnehmerseite zu vermeiden. Es sollte insofern klar und eindeutig festgehalten werden, ob und in welchem Umfang eine betriebliche Altersversorgung gewährt wird. Ein allgemeiner Verweis auf einen Tarifvertrag bedeutet jedenfalls nicht automatisch, dass sämtliche weitere Regelungen des Tarifvertrages Bestandteil des Arbeitsvertrages werden. Arbeitgeber können sich also auch gezielt dafür entscheiden, nur bestimmte Tarifregelungen zum Bestandteil eines Arbeitsverhältnisses zu machen, ohne die Verpflichtungen aus ergänzenden Tarifverträgen wie dem ATV zu übernehmen.

2. Entfallen der Renten(anpassungs)prüfungspflicht bei Personenidentität von Pensionskasse und Arbeitgeber (LAG Düsseldorf Urt. v. 24.04.2024, 12 Sa 683/23)

Der Kläger war in der Zeit von 1981 bis 2014 bei der Beklagten, einer Pensionskasse, beschäftigt, die ihm in dem Arbeitsverhältnis eine von ihr selbst im Durchführungsweg der Pensionskasse verwaltete Pensionszusage erteilt hatte. Der Technische Geschäftsplan (TGP) der Pensionskasse enthielt in Bezug auf die Verwendung der Überschussanteile u.a. eine § 140 VAG abbildende Regelung, demnach die Beklagte die Überschussanteile neben der generellen Verwendung für die bAV-Zusagen mit Zustimmung der BaFin u.a. zur Abwendung eines drohenden Notstandes verwenden konnte.

Seit Oktober 2016 bezieht der Kläger eine Betriebsrente. Im Juni 2020 schlossen die Parteien einen außergerichtlichen Vergleich, in dem sie sich auf einen Grundrentenbetrag von 1.326,63 EUR brutto ab dem 1. Oktober 2016 einigten. Dieser Betrag sollte auch als Grundlage für zukünftige Rentenanpassungen dienen. Im Juli 2022 machte der Kläger geltend, seine Betriebsrente rückwirkend zum 1. Oktober 2019 nach Maßgabe des § 16 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG anzupassen.

Die Beklagte lehnte die begehrte Anpassung ab und berief sich auf § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG, wonach die Anpassungs(prüfungs)pflicht entfällt, wenn die betriebliche Altersversorgung über eine Direktversicherung im Sinne des § 1b Abs. 2 BetrAVG oder über eine Pensionskasse im Sinne des § 1b Abs. 3 BetrAVG durchgeführt wird und ab Rentenbeginn sämtliche auf den Rentenbestand entfallende Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet werden. Die Überschüsse würden entsprechend des Regelwerkes der Beklagten ausschließlich zur Erhöhung der Leistungen verwendet werden.

Der Kläger wandte hingegen ein, dass die Änderungen in § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG, die die Begrenzung des Höchstzinssatzes nach der Deckungsrückstellungsverordnung vorschreiben, sowohl unionsrechts- als auch verfassungswidrig seien. Ferner vertrat der Kläger die Auffassung, dass § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG auf Arbeitgeber, die selbst als Pensionskasse fungieren, keine Anwendung finden könne und schließlich der TGP keine ausschließliche Verwendung der Überschussanteile für die bAV-Zusagen bestimmte.

Das LAG Düsseldorf wies die Klage ab und entschied, dass die Beklagte nicht verpflichtet sei, die Betriebsrente des Klägers zum 1. Oktober 2019 anzupassen, da § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG auf sie Anwendung finde und die darin festgelegten Voraussetzungen erfüllt seien.

Das Gericht stellte – unter Verweis auf das Urteil des BAG vom 3. Mai 2022 (3 AZR 408/21) – klar, dass die geltende Fassung des § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG weder gegen Unionsrecht noch gegen Verfassungsrecht verstoße.

