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Offenlegung der Vergütungspolitik und der Vergütungssysteme reloaded

Die modifizierten Vorgaben zur Offenlegung der Vergütungspolitik und der Vergütungssysteme in der CRR II und in § 16 InstitutsVergV

Institute haben bei der Offenlegung ihrer Vergütungspolitik für das Berichtsjahr 2021 erstmals die modifizierten Vorgaben der Art. 431ff. Verordnung (EU) 2019/876 (CRR II) sowie des § 16 der am 25. September 2021 in Kraft getretenen überarbeiteten Fassung der Institutsvergütungsverordnung (IVV 4.0) zu beachten. In diesem Client Alert erörtern wir die überarbeiteten aufsichtsrechtlichen Vorgaben und erste Praxiserfahrungen mit ihrer Umsetzung.

Die modifizierten Vorgaben der CRR II zur Offenlegung der Vergütungspolitik inkludieren eine Verkleinerung des Adressatenkreises der betroffenen CRR-Institute: Während die Vorgängerregelung der Verordnung (EU) 575/2013 (CRR) alle CRR-Institute zur Offenlegung der in Art. 450 CRR bestimmten Informationen zu ihrer Vergütungspolitik verpflichtete, bestimmt der EU-Gesetzgeber nunmehr – in Anwendung des aufsichtsrechtlichen Proportionalitätsgrundsatzes – in Art. 431ff., 450 CRR II eine differenzierte Vorgehensweise, die nicht börsennotierte kleine und nicht komplexe Institute von der Offenlegung befreit und für einzelne weitere in der CRR II klassifizierte Institute (kleine und nicht komplexe Institute und andere Institute) Erleichterungen in Bezug auf den Umfang der Offenlegung bestimmt. Diese Vorgehensweise beruht auf der Erkenntnis des EU-Gesetzgebers, dass die Offenlegungspflichten nach Art. 450 CRR als unverhältnismäßig und als Belastung für kleinere Institute zu betrachten sind (Erwägungsgrund 57 CRR II). Die Modifizierungen der aufsichtsrechtlichen Vorgaben des § 16 InstitutsVergV waren zur Anpassung der Offenlegungsvorgaben an die EU-gesetzlichen Regelungen der Art. 431ff. CRR II erforderlich und berücksichtigen, dass gemäß den überarbeiteten aufsichtsrechtlichen Vorgaben des KWG und der InstitutsVergV zur Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie (EU) 2019/878 (CRD V) nunmehr alle (CRR-)Institute Risikoträger zu ermitteln haben (s. dazu bereits unseren Client Alert zu den Neuregelungen der Ermittlung/Analyse der Risikoträger).

Die Offenlegung der Vergütungspolitik hat gemäß Art. 433 Abs. 2 CRR II am Tag der Veröffentlichung des Jahresabschlusses oder „so bald wie möglich danach“, nach dem Verständnis der Aufsicht binnen vier Wochen nach der Veröffentlichung des Abschlusses, zu erfolgen.

 

1. Die Klassifizierung der CRR-Institute nach der CRR II als Startpunkt für die modifizierten Vorgaben der Art. 431ff. CRR II zur Offenlegung der Vergütungspolitik

Die CRR II bestimmt eine abgestufte Anwendung der inhaltlichen Vorgaben des Art. 450 CRR II zur Offenlegung der Vergütungspolitik auf die CRR-Institute, abhängig von ihrer Klassifizierung:

(1) Nicht börsennotierte kleine und nicht komplexe Institute unterliegen nicht (mehr) den Vorgaben des Art. 450 CRR II und haben daher in ihrem CRR-Offenlegungsbericht keine Angaben zu ihrer Vergütungspolitik nach Maßgabe des Art. 450 CRR II vorzunehmen. Die inhaltlichen Anforderungen an die Klassifizierung als kleines nicht komplexes Institut, die für die Klassifizierung kumulativ zu erfüllen sind, bestimmt Art. 4 Abs. 1 Nr. 145 CRR II:

