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Umsetzung der Richtlinie zur grenzüberschreitenden Umwandlung, Verschmelzung und Spaltung

Der niederländische Gesetzgeber schreitet voran

Das europäische Recht und die nationale Gesetzgebung der EU/EWR-Mitgliedstaaten sehen bereits seit geraumer Zeit einen gesetzlichen Rahmen für grenzüberschreitende Verschmelzungen vor. Für andere grenzüberschreitende Umwandlungsmaßnahmen, insbesondere grenzüberschreitende Spaltungen und grenzüberschreitende Sitzverlegungen/Rechtsformwechsel, fehlt es dagegen bislang an gesetzlichen Regelungen. Dies wird sich mit der Umsetzung der Mobilitätsrichtlinie ändern. Die Richtlinie muss bis zum 31. Januar 2023 in nationales Recht umgesetzt sein. Unlängst hat der niederländische Gesetzgeber erste auf die Umsetzung gerichtete Aktivitäten eingeleitet, einen Vorentwurf eines entsprechenden Umsetzungsgesetzes vorgelegt und diesen in das Konsultationsverfahren gegeben. Der vorliegende Artikel gibt einen Überblick über einige der wichtigsten Bestimmungen des niederländischen Gesetzentwurfs. Gleichzeitig versucht er, das niederländische Gesetzgebungsvorhaben in den Gesamtkontext zu stellen und aufzuzeigen, welche (zusätzlichen) grenzüberschreitenden Umstrukturierungsvorgänge zukünftig möglich sein werden.

Hintergrund

Gesetzliche Regelungen für grenzüberschreitende Verschmelzungen

Seit der Umsetzung der Verschmelzungsrichtlinie1 , deren Vorgaben mittlerweile in die Gesellschaftsrechtrichtlinie2  überführt wurden, enthält das deutsche Umwandlungsgesetz („UmwG“) in den §§ 122a bis 122 m Vorschriften für grenzüberschreitende Umwandlungen, mithin Umwandlungen unter Beteiligung ausländischer Rechtsträger. Entsprechendes gilt für die nationalen Rechtsordnungen anderer EU/EWR-Mitgliedstaaten. Die genannten gesetzlichen Regelungen erfassen jedoch nur einen Teilbereich möglicher grenzüberschreitender Umwandlungsvorgänge. Sie betreffen nur Verschmelzungen und sind – jedenfalls was die beteiligten ausländischen Rechtsträger angeht – auf Kapitalgesellschaften beschränkt.

Fehlende Regelungen für andere Umwandlungsarten

Für nicht von §§ 122 a ff. UmwG erfasste Umwandlungsvorgänge fehlt es demgegenüber in Deutschland (ebenso wie in anderen EU-Mitgliedstaaten) an gesetzlichen Bestimmungen. Damit sind wesentliche Bausteine für eine (steuerneutrale) grenzüberschreitende Umstrukturierung von Unternehmensgruppen/Konzernen bislang nicht gesetzlich geregelt. Dies wird sich mit der Umsetzung der Mobilitätsrichtlinie3  in Deutschland und den anderen EU/EWR-Mitgliedstaaten ändern.

Die Mobilitätsrichtlinie

Die Mobilitätsrichtlinie sieht nicht nur Änderungen bei den Vorgaben für grenzüberschreitende Verschmelzungen vor, sondern insbesondere auch Vorgaben zum grenzüberschreitenden Formwechsel (Artikel 86a bis 86t) und zur grenzüberschreitenden Spaltung (Artikel 160a bis 160u).

Die Regelungen zu grenzüberschreitenden Spaltungsmaßnahmen erfassen grundsätzlich nur die Spaltung zur Neugründung. Eine Spaltung zur Aufnahme durch bereits bestehende Rechtsträger wird nicht geregelt. Die Regelungen zur grenzüberschreitenden Spaltung in der Mobilitätsrichtlinie betreffen unter anderem den Schutz von Gesellschaftern und Gläubigern, die unternehmerische Mitbestimmung und Unterrichtungs- und Anhörungsrechte der Arbeitnehmer. Erneut ist der Anwendungsbereich der Richtlinie auf Kapitalgesellschaften beschränkt – was jedoch nicht notwendigerweise bedeutet, dass die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Bestimmungen nicht darüberhinausgehend auch Regelungen für Personenhandelsgesellschaften vorsehen können.