Es erkannte, dass § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG auch dann anwendbar sei, wenn der Arbeitgeber und die Pensionskasse personenidentisch seien. Die Vorschrift verlange keine Trennung zwischen Arbeitgeber und Pensionskasse, auch wenn in der Regel externe Pensionskassen betroffen seien. Dies ergebe sich nicht nur aus dem Vergleich mit § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG, sondern insbesondere aus dem Zweck der Norm, der darin bestehe, die betriebliche Altersversorgung zu sichern und deren Verbreitung zu fördern. Die Identität von Arbeitgeber und Pensionskasse steht der Anwendung von § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG nicht entgegen, da der gesetzliche Zweck – die Sicherung der betrieblichen Altersversorgung und die Schaffung von Planungssicherheit für den Arbeitgeber – auch in diesem Fall erfüllt wird. Dieses Ziel werde dadurch erreicht, dass der Arbeitgeber von Beginn an eine präzise Kalkulation seiner Verpflichtungen, einschließlich etwaiger Rentenanpassungen, vornehmen könne.

Darüber hinaus stellte das Gericht fest, dass die Beklagte das erforderliche Regelwerk besitzt, wonach sämtliche Überschussanteile ab Rentenbeginn zur Erhöhung der laufenden Renten verwendet werden, und dass die Überschussverteilung verursachungsgerecht erfolgt. Insofern agiere die Beklagte wie eine externe Pensionskasse. Die „Zinsdynamik“ sei eine gleichwertige Alternative zur Rentenanpassung nach dem Lebenshaltungsindex, sodass es nicht gerechtfertigt sei, § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG bei identischer Person von Arbeitgeber und Pensionskasse nicht anzuwenden. Da der gesetzgeberische Zweck auch in einem solchen Fall erreicht werde, sei keine teleologische Reduktion der Norm geboten. Die im TGP bestimmte ausnahmsweise Verwendung des Überschusses für die in § 140 VAG bestimmten Fälle stehe dem nicht entgegen, da die TGP-Regelung inhaltsgleich mit § 140 VAG sei und diese gesetzliche Regelung der Anwendung des § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG nicht entgegen stehe. Das LAG Düsseldorf weicht insoweit ab vom Urteil des LAG Hessen (vom 17. Februar 2021, 6 Sa 240/19), dass eine solche § 140 VAG-nachgebildete Regelung als für die Anwendung des § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG schädlich erachtet hatte.

Folgen für die Praxis

Die Entscheidung des LAG Düsseldorf überzeugt sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung. Die vom LAG Düsseldorf – angesichts der Divergenz zum vorgenannten Urteil des LAG Hessen – zugelassene Revision ist beim BAG rechtshängig (3 AZR 142/24); insoweit bleibt abzuwarten, ob das BAG – in konsequenter Fortführung seiner Rechtsprechung zu § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG – das Urteil des LAG Düsseldorf bestätigt.

3. Keine tarifvertragliche Privilegierung nach § 19 Abs. 1 BetrAVG auf den Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung gem. § 1a Abs. 1a BetrAVG bei älterem Tarifvertrag (LAG Hamm Urt. v. 10.01.2024, 4 Sa 803/23)

Das LAG Hamm entschied in seinem Urteil vom 10. Januar 2024 (4 Sa 803/23), dass sich die tarifvertragliche Privilegierung des § 19 Abs. 1 BetrAVG, demnach in tarifvertraglichen Regelungen unter anderem von der gesetzlichen Verpflichtung des Arbeitgebers nach § 1a Abs. 1a BetrAVG zu einem Zuschuss zu einer bAV-Zusage aufgrund Entgeltumwandlung abgewichen werden kann, nicht auf Tarifverträge erstreckt die vor dem 1. Januar 2019 – und insoweit vor dem Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes (BRSG) – in Kraft getreten sind.