  • Das Institut ist kein großes Institut gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 146 CRR II.
  • Seine Bilanzsumme betrug im dem Berichtszeitraum unmittelbar vorausgehenden Vierjahreszeitraum (auf Einzelbasis oder auf konsolidierter Basis) im Durchschnitt maximal 5 Mrd. EUR.
  • Das Institut unterliegt den vereinfachten Anforderungen der §§ 19, 20 Abs. 1 und 41 SAG an die Aufstellung eines Sanierungsplans.
  • Seine Handelsbuchaktivitäten weisen einen geringen Umfang i.S.d. Art. 94 Abs. 1 CRR II auf, überschreiten also nicht die Schwellenwerte von 5% der Gesamtaktiva des Instituts und absolut 50 Mio. EUR. Art. 4 Abs. 1 Nr. 146 CRR II bestimmt nicht ausdrücklich den Beurteilungszeitpunkt für die Einhaltung dieser Schwellenwerte; aus teleologischer Sicht dürfte eine Beurteilung zum letzten Kalendertag des Berichtsjahres plausibel sein.
  • Seine Derivatepositionen überschreiten nicht die in Art. 4 Abs. 1 Nr. 145 lit. e) CRR II festgelegten Werte, auf der Grundlage des letzten Kalendertages des Berichtsjahres.
  • Das Institut erfüllt die weiteren in Art. 4 Abs. 1 Nr. 145 lit. f) bis i) CRR II bestimmten Anforderungen.

(2) Börsennotierte kleine und nicht komplexe Institute unterliegen den vereinfachten Anforderungen an die Offenlegung nach Art. 433b Abs. 1 lit. a)iii) CRR II. Sie haben nicht die Vorgaben des Art. 450 Abs. 1 lit. e), f), g) und k), Abs. 2 CRR II zu beachten. Als börsennotiertes Institut gelten nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 148 CRR II (nur) Institute, die Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt eines EU-Mitgliedstaates nach Maßgabe des Art. 4 Abs. 1 Nr. 21 Richtlinie 2014/65/EU emittiert haben.

(3) Große Institute haben alle in Art. 450 Abs. 1 und Abs. 2 CRR II bestimmten Informationen jährlich offenzulegen. Große Institut umfassen alle Institute, die mindestens eines der in Art. 4 Abs. 1 Nr. 146 CRR II bestimmten Kriterien erfüllen; insbesondere also eine Bilanzsumme auf Einzelbasis bzw. auf konsolidierter Gesamtlage von mindestens 30 Mrd. EUR aufweisen.

(4) Andere Institute, also alle Institute, die nicht unter eine der Fallgruppen (1) bis (3) fallen, haben die Angaben nach Art. 450 Abs. 1 lit. a) bis d) und h) bis k) CRR II jährlich offenzulegen. Dieser Fallgruppe gehören insbesondere alle nicht börsennotierten Institute mit einer Bilanzsumme (auf Einzelbasis bzw. konsolidierter Lage) von mehr als 5 Mrd. EUR bis weniger als 30 Mrd. EUR an.

 

2. Die (überarbeiteten) inhaltlichen Vorgaben des Art. 450 CRR II

Inhaltliche Modifizierungen hat der EU-Gesetzgeber für einzelne Offenlegungsgegenstände vorgenommen und im Übrigen (nur) redaktionelle und/oder klarstellende Modifizierungen des Wortlauts vorgenommen. Inhaltliche Modifizierungen haben konkret folgende Offenlegungsgenstände erfahren:

(1) Präzisiert wurden die Vorgaben des Art. 450 Abs. 1 lit. b) CRR II, die nunmehr eine Darlegung zum Zusammenhang zwischen der Vergütung und der Leistung der Mitarbeiter beinhalten. Der EU-Gesetzgeber hat damit klargestellt, dass die Angaben eine mitarbeiterbezogene Darlegung zu inkludieren haben. Das in der Praxis aus Art. 450 Abs. 1 lit. b) CRR zur Darlegung des Zusammenhangs zwischen Vergütung und „Erfolg“ im Sinne der bisherigen Vorschrift mitunter abgeleitete Verständnis, dass die Darlegung auch eine institutsbezogene Dimension zu umfassen hat/umfassen kann, ist nach Art. 450 Abs. 1 lit. b) CRR II nicht (mehr) praxisrelevant.

(2) Umfassendere Klarstellungen und einzelne Erweiterungen haben die Vorgaben des Art. 450 Abs. 1 lit. h) CRR II erfahren:

