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Was Sie von einem Legal Matter Management System erwarten können

Von der Dokumentenspeicherung bis zur generativen KI – moderne technische Lösungen für den Rechtsbereich haben eine Menge zu bieten

Legal Matter Management Systeme (LMMS) sind in vielerlei Hinsicht der Dreh- und Angelpunkt der Aktivitäten einer Rechtsabteilung. Solche Systeme wurden speziell für Juristen entwickelt und rationalisieren und organisieren praktisch alle Facetten der täglichen Arbeit eines Syndikusanwalts durch eine Vielzahl von Funktionen. In diesem Beitrag wird untersucht, welche Funktionen von einem modernen LMMS erwartet werden können, und es werden weitere Aspekte benannt, die bei der Auswahl eines neuen LMMS beachtet werden sollten.

Legal Matter Management

Der Begriff "Legal Matter Management" bezieht sich im Allgemeinen auf die Koordinierung der Aufgaben und Informationen im Zusammenhang mit der Bearbeitung einer Anfrage an die Rechtsabteilung. Ein "Legal Matter Management System" (LMMS) soll diese Tätigkeit unterstützen. Sein Hauptziel besteht darin, Informationen und Dokumente zu speichern und zugänglich zu machen, Ineffizienzen zu verringern, Risiken zu mindern und Reporting bzw. Status-Tracking zu ermöglichen.

 

Kernfunktionen eines Legal Matter Management Systems

Die wichtigsten Funktionen eines LMMS lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Metadatenmanagement und Reporting: Das Kernstück eines jeden LMMS ist die Speicherung strukturierter Daten zu Rechtsangelegenheiten (legal matters), wie z.B. Art der Rechtsangelegenheit, beteiligte Stakeholder, Status, Fristen, Wichtigkeit oder Risikoeinstufung usw. Die Verfügbarkeit strukturierter Daten dient wiederum als Grundlage für verschiedene Arten von Reportings über aktuelle und vergangene Aktivitäten der Rechtsabteilung.
  • Dokumentenverwaltung: Die Ablage von Dokumenten, die einer Angelegenheit zugeordnet sind, ist eine weitere Kernfunktion. Vordefinierte Ordnerstrukturen oder Dokumentenkategorien erleichtern ein kohärentes Dokumentenmanagement. Versionskontrolle, Sperren von Dokumenten für die Bearbeitung und parallele Bearbeitung sind weitere zu erwartende Funktionen.
  • Task Management & Fristenkontrolle: Ein LMMS sollte immer Funktionen zur Fristenkontrolle und zur Aufgabenverwaltung bieten, die die internen Anwälte über anstehende wichtige Termine im Zusammenhang mit dem Legal Matter informieren und es ermöglichen, Aufgaben an Kollegen zu vergeben und deren Status leicht zu überprüfen. Das einfache Einrichten von Fristen oder Erinnerungen für einen selbst, das eigene Team oder alle, die Zugriff auf das Legal Matter haben, ist eine mächtige Funktion – und durch generative KI kann dies sogar durch automatische Extraktion von Fristen aus hochgeladenen Dokumenten weiter vereinfacht werden.
  • Intake, Self-service und Workflow Automation: Fortgeschrittene LMMS können auch den internen Kunden der Rechtsabteilung Zugriff gewähren und es ihnen ermöglichen, eine Anfrage direkt von einer Portalseite aus zu stellen (a.k.a. Legal Front Door), wobei idealerweise zum Kontext der Fragestellung passende Self-Service-Anwendungen angeboten werden. Aber auch interne Arbeitsabläufe profitieren von der Digitalisierung: Ob es sich um das Durchlaufen von Checklisten oder die Einholung interner Genehmigungen für von der Rechtsabteilung erstellte (oder geprüfte) Dokumente handelt, automatisierte Workflows tragen dazu bei, den Verwaltungsaufwand zu verringern und sich auf die höherwertige Aufgabe der rechtlichen Analyse zu konzentrieren.
  • KI-unterstützte Such- und Filterfunktionen: Die Möglichkeit, die Informationen und Dokumente in einem LMMS zu durchsuchen und zu filtern, verwandelt Legal Matter Management in ein gelebtes, dynamisches Knowledge Management – wenn die Zugriffsrechte den einzelnen Nutzern ausreichende Visibilität auf den Datenbestand im System gewährleisten. Volltextsuche in Dokumenten ist mittlerweile eine Selbstverständlichkeit, moderne Lösungen ermöglichen darüber hinaus auch semantische Suchfunktionen. Die neueste Funktionalität in diesem Bereich sind Chatbots auf Basis generativer KI, die den Inhalt eines LMMS auf eine Art und Weise zugänglich machen können, die vorher nicht möglich war: Stellen Sie sich vor, Sie erhalten Antworten mit direkten Links zu Dokumenten oder Legal Matters auf Fragen wie "Hatten wir schon einmal einen Produkthaftungsfall? Wenn ja, welches Matter war das?" oder "Wo hat der Kläger in der Rechtssache 1234 A 2025 argumentiert, dass die Haftungsbeschränkungsklausel nichtig sei, und mit welchen Argumenten?"
  • Kollaboration und Kommunikation: LMMS können Kollaborations- und Kommunikationsfunktionen anbieten, die dazu beitragen, E-Mail-Verkehr zu reduzieren und die Kommunikation direkt im Kontext der Arbeit stattfinden zu lassen. Die Möglichkeit, über einen Chat zu kommunizieren oder Kommentare zu einem Matter oder einem Dokument zu hinterlassen, ist eine Standardfunktionalität. Ob diese Kommunikationskanäle, und die Kollaboration über das LMMS im Allgemeinen, auch für externe Nutzer wie etwa externe Rechtsberater oder sogar die Gegenpartei zur Verfügung stehen, ist oft eine Frage der Organisation, sollte aber nicht durch technische Beschränkungen vorgegeben werden. Auch wenn es alternative Kommunikationskanäle gibt, ist die E-Mail immer noch ein vorherrschendes Kommunikationsmittel in der juristischen Welt. Die meisten LMMS bieten ein Plugin für Standard-E-Mail-Clients an, das (halb-)automatisch E-Mails in das System importiert und einem Matter zuweist.
  • Legal Spend Management: Die Verwaltung externer Rechtskosten ist eine weitere Funktion, die von vielen LMMS angeboten wird. Die Verfolgung von Budgets und die Verarbeitung elektronischer Rechnungen sind hier die typischen Merkmale. Fortschrittlichere Systeme können mit Hilfe von generativer KI sogar Rechnungen mit z.B. Billing Guidelines oder Vereinbarungen aus dem Engagement Agreement mit der externen Anwaltskanzlei vergleichen.
  • Dokumentenautomation und Vorlagenverwaltung: Einige LMMS bieten eine separate Verwaltung von Dokumentenvorlagen und manchmal auch die automatische Erstellung von individualisierten Dokumenten aus einer dynamischen Vorlage.
  • Time Tracking: Einige LMMS helfen auch dabei, den Zeitaufwand der internen Teams für eine Rechtsangelegenheit zu erfassen.