Derzeitige praktische Handhabung von grenzüberschreitenden Formwechseln und Spaltungen

Grenzüberschreitende Satzungssitzverlegungen bei gleichzeitigem Formwechsel sind – ungeachtet der fehlenden gesetzlichen Regelung – in der Praxis bereits angekommen und werden zunehmend umgesetzt. Die Verfasser haben bereits mehrere entsprechende Vorgänge begleitet, und zwar vornehmlich in der Form des Zuzugs von ausländischen Kapitalgesellschaften aus Luxemburg, Belgien, den Niederlanden und Österreich bei gleichzeitigem Formwechsel in die Rechtsform der deutschen GmbH.

Die Zulässigkeit der grenzüberschreitenden Spaltung de lege lata ist demgegenüber sehr umstritten. Ihre Zulässigkeit dürfte allein mit einer entsprechenden Anwendung der Grundsätze des EuGH-Urteils v. 13.12.2005 in der Rechtssache Sevic Systems begründet werden können. Sie kommt deshalb – soweit ersichtlich – in der Rechtspraxis auch kaum vor.

Vergleiche zum Ganzen auch unseren früheren Beitrag zum Company Law Package und unseren früheren Beitrag zum anzuwendenden Recht beim Hineinformwechsel.

 

Der niederländische (Vor-) Entwurf eines Mobilitätsrichtlinien-Umsetzungsgesetzes

Erste maßgebliche Aktivitäten im Hinblick auf die Umsetzung der Mobilitätsrichtlinie hat nunmehr der niederländische Gesetzgeber vorgenommen und einen ersten Vorentwurf eines entsprechenden Mobilitätsrichtlinien-Umsetzungsgesetzes4 vorgelegt und in das Konsultationsverfahren gegeben (der „Gesetzesentwurf“).

Im Folgenden werden wir versuchen, einen Überblick über einige der wichtigsten Bestimmungen des Gesetzentwurfs zu geben. Dabei ist zu beachten, dass der Gesetzesentwurf 36 Seiten und die Begründung (auf Niederländisch: memorie van toelichting) 140 Seiten umfasst, weshalb es unmöglich ist, den Inhalt des Gesetzesentwurfs in allen Einzelheiten darzustellen.

 

Allgemeine Bestimmungen

Der Gesetzentwurf legt fest, dass der niederländische gesetzliche Rahmen für Fusionen und Spaltungen, der in Titel 7 von Buch 2 (Juristische Personen) des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuchs (Burgerlijk Wetboek, „BW“) enthalten ist, dahingehend erweitert wird, dass der entsprechende Titel des Gesetzes auch für Spaltungen (auf Niederländisch: splitsingen) von Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung nach dem Recht eines Mitgliedstaates der EU oder des EWR Anwendung findet.

 

Änderungen bei den Bestimmungen zur grenzüberschreitenden Verschmelzung

Weiter werden die Regelungen des BW für grenzüberschreitende Verschmelzungen geändert und an die Vorgaben der Mobilitätsrichtlinie angepasst.

Art. 2:333c BW (neu) sieht in seinem neuen Abs. 5 ein Verbot von Verschmelzungen unter Beteiligung von Rechtsträgern vor, über deren Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

Durch den neugefassten Art. 2:333e BW (neu) werden die Mitteilungs-, Einreichungs-, Bekanntmachungs- und Offenlegungsverpflichtungen modifiziert.

Nach der genannten Bestimmung ist das Geschäftsleitungsorgan jeder sich verschmelzenden Gesellschaft verpflichtet, die Aktionäre/Gesellschafter, die Gläubiger und den Betriebsrat (oder, falls kein Betriebsrat besteht, die Arbeitnehmer) davon in Kenntnis zu setzen, dass sie bis zu fünf Tage vor dem Tag, an dem die Hauptversammlung/Gesellschafterversammlung über die Verschmelzung beschließt, das Recht haben, sich zu dem Verschmelzungsvorschlag zu äußern.

Der neugefasste Art. 2:333f (neu) beinhaltet geänderte Vorgaben für die an die Aktionäre/Gesellschafter und Arbeitnehmer zu richtenden Erklärungen und Erläuterungen.

Unter anderem müssen die Folgen der geplanten Verschmelzung für Aktionäre/Gesellschafter und Arbeitnehmer erläutert werden.

Nach Maßgabe von Art. 2:333gb BW (neu) bedarf ein Verschmelzungsbeschluss in jedem Fall einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der in der Hauptversammlung/Gesellschafterversammlung abgegebenen Stimmen, wenn weniger als zwei Drittel des gezeichneten Kapitals in der Versammlung vertreten sind.