  • Die Angaben zu den für das Geschäftsjahr gewährten Vergütungsbeträgen haben für die festen Vergütungsbeträge nunmehr auch eine inhaltliche Beschreibung der festen Vergütungsbestandteile zu inkludieren (lit. h)i)). Die Gewährung der Vergütung „für das Geschäftsjahr“ bezieht sich dabei auf den für die Vergütung relevanten Referenzzeitraum des Berichtsjahres; unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt der gewährte Vergütungsbestandteil/-betrag ausgezahlt oder vereinbart wird.
  • Für die gewährte variable Vergütung ist eine getrennte Darstellung der nicht zurückbehaltenen und der zurückbehaltenen Vergütungsbestandteile vorzunehmen (lit. h)ii)). Die zurückbehaltenen Vergütungsbestandteile umfassen (allein) die im Deferral stehenden Vergütungsbestandteile nach Maßgabe des § 20 Abs. 1 und 2 InstitutsVergV.
  • Alle während des Geschäftsjahres gewährten garantierten variablen Vergütungen (und nicht nur „Neueinstellungsprämien“ im Sinne der CRR) und die Anzahl der von ihr Begünstigten sind darzulegen (lit. h)v).
  • Klargestellt hat der Gesetzgeber die getrennte Darstellung von im Berichtsjahr gezahlten Abfindungen nach Leistungen, die in früheren Zeiträumen bzw. während des Berichtsjahres gewährt wurden (lit. h)vi) und vii)). Anzugeben sind sämtliche Abfindungsleistungen; d.h., auch Abfindungsleistungen, die nach Maßgabe der relevanten Fallgruppe des § 5 Abs. 6 S. 5 InstitutsVergV privilegiert sind.

(3) Große Institute und andere Institute gemäß den vorliegend unter Ziffer 1. ausgeführten Fallgruppen haben die gemäß Art. 450 Abs. 1 lit. k) CRR II bestimmten Angaben zu machen über ihre als Risikoträger identifizierten Mitarbeiter (inklusive einer Aufschlüsselung der Gesamtvergütung mit Aufteilung in feste und variable Vergütung), deren variable Vergütung nicht den besonderen Anforderungen des § 20 InstitutsVergV unterliegt. Dies betrifft bei bedeutenden Instituten nach Maßgabe des § 1 Abs. 3c) KWG und bei qualifizierten nicht bedeutenden Institute nach Maßgabe des § 1 Abs. 3 S. 2 InstitutsVergV Risikoträger mit einer variablen Vergütung von maximal 50.000 EUR und bei allen nicht bedeutenden Instituten alle ermittelten Risikoträger.

(4) Große Institute haben nach Art. 450 Abs. 2 CRR II Angaben über die (Gesamt) Vergütung des kollektiven Leistungsorgans offenzulegen, aufgeteilt nach der (Gesamt-)Vergütung für die Geschäftsleitung und für das Aufsichtsorgan.

Unverändert belassen hat der EU-Gesetzgeber die bereits für die Offenlegung nach Art. 450 CRR II maßgeblichen weiteren Leitsätze:

  • Die in Art. 432 CRR II bestimmten Ausnahmen zur Offenlegung in Bezug auf nicht wesentliche Informationen gelten unverändert nicht für die Offenlegung der Vergütungspolitik nach Art. 450 CRR II (Art. 432 Abs. 1 S. 1 CRR II).
  • Institute, die Mutter- oder Tochterunternehmen sind, oder die nach (weiteren) Methoden der aufsichtlichen Konsolidierung des Art. 18 CRR II konsolidiert werden, müssen die Offenlegungsanforderungen nicht auf Einzelbasis erfüllen, sondern haben diese (nur) auf konsolidierter Basis zu beachten.
  • Gleichzeitig können die Institute für die Darstellung der offenlegungspflichtigen Angaben unter Anwendung des in Art. 450 Abs. 2 S. 2 CRR II vom Gesetzgeber zugestandenen aufsichtsrechtlichen Proportionalitätsgrundsatz vornehmen; also die quantitative Dichte der Darstellung unter Berufung auf ihre Größe, interne Organisation und Art, Umfang und Komplexität ihrer geschäftlichen Aktivitäten in dem gesetzten Rahmen flexibel bestimmen.
  • Institute haben (auch) für die Offenlegung der Vergütungspolitik die (zwingenden) datenschutzrechtlichen Vorgaben der Verordnung (EU) 2016/679 (DSGVO) zu beachten (Art. 450 Abs. 2 S. 2 CRR II). Dieser aufsichtsrechtliche Leitsatz inkludiert, dass Institute im Einzelfall weiterhin von der Offenlegung von individualisierten/individualisierbaren Vergütungsdaten absehen können, wenn der Offenlegung schützenswertere Interessen des einzelnen Risikoträgers entgegenstehen.

 

3. Die überarbeiteten EU-Vorgaben an die Darstellung der Offenlegung der Vergütungspolitik gemäß der RTS Offenlegung: Meldebögen

Flankierend zu den modifizierten Vorgaben des Art. 450 CRR II hat der EU-Gesetzgeber in Art. 17 der Durchführungsverordnung (EU) 2021/637 (RTS Offenlegung) die aufsichtsrechtlichen Vorgaben zur Aufbereitung der Offenlegung mit den maßgeblichen Offenlegungstabellen überarbeitet und hierzu die in Anlage XXXIII der RTS Offenlegung enthaltenen Meldebögen bestimmt. Anlage XXXIV RTS Offenlegung enthält umfassende Erläuterungen zu diesen Meldebögen.