Der im Jahr 1968 geborene Kläger, der seit 1998 bei der Beklagten tätig war und Mitglied der Gewerkschaft NGG ist, forderte einen Arbeitgeberzuschuss gemäß § 1a Abs. 1a BetrAVG zu einer seit 2011 durchgeführten bAV-Zusage aufgrund Entgeltumwandlung nach Maßgabe des relevanten Tarifvertrags zur tariflichen Altersversorgung (TV BAV). Den TV BAV hatten die NGG und der Arbeitgeberverband der Deutschen Süßwarenindustrie (dem die Beklagte angehörte) im Jahr 2011 abgeschlossen und die Beklagte hatte mit der NGG in einem Haustarifvertrag für vor dem 30. April bei ihr bereits beschäftigte Arbeitnehmer einen (erhöhten) Arbeitgeberbeitrag zur betrieblichen Altersvorsorge in Höhe von 707 EUR je Kalenderjahr vereinbart, den die Beklagte auch regelmäßig dem Kläger zu seiner Entgeltumwandlung gewährte.

Mit Schreiben vom 10. Mai 2022 machte der Kläger erstmals einen Zuschuss von 15 % auf das umgewandelte Entgelt geltend, den die Beklagte ablehnte. Die Beklagte argumentierte, dass der TV BAV die Anwendung des § 1a Abs. 1a BetrAVG ausschließe, da die Tarifvertragsparteien bereits vor Inkrafttreten des BRSG mit der Festlegung des jährlichen Arbeitgeberzuschusses von 707 EUR eine abschließende Regelung zum Arbeitgeberzuschuss getroffen hätten. Der Kläger argumentierte demgegenüber, dass die Tarifvertragsparteien in dem Haustarifvertrag keine Regelungen darüber getroffen hätten, was mit den auf Arbeitgeberseite eingesparten Sozialversicherungsbeiträgen geschehen soll, da es keine ausdrückliche Regelung im TV Altersvorsorge gebe, die eine Weitergabe der eingesparten Sozialversicherungsbeiträge an den Versorgungsträger ausschließe.

Das LAG Hamm entschied zugunsten des Klägers und stellte fest, dass der Arbeitgeber nach § 1a Abs. 1a BetrAVG zur Zahlung eines Zuschusses verpflichtet sei, da keine abweichende tarifvertragliche Regelung gem. § 19 Abs. 1 BetrAVG vorliege. Auch wenn der Tarifvertrag vor dem Inkrafttreten des BRSG abgeschlossen wurde, habe er keine ausdrückliche Regelung zur Zuschusspflicht getroffen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Tarifvertragsparteien die durch das BRSG vom 17.08.2017 in das BetrAVG neu eingefügte Zuschusspflicht des Arbeitgebers (§ 1a Abs. 1a BetrAVG) nicht hätten vorhersehen können. Das Gericht betonte, dass die Tarifvertragsparteien nur dann von der gesetzlichen Regelung abweichen könnten, wenn sie sich bewusst mit der Gesetzesnorm auseinandergesetzt und in dessen Kenntnis bewusst eine abweichende Regelung getroffen hätten. Ein Ausschluss der gesetzlichen Zuschusspflicht sei somit nicht erfolgt.

Darüber hinaus wies das LAG Hamm darauf hin, dass der Zweck des BRSG, Arbeitnehmer durch den Arbeitgeberzuschuss gem. § 1a Abs. 1a BetrAVG zur Entgeltumwandlung zu motivieren, unterlaufen würde, wenn ältere Tarifverträge ohne explizite Regelungen automatisch als Ausschluss der Zuschusspflicht gewertet würden.