Art. 2:333h BW (neu) beinhaltet Regelungen zu den Rechten der Aktionäre/Gesellschafter, die der Ansicht sind, dass die vorgeschlagene Entschädigung nicht angemessen ist.

Ein Aktionär/Gesellschafter kann bei der Unternehmenskammer des Berufungsgerichts beantragen, dass ein oder mehrere unabhängige Sachverständige mit der Ermittlung des Wertes beauftragt werden.

Der neu eingefügte Art. 2:333ha BW (neu) sieht Regelungen zur Sicherheitsleistung vor.

Hiernach kann jeder Gläubiger bis zu drei Monate, nachdem alle sich verschmelzenden Gesellschaften die Einreichung oder Offenlegung des Verschmelzungsplans bekannt gegeben haben, durch Einreichung eines Antrags bei Gericht dem Verschmelzungsplan widersprechen und die geforderte Sicherheit angeben.

Aus den Änderungen in Art. 2:333i BW (neu) ergeben sich weitergehende Anforderungen an die durch den niederländischen Notar zu erteilende Bescheinigung und die Informationen und Unterlagen, die der übertragende Rechtsträger dem Antrag auf Erteilung der notariellen Bescheinigung beifügen muss.

Ausdrücklich ist vorgesehen, dass der Notar die Bescheinigung nicht ausstellen darf, wenn er feststellt, dass die grenzüberschreitende Verschmelzung zu unrechtmäßigen oder betrügerischen Zwecken, die zur Umgehung des Unionsrechts oder des einzelstaatlichen Rechts führen oder darauf abzielen, oder zu kriminellen Zwecken durchgeführt wurde.

Der Gesetzentwurf sieht zahlreiche weitere Änderungen für grenzüberschreitende Verschmelzungen vor. Diese können hier nicht im Einzelnen dargestellt werden.

 

Grenzüberschreitende Spaltungen

Nach Maßgabe des Gesetzentwurfs wird nach Art. 2:334ii BW ein neuer Abschnitt eingefügt, der den Titel „Abschnitt 6 – Besondere Bestimmungen für grenzüberschreitende Spaltungen“ trägt und die Regelungen für grenzüberschreitende Spaltungen beinhaltet.

2:334jj BW (neu) regelt den Anwendungsbereich von Abschnitt 6.

Abschnitt 6 findet nach Maßgabe von Art. 2:334jj BW (neu) Anwendung, im Falle (i) der Spaltung einer niederländischen Aktiengesellschaft oder einer niederländischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung auf eine oder mehrere Gesellschaften, die nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums neu gegründet werden oder (ii) wenn eine oder mehrere niederländische Aktiengesellschaften oder niederländische Gesellschaften mit beschränkter Haftung als Nachfolgegesellschaften anlässlich der Spaltung einer dem Recht eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums unterliegenden Kapitalgesellschaft gegründet werden. Der Abschnitt gilt nicht für Gesellschaften, bei denen es sich um OGAW im Sinne des Finanzaufsichtsgesetzes handelt (icbe als bedoeld in de Wet op het financieel toezicht).

Art. 2:334kk BW (neu) regelt ausdrücklich, dass der Abschnitt nicht für eine Spaltung in bestehende Gesellschaften gilt, nimmt einige der für die grenzüberschreitende Verschmelzungen anwendbaren Bestimmungen von ihrer Anwendbarkeit auf grenzüberschreitende Spaltungen aus, regelt Alleingesellschafter-Spaltungen und trifft Anordnungen für den Fall der Beteiligung von Rechtsträgern, die sich im Insolvenzverfahren befinden.

Art. 2:334ll BW (neu) betrifft die zusätzlichen Angaben, die der Spaltungsvorschlag beinhalten muss.

Erforderlich sind hiernach insbesondere Angaben zu einem indikativen Zeitrahmen für die Spaltung, möglichen Folgen für die Beschäftigung und Informationen über die Bewertung der Aktiva und Passiva der beteiligten Unternehmen.

Art. 2:334mm BW (neu) regelt Unterrichtungspflichten gegenüber den Gesellschaftern, den Gläubigern und dem Betriebsrat oder den Arbeitnehmern und Hinterlegungspflichten.