Offenlegungspflichtige Institute haben danach folgende Leitsätze zu beachten:

(1) Der in Anlage XXXIII für die nach Art. 450 Abs. 1 lit. a) bis f), j), k) CRR II offenzulegenden qualitativen Angaben zur allgemeinen Vergütungspolitik veröffentlichte Meldebogen inkludiert eine Orientierungshilfe, die Institute bedarfsgerecht modifizieren können.

(2) Die weiteren in Anlage XXXIII veröffentlichten Meldebögen zu den quantitativen Angaben betreffend die

  • für das Geschäftsjahr gewährten Vergütungen (Art. 450 Abs. 1 lit. h)i) und ii) CRR II),
  • im Geschäftsjahr verdienten zurückbehaltenen Vergütungsbestandteile bzw. gewährten zurückbehaltenen Vergütungsbestandteile aus früheren Referenzzeiträumen (Art. 450 Abs. 1 lit. h)iii) und iv) CRR II),
  • offenlegungspflichtigen garantierten variablen Vergütungen und Abfindungen (Art. 450 Abs. 1 lit. h) v) bis vii CRR II),
  • individuellen Vergütungen gegenüber einzelnen Risikoträgern mit einem Gesamtbetrag von mindestens 1 Mio. Euro (Art. 450 Abs. 1 lit. i) CRR II, sowie
  • kumulierten Gesamt-Vergütungen nach Geschäftsfeldern (Art. 450 Abs. 1 lit. g) CRR II

sind demgegenüber generell zwingend zu verwenden.

 

4. Die inhaltlichen Änderungen des § 16 InstitutsVergV… und sonstigen Vorgaben der InstitutsVergV an die Offenlegung

Die IVV 4.0 bestimmt in § 16 Abs. 2 InstitutsVergV inhaltliche Änderungen zur Offenlegung der Vergütungspolitik bei nicht bedeutenden Instituten: Während nach der Vorfassung (§ 16 IVV 3.0) noch nicht bedeutende Institute mit einer Bilanzsumme von mindestens 3 Mrd. EUR eine Offenlegung der in § 16 Abs. 2 IVV 3.0 bestimmten Vergütungsdaten vorzunehmen hatten, erfasst § 16 Abs. 2 InstitutsVergV nunmehr nur noch nicht bedeutende Institute, die als börsennotierte kleine und nicht komplexe Institute im Sinne des Art. 433b Abs. 1 CRR II, oder als andere Institute nach Maßgabe des Art. 433c CRR II zu klassifizieren sind. Alle sonstigen nicht bedeutenden Institute, vor allem alle nicht bedeutenden Institute mit einer Bilanzsumme von durchschnittlich weniger als 5 Mrd. EUR im dem Berichtszeitraum unmittelbar vorangehenden Vierjahreszeitraum unterliegen nach der IVV 4.0 nicht (mehr) den Offenlegungspflichten gemäß § 16 InstitutsVergV.

Unverändert bleiben die Offenlegungspflichten für die bedeutende Institute mit den in § 16 Abs. 1 InstitutsVergV bestimmten Offenlegungsgegenständen.

In der IVV 4.0 unverändert bestimmt schließlich § 27 Abs. 1 S. 3 InstitutsVergV, dass in einer Institutsgruppe das übergeordnete Unternehmen die Offenlegungsanforderungen gemäß § 16 InstitutsVergV auf konsolidierter Ebene zu erfüllen hat. Von der gruppenweiten Erfüllung der Offenlegungspflichten nach § 16 InstitutsVergV durch das übergeordnete Unternehmen unberührt bleibt die Verpflichtung des einzelnen gruppenangehörigen (nachgeordneten) Unternehmens, die etwa nach Art. 431ff., 450 CRR II bestehenden Offenlegungspflichten auf Einzelinstitutsebene zu erfüllen.

 

5. Ausblick

Die überarbeiten aufsichtsrechtlichen Vorgaben bilden in der nächsten Abschlussprüfungskampagne den Prüfungsmaßstab für die ordnungsgemäße Offenlegung der Vergütungspolitik (Art. 12, 24 PrüfbV). Betroffene Institute haben daher die überarbeiteten aufsichtsrechtlichen Anforderungen – unter anderem auch aus diesem Grund – sorgfältig umzusetzen.

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