Folgen für die Praxis

Die Entscheidung des LAG Hamm überzeugt in der Begründung nicht – und das LAG Hamm weicht zugleich mit seinem Urteil von der Auffassung des LAG Niedersachsen ab, das in der Vergangenheit bereits (mehrfach) entschieden hat, dass ein Anspruch aus § 1a Abs. 1a BetrAVG auch durch einen vor dem Inkrafttreten des BRSG geschlossenen Tarifvertrag ausgeschlossen werden könne, wenn dieser Regelungen zur Entgeltumwandlung treffe (so z.B. am 16.10.2023, 15 Sa 223/23 B) – dem hat sich das BAG zwischenzeitlich in seinem Urteil vom 20. August 2024 (3 AZR 285/23, bisher noch nicht im Volltext vorliegend) angeschlossen und entschieden, dass Tarifverträge, die vor dem Inkrafttreten des BRSG abgeschlossen wurden, dennoch von den gesetzlichen Vorgaben abweichen können, wenn sie Regelungen zur Entgeltumwandlung enthalten. Das BAG hat damit „ältere“ Tarifverträge als mögliche Ausnahme von der Zuschusspflicht anerkannt. Es ist zu erwarten, dass das BAG im vorliegenden Revisionsverfahren (3 AZR 75/24) eine inhaltlich vergleichbare Entscheidung treffen wird.

4. Ein Versprechen unter der aufschiebenden Bedingung des Todesfalls des Versprechenden stellt keine betriebliche Altersvorsorge dar (LAG Baden-Württemberg Urt. v. 20.02.2024, 11 Sa 45/22)

In der Entscheidung vom 20. Februar 2024 hatte das LAG Baden-Württemberg Gelegenheit der betriebsrentenrechtlichen Beurteilung des Merkmals des biometrischen Risikos als Kernparameter einer bAV-Zusage gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG anhand des konkreten der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalts eine weitere Facette hinzuzufügen.

Die klagende Arbeitnehmerin war beim beklagten Arbeitgeber vom 1. März 2008 bis zum 31. Mai 2022 als Haushaltshilfe bei freier Kost und Logis und einem monatlichen Arbeitsentgelt von 2.500 EUR brutto beschäftigt. Die 20 Jahre jüngere Klägerin und der Beklagte führten neben dem Arbeitsverhältnis eine nicht eheliche Lebenspartnerschaft von 2008 bis 2021. Zwischen den Parteien bestehen stark voneinander abweichende Vermögensverhältnisse.

Im Jahr 2010 hatte der Beklagte unter Vermittlung des Versicherungsmaklers W eine Lebensversicherung beantragt, wobei (1) die Klägerin als versicherte Person, (2) der Beklagte als Bezugsberechtigter, (3) „Altersvorsorge“ und „Hinterbliebenenversorgung“ ausgewählt bzw. eingetragen wurden und (4) das Bezugsrecht im Todesfall des Versicherungsnehmers auf die Klägerin übergehen sollte. Es sollten jährlich 30.000 EUR brutto eingezahlt werden, um eine Kapitalleistung in Höhe von 300.000 EUR nach Laufzeitende zu erhalten.

In einem klarstellenden Schreiben vom 7. Januar 2011 (Schreiben 2011) war der Klägerin mit der Überschrift „Arbeitsvertrag-Mietvertrag“ mitgeteilt worden, dass für sie eine Kapital- und/oder Rentenversicherung abgeschlossen wurde, die ihr durch monatliche Einzahlungen in Höhe von 450 EUR brutto klägerseits und 450 EUR beklagtenseits nach dem Ableben des Beklagten eine Rente in Höhe von 2.000 EUR zusichern soll. Als Bedingung der Auszahlung wurde die Tätigkeit der Klägerin bei dem Beklagten bis zum Ableben des Beklagten vorausgesetzt. Ein identisches Schreiben erhielt die Klägerin auch im Jahr 2012 (Schreiben 2012).

Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund ordentlicher Kündigung des Beklagten ohne Verschulden der Klägerin. Nachdem die Parteien die Rechtsnatur der Altersversorgungszusage nicht einvernehmlich klären konnten, erhob die Klägerin Klage auf Zahlung einer monatlichen Mindestrente aus dem Versicherungsvertrag.