Gemäß diesem Artikel ist der Vorstand des spaltenden Rechtsträgers verpflichtet, die Aktionäre/Gesellschafter, die Gläubiger und den Betriebsrat (oder, falls kein Betriebsrat besteht, die Arbeitnehmer) darüber zu informieren, dass sie bis zu fünf Tage vor dem Tag, an dem die Hauptversammlung über die Spaltung entscheidet, das Recht haben, sich zu dem Spaltungsvorschlag zu äußern.

Art. 2:334nn BW (neu) betrifft die Erläuterungspflichten gegenüber Aktionären/Gesellschaftern und Arbeitnehmern und den Inhalten der entsprechenden Erklärungen.

Unter anderem müssen die Folgen der geplanten Spaltung für Aktionäre/Gesellschafter und Arbeitnehmer erläutert werden.

Art. 2:334pp BW (neu) regelt entsprechend Artikel Art. 2:333gb BW (neu) Quoren und Mehrheitserfordernisse.

Art. 2:334qq BW (neu) sieht ein Recht widersprechender Aktionäre/Gesellschafter auf Ausgleichszahlungen vor und beinhaltet analog zu Art. 2:333h BW (neu) Regelungen zu den Rechten der Aktionäre/Gesellschafter, die der Ansicht sind, dass die vorgeschlagene Ausgleichszahlung nicht angemessen ist.

Entsprechend den Änderungen bei den Bestimmungen für grenzüberschreitende Verschmelzungen sieht Art. 2:334rr BW (neu) ein Widerspruchsrecht und eine Sicherheitsleistung vor.

Art. 2:334ss BW (neu) sieht Regelungen zu den Rechtsfolgen der Spaltung, insbesondere dem Übergang von Vermögensgegenständen vor und ordnet eine gesamtschuldnerische Haftung von übernehmenden Gesellschaften an.

Art. 2:334tt BW (neu) sieht darüber hinaus eine weitergehende (gegenständlich beschränkte) gesamtschuldnerische Haftung vor.

Die Regelung lautet ihrem Wortlaut nach: „Ungeachtet des Artikels 334t Absatz 2 haftet die übernehmende Gesellschaft, auf die die Verpflichtung übergeht, oder, wenn die Verpflichtung nicht auf eine übernehmende Gesellschaft übergeht, die fortzuführende gespaltene Gesellschaft für die Gesamtheit der Verpflichtungen der gespaltenen Gesellschaft. Die Haftung für die Verbindlichkeiten der gespaltenen Gesellschaft beschränkt sich gegenüber jeder anderen Gesellschaft auf den Wert des Aktiv- und Passivvermögens, das sie bei der Spaltung erworben oder zurückbehalten hat.“

Nach Art. 2:334uu BW (neu) regelt den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der grenzüberschreitenden Spaltung sowie die vom Notar zu erteilende Bescheinigung und die Informationen und Unterlagen, die dem Antrag auf die entsprechende Bescheinigung beizufügen sind.

Zugleich werden die Voraussetzungen für die Erteilung oder Nichterteilung der Bescheinigung geregelt, einschließlich des Verbots der Erteilung der Bescheinigung bei einer zu illegalen oder betrügerischen Zwecken durchgeführten Spaltung.

Art. 2:334xx BW (neu) beinhaltet Regelungen zur Mitbestimmung. Diese sind sehr detailliert ausgestaltet und bedürfen einer dezidierten Prüfung im Einzelfall.

Art. 2:334yy BW (neu) ordnet an, dass die Nichtigkeit oder Nichtigerklärung einer grenzüberschreitenden Spaltung nicht ausgesprochen werden darf.

 

Grenzüberschreitende Sitzverlegung

Durch die Umnummerierung von Artikel 2:335 BW (alt) in Artikel 2:335q BW (neu) wird nach Titel 7 ein Titel 7A eingefügt, der wie folgt lautet „Besondere Bestimmungen für grenzüberschreitende Formwechsel“.

Art. 2:335 BW (neu) regelt den Anwendungsbereich der Bestimmungen.

Hiernach ist Titel 7A anzuwenden, wenn eine niederländische Aktiengesellschaft oder eine niederländische GmbH in eine Kapitalgesellschaft nach dem Recht eines anderen EU/EWR-Mitgliedstaats umgewandelt werden soll und ordnet ausdrücklich an, dass ein solcher Formwechsel auf den Bestand des formwechselnden Rechtsträgers keine Auswirkungen hat, insbesondere nicht zu dessen Beendigung führt. Der Finanzaufsicht unterliegende Gesellschaften sind wiederum ausgenommen.