Darunter liegen eine Zugriffsrechteverwaltung und ein detaillierter Audit-Trail sowie ein Datenaufbewahrungskonzept und die Unterstützung der Einhaltung von Datenschutzvorgaben.

 

Weitere Aspekte

Die Kosten für die Anschaffung und den Betrieb eines LMMS sind ein offensichtlicher weiterer Faktor, den es zu berücksichtigen gilt, ebenso wie die technischen Anforderungen an die Datensicherheit, die Service-Levels oder den Hosting-Standort (im Falle eines Cloud-gehosteten LMMS). Die Integration des LMMS in die bestehende IT-Landschaft einer Organisation ist ein weiteres Thema - und sie ist nicht auf Single Sign-On beschränkt. LMMS können mit der Vertragsverwaltung, mit einem separaten System Aufnahme von Anfragen an die Abteilung oder mit Systemen, die Informationen über Legal Entities innerhalb und außerhalb des Unternehmens bereitstellen, integriert werden. Während sich einige LMMS ausschließlich auf die Verwaltung von Legal Matters konzentrieren, bieten andere Lösungen auf dem Markt zusätzliche Komponenten wie Vertrags-, Rechtsträger- oder IP-Asset-Management in einer Paketlösung an.

Und dann gibt es natürlich noch die Make-or-Buy-Entscheidung. Deloitte Legal hat Kunden wie Merck KGaA (Pressemitteilung) und E.ON SE (Pressemitteilung) bei der Entwicklung ihrer eigenen Lösungen unterstützt.
 

Abschließende Gedanken: Erfolgreiches Legal Matter Management

Moderne Legal Matter Management Systeme bieten viele hilfreiche Funktionen, die die Effizienz der Rechtsabteilung erheblich steigern und Unternehmensjuristen dabei unterstützen können, ihre Aufmerksamkeit auf den zentralen Wertbeitrag der Rechtsabteilung für das Unternehmen zu konzentrieren: Hervorragende, praxisnahe Rechtsberatung.
So verlockend es auch erscheinen mag, die Einführung eines LMMS als "Technologieprojekt" zu behandeln und sich auf die Auswahl der richtigen Software zu konzentrieren: Wir empfehlen, mindestens genauso viel Zeit und Mühe darauf zu verwenden, sicherzustellen, dass Ihre Rechtsabteilung in die Lage versetzt wird, das neue System in vollem Umfang zu nutzen. Und zwar nicht nur durch Schulungen, sondern durch eine umfassende Hyper-Care-Phase in den ersten Wochen nach der Einführung. Die Speicherung von Dokumenten in einer neuen Softwareumgebung, die Umstellung vom Senden von E-Mails auf das Kommentieren innerhalb der Angelegenheit oder des Dokuments oder sogar die Nutzung eines Chatbots zum Auffinden von Informationen im System wird nicht für jeden selbstverständlich sein – der wahre Wert eines Legal Matter Management Systems aber liegt in seiner konsequenten Nutzung.
 

 

Autor:innen

Klaus Gresbrand

Partner Deloitte Legal
E-Mail: kgresbrand@deloitte.de

Mai Anh Ma

Consultant Deloitte Legal
E-Mail: maima@deloitte.de

 

Stand: Oktober 2024

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