Nach klägerischer Auffassung bestehe auf Grundlage des Antrags an die Lebensversicherung sowie des Schreiben 2011 und des Schreibens 2012 eine betriebliche Altersvorsorge, denn der Beklagte hätte der Klägerin eine unbedingte betriebliche Rente versprochen, die auf Grundlage des Arbeitsverhältnisses gewährt worden ist. Die Bedingung des Beklagten, die Auszahlung der Altersvorsorge nur vorzunehmen, wenn die Klägerin bis zu seinem Ableben für ihn tätig wäre, verstoße gegen den Grundsatz der Unverfallbarkeit (§ 1b BetrAVG) und sei mithin unwirksam.

Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass es sich nicht um eine betriebliche Altersvorsorge handeln könne, da (1) er sich das Bezugsrecht vorbehalten habe, (2) die Versicherung aus Anlass der Lebenspartnerschaft abgeschlossen wurde und (3) er die Auszahlung der Rentenleistung unter die Bedingung des Bestands der Lebenspartnerschaft gestellt habe. Es handele sich daher vielmehr um ein Versprechen von Todes wegen gemäß § 2301 BGB.

Das LAG Baden-Württemberg wies die Klage ab. Das Gericht entschied, dass weder aus dem Antrag des Beklagten an die Versicherung auf Abschluss eines Versicherungsvertrags noch aus den Schreiben 2011 und 2012 ein Anspruch auf Zahlung einer betrieblichen Altersvorsorge hervorgehe.

Die Voraussetzungen für das Bestehen einer betrieblichen Altersvorsorge nach § 1 Abs. 1 BetrAVG liegen nicht vor. Nach § 1 Abs. 1 BetrAVG finden die Vorschriften des BetrAVG Anwendung, wenn einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt werden. Wie die versprochene Leistung einzuordnen ist, richtet sich allein danach, ob die im Betriebsrentengesetz abschließend aufgezählten Voraussetzungen einer betrieblichen Altersversorgung erfüllt sind: Die Zusage muss (1) einem Versorgungszweck dienen, (2) die Leistungspflicht nach dem Inhalt der Zusage durch ein im Gesetz genanntes biologisches Ereignis (Alter, Invalidität oder Tod) ausgelöst werden, und (3) es muss sich um die Zusage eines Arbeitgebers aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses handeln.

Die Leistung diene der Altersversorgung, wenn der Leistungsanspruch vom Erreichen eines Lebensalters abhängig ist, wobei es sich nicht um eine bestimmte Altersgrenze handeln muss. Entscheidend sei, dass eine Einkommensersatzfunktion für den Fall des Alters sichergestellt sein muss.

Der Versicherungsantrag sehe zwar vor, dass die Versicherungszahlungen des Beklagten in die Versicherung mit Beginn des 65. Lebensjahres der Klägerin ihr Ende finden werden und die Versicherung dann ausbezahlt werden kann. Eine Zusage nach § 1 Abs. 1 BetrAVG kann darin aber nicht erkannt werden; denn zum einen war die Vereinbarung eines bestimmten Datums erforderlich, um die Zahlungspflichten des Beklagten gegenüber der Versicherung zeitlich zu begrenzen. Zum anderen stehe - hier entscheidend - das Bezugsrecht ausweislich des Versicherungsvertrags ausschließlich dem Beklagten zu. Die Klägerin sei zwar versicherte Person, aber in dem Versicherungsvertrag sei kein Versprechen des Beklagten enthalten, dass ihr im Falle des Eintrittes eines biometrischen Risikos bestimmte Versorgungsleistungen gewährt würden.