Art. 2:335a BW (neu) nimmt bestimmte Regelungen von der Anwendung auf grenzüberschreitende Formwechsel aus.

Die Bestimmung ordnet zugleich an, dass eine aufgelöste Gesellschaft nicht grenzüberschreitend formgewechselt werden kann, soweit bereits zur Auskehr von Vermögensbestandteilen an Gesellschafter im Rahmen der Liquidation übergegangen wurde. Ausgeschlossen ist die grenzüberschreitende formwechselnde Umwandlung für Rechtsträger, die sich im Insolvenzverfahren befinden.

Art. 2:335b BW (neu) trifft Anordnungen für den Formwechsel-Vorschlag und dessen Mindestinhalte.

Art. 2:335c und 2:335d BW (neu) regeln Unterrichtungspflichten gegenüber den Gesellschaftern, Gläubigern und dem Betriebsrat.

Unter anderem müssen die Folgen des geplanten Formwechsels für Aktionäre/Gesellschafter und Arbeitnehmer erläutert werden.

Art. 2:335e BW (neu) regelt Prüfungspflichten.

Ein Wirtschaftsprüfer muss den Formwechsel-Vorschlag prüfen und erklären, ob die vorgeschlagene Vergütung für die Aktionäre/Gesellschafter angemessen ist. Die in diesem Artikel enthaltenen Prüfungspflichten können von den Aktionären/Gesellschaftern aufgehoben werden.

Art. 2:335f BW (neu) betrifft Veröffentlichungs- und Hinterlegungspflichten im Hinblick auf den den Formwechsel-Vorschlag und die zugehörigen Erläuterungen.

Art. 2:335h BW (neu) beinhaltet Vorgaben für die Beschlussfassung der Gesellschafter, einschließlich Quoren und Mehrheitserfordernisse – wiederum analog zu den Vorgaben für grenzüberschreitende Verschmelzungen und Spaltungen.

Art. 2:335i BW (neu) gibt widersprechenden Gesellschaftern das Recht, Entschädigung zu verlangen und beinhaltet Regelungen für den Fall, dass die widersprechenden Gesellschafter die angebotene Entschädigung für nicht angemessen halten.

Art. 2:335j BW (neu) trifft Anordnungen für Sicherheitsleistungen.

Hiernach gilt: „Die umzuwandelnde Gesellschaft ist verpflichtet, jedem Gläubiger der Gesellschaft, der dies beantragt, auf Verlangen eine Sicherheit oder eine andere Bürgschaft für die Befriedigung seiner Forderung zu leisten, wenn er den Widerspruch nach dem folgenden Absatz erklärt. Dies gilt nicht, wenn der Gläubiger über ausreichende Sicherheiten verfügt oder das Vermögen des Unternehmens die Befriedigung der Forderung hinreichend gewährleistet.“ Der betreffende Gläubiger muss die Gründe für seinen Antrag glaubhaft machen.
Art. 2:335k BW und Art. 2:335l BW (neu) treffen Anordnungen zum Wirksamwerden und den Folgen des grenzüberschreitenden Formwechsels und den von dem Notar zu erteilenden Bescheinigungen/abzugebenden Erklärungen, einschließlich den Voraussetzungen für deren Erteilung/Nichterteilung bzw. Abgabe/Nichtabgabe.

Art. 2:335m BW (neu) trifft Anordnungen zu den formellen und sonstigen Voraussetzungen für einen Hinein-Formwechsel, wonach es unter anderem einer notariellen Umwandlungsurkunde bedarf.

Art. 2:335o BW (neu) beinhaltet die Regelungen zur Mitbestimmung. Diese sind wiederum sehr detailliert ausgestaltet und bedürfen der sorgfältigen Analyse im Einzelfall.

Art. 2:335p BW (neu) ordnet an, dass die Nichtigkeit oder Nichtigerklärung einer Umwandlung auf der Grundlage dieses Titels nicht ausgesprochen werden darf.

 

Einordnung und Ausblick

Das weitere Gesetzgebungsverfahren in den Niederlanden bleibt abzuwarten. Aufgrund der besonderen Bedeutung der Mobilitätsrichtlinie für den grenzüberschreitenden Rechtsverkehr und die Niederlassungsfreiheit und die Niederlande als wesentlicher Holding-Standort ist davon auszugehen, dass im Rahmen der Konsultation von diversen Interessengruppen Änderungsvorschläge unterbreitet werden.

Zu begrüßen ist, dass der niederländische Gesetzgeber das entsprechende Gesetzgebungsvorhaben so rechtzeitig vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist am 31. Januar 2023 einleitet und damit ausreichend Zeit für eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Gesetzentwurf durch die Betroffenen, insbesondere die Praxis lässt. Dieses Vorgehen weicht doch erheblich von dem vom deutschen Gesetzgeber zuletzt an den Tag gelegten Verhalten ab.

Inhaltlich bewegt sich der Gesetzentwurf im Rahmen des nach Maßgabe der Richtlinie und der Entwicklungen in der Praxis Erwartbaren. Wie so häufig kann allerdings auch hier der Teufel im Detail stecken, weil nicht ausgeschlossen erscheint, dass einzelne EU/EWR-Mitgliedstaaten die Vorgaben der Mobilitätsrichtlinie in durchaus voneinander abweichende Art umsetzen werden, sodass es auch nach der Umsetzung einer sorgfältigen Vorbereitung bedürfen wird. Diese wird insbesondere auch einen Abgleich der Vorgaben der jeweiligen Umsetzungsakte zum Gegenstand haben müssen. Ob der niederländische Gesetzgeber an der im Gesetzentwurf angelegten Wiederholung einzelner für die unterschiedlichen Umwandlungsarten im wesentlichen inhaltsgleicher Vorgaben (Mehrheitserfordernisse, Quoren, Sicherheitsleistung, notarielle Bescheinigung) festhält oder diese im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens noch „vor die Klammer zieht“ bleibt abzuwarten.

Festzuhalten ist, dass die Mobilitätsrichtlinie nach ihrer Umsetzung in den nationalen Rechtsordnungen wesentlich zur Rechtssicherheit beitragen und den Einsatz des Instrumentariums des Umwandlungsrechts auch im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr erheblich erleichtern wird. Dies ist uneingeschränkt zu begrüßen.

Abzuwarten bleibt, wann der deutsche Gesetzgeber „nachzieht“ und Wissenschaft und Praxis (und anderen Stakeholdern) die Möglichkeit gibt, Vorschläge zur Umsetzung der Richtlinie im deutschen Recht zu unterbreiten und zu einem Gesetzentwurf Stellung zu nehmen.

Für Deutschland können weiterhin auch andere Formen der „Umwandlung“ in Betracht kommen, wie etwa die Anwachsung. Zusätzlich wird das Instrumentarium in Deutschland durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts erweitert werden. Dieses sieht eine Erweiterung der in § 3 UmwG genannten umwandlungsfähigen Rechtsträger auf die rechtsfähige und im künftig neu geschaffenen Gesellschaftsregister eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) vor.

Zusammen genommen werden hierdurch interessante neue Gestaltungsmöglichkeiten entstehen.

Selbstverständlich stehen wir und unsere niederländischen Kolleginnen und Kollegen Ihnen für Rückfragen zum niederländischen Gesetzentwurf ebenso zur Verfügung wie für den Austausch zu den Möglichkeiten, die sich aus dem zukünftig erweiterten umwandlungsrechtlichen Instrumentarium ergeben (werden).

 

Deutschland:

Felix Felleisen
Rechtsanwalt | Partner | Corporate/M&A
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Niederlande:

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T: +31 (0)88 288 0370 | M: +31 (0)6 2966 0561
tbutter@deloitte.nl | www.deloitte.nl

1Richtlinie 2005/56/EG vom 26.10.2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, ABl. 2005 L 310, S. 1 ff.

2Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.6.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts, ABl. EU Nr. L 169 vom 30.6.2017, S. 46.

3Richtlinie (EU) 2019/2121 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 in Bezug auf grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen, ABl. (EU) Nr. L 321 vom 12.12.2019, S. 1.

4Wet tot wijziging van Boek 2 van het Burgerlijk Wetboek en de Wet op het financieel toezicht in verband met de implementatie van Richtlijn (EU) 2019/2121 van het Europees Parlement en de Raad van 27 november 2019 tot wijziging van Richtlijn (EU) 2017/1132 met betrekking tot grensoverschrijdende omzettingen, fusies en splitsingen (PbEU L 321/1) (Wet implementatie richtlijn grensoverschrijdende omzettingen, fusies en splitsingen); sinngemäß: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Buch 2 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Finanzaufsichtsgesetzes im Zusammenhang mit der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/2121 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 in Bezug auf grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen (ABl. EU L 321/1) (Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen) - https://www.internetconsultatie.nl/omzettingfusiesplitsing/document/7721.

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