Die Schreiben 2011 und 2012 würden zwar einen Versorgungszweck erfüllen, diesen fehle es aber an der Absicherung eines biometrischen Risikos der Klägerin. Indem der Beklagte die Geldleistung unter die Bedingung des Tätigbleibens stellte, machte er deutlich, dass erst ab diesem Tag die Zahlungen eintreten sollen. Zwar entspricht dieser Zeitpunkt dem Tag, an dem das Erwerbsleben der Klägerin mit dem Inhalt einer Betreuungstätigkeit für den Beklagten sein Ende gefunden hätte, mithin soll dies eine Ersatzfunktion für die bis zum Tod des Beklagten gezahlten Entgelte darstellen. Das versicherte biometrische Risiko war aber gerade nicht das Lebensalter der Klägerin, sondern das (Ab-)Leben des Beklagten. Dass das biometrische Risiko in der Person des Arbeitnehmers liegen muss, ergibt sich auch aus einem Vergleich mit den anderen gesetzlich vorgesehenen biometrischen Risiken. Die Hinterbliebenenversorgung knüpfe an den Tod des Arbeitnehmers an, die Invaliditätsrente an seine Erwerbsunfähigkeit. Auch aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 S. 1 BetrAVG gehe hervor, dass in § 1 Abs. 1 BetrAVG das Alter des Arbeitnehmers gemeint sei.

Ferner erkannte das LAG Baden-Württemberg, dass die Zusage zudem nicht aus Anlass des Arbeitsverhältnisses getätigt wurde, da kein Zusammenhang zwischen der Zusage und dem Arbeitsverhältnis bestehe. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft sei der Motivator für den Abschluss des Lebensversicherungsvertrages gewesen. Denn eine monatliche Betriebsrente von bis zu 2.000,- EUR bzw. eine Kapitalleistung von über 300.000,- EUR in einem Arbeitsverhältnis mit einem Einkommen von rund 2.300,- EUR brutto stehe außerhalb jeden Verhältnisses von Monatseinkommen zur Versorgungsleistung. In Wirklichkeit ging es nach lebensnaher und interessengerechter Auslegung zum einen um einen Anreiz zur Treue in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft und zum anderen um eine Absicherung der Versorgung des Beklagten.

Der Arbeitgeber habe durch die Zusage eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung der Arbeitnehmerin zu erbringen. Es müsse daher ein Kausalzusammenhang zwischen Zusage und Arbeitsverhältnis bestehen. Dadurch sollen Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge von solchen der Eigenvorsorge abgegrenzt werden, für die ein Schutz durch das BetrAVG nicht gerechtfertigt erscheint. Werden gegenüber einer Arbeitnehmerin und gleichzeitig Partnerin einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft Leistungen der Altersrente weit über das übliche Maß hinaus versprochen, so werden diese Leistungen grundsätzlich aus Anlass der nichtehelichen Lebensgemeinschaft zugesagt, da dieselben Leistungen an eine andere Arbeitnehmerin, die nicht Partnerin der nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist, wirtschaftlich schlicht nicht vertretbar wären.

Folgen für die Praxis

Mit dieser Entscheidung führt das LAG Baden-Württemberg die Rechtsprechung des BAG fort und konkretisiert die sich ausschließlich aus dem BetrAVG ergebenden Voraussetzungen für die Qualifizierung von Altersversorgungszusagen als bAV-Zusagen. Die Entscheidung verdeutlicht, dass Zusagen, die aus persönlichen Beziehungen wie einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft resultieren, nicht als betriebliche Altersvorsorge im Sinne des BetrAVG gelten, auch wenn sie im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses gemacht werden. Arbeitgeber sollten private Vorsorgezusagen klar von arbeitsrechtlichen Verpflichtungen trennen und darauf achten, dass Bedingungen wie eine fortdauernde Tätigkeit bis zum Tod des Arbeitgebers nicht gegen den Grundsatz der Unverfallbarkeit verstoßen. Zudem müssen Versorgungsleistungen in einem angemessenen Verhältnis zum monatlichen Arbeitsentgelt stehen, um als betriebliche Altersversorgung anerkannt zu werden. Denn eine überhöhte Betriebsrente kann ein Indiz gegen das Bestehen einer betrieblichen Altersvorsorgezusage im Sinne des BetrAVG sein.

Stand: Oktober 2024

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