Unternehmertum gehört zur Schweizer DNA: KMUs und Familienbetriebe machen hierzulande mehr als 99% aller Unternehmen aus, beschäftigen zwei Drittel aller Angestellten und haben in den letzten Jahrzehnten massgeblich zum Wohlstandswachstum beigetragen. Bei der Start-up-Aktivität schneidet die Schweiz im internationalen Vergleich allerdings unterdurchschnittlich ab. Weil Start-ups als Innovationstreiber einen wichtigen Beitrag zum Wachstum und Wohlstand eines Landes leisten, ist es wichtig, dass die Schweiz und die hier ansässigen Unternehmen handeln. Der Staat sollte regulatorische Barrieren weiter abbauen und Unternehmertum stärker in die Ausbildung integrieren. Unternehmen wiederum sind gefordert, eine umfassende Innovationskultur zu etablieren, eine positive Fehlerkultur vorzuleben und stärker mit Start-ups zusammenzuarbeiten.

Unsere Empfehlungen

Mit diesen Massnahmen können Politik und Unternehmen den Unternehmergeist und die Start-up-Landschaft der Schweiz stärken und somit Innovationen und Wachstum vorantreiben.

Staat

    Vermittlung von unternehmerischem Denken und Wissen in der Schulausbildung

    Vermittlung von unternehmerischem Denken und Wissen in der Schulausbildung

    Die im internationalen Vergleich tiefe Start-up-Aktivität dürfte vor allem auf die unterdurchschnittliche Start-up-Affinität der Bevölkerung zurückzuführen sein. Zum einen ist dies Ausdruck der tiefen Arbeitslosigkeit und der hohen Löhne. Schul- und Universitätsabgänger haben viele gute finanzielle Alternativen zur Unternehmensgründung, die mit einem höheren finanziellen Risiko verbunden ist. Ökonomisch gesprochen sind die Opportunitätskosten zur Start-up-Gründung hoch. Zum anderen mangelt es auch an Sensibilität für das Jungunternehmertum in der Bevölkerung. Jugendliche werden in der Grundausbildung kaum für Wirtschaftsbelange und noch weniger für Start-ups begeistert. Die Gründung und die Leitung eines Unternehmens sowie praxisnahe Wirtschaftsthemen werden erst auf universitärer Stufe thematisiert. Das muss sich ändern. Die Vermittlung von unternehmerischem und ökonomischem Denken, verknüpft mit betriebswirtschaftlichen und digitalen Grundkenntnissen, sollte Bestandteil der Schulausbildung sein.

    Entscheidend dabei ist, dass Lehrpersonen entsprechend geschult oder unterstützt werden. In Zusammenarbeit mit der Wirtschaft könnten zudem vermehrt praktische Gründungserfahrungen in die Schulen einfliessen – etwa in Form von Projektwochen oder Praktika bei Start-ups.

    Prüfung von Alternativen zur Vermögenssteuer

    Prüfung von Alternativen zur Vermögenssteuer

    Im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern verfügt die Schweiz über eine relativ hohe Vermögenssteuer. Da diese die Substanz und nicht den Gewinn eines Unternehmens besteuert, ist sie nicht nur ökonomisch fragwürdig, sondern kann auch gerade Start-ups vor grosse Probleme stellen. Zur Bewertung des Aktienvermögens wird in der Schweiz der Verkehrswert herangezogen. Weil bei nicht börsenkotierten Unternehmen oftmals keine Marktpreise (Börsenwert) zur Bestimmung des Verkehrswertes vorliegen, orientierten sich bis vor kurzem viele kantonale Steuerbehörden (so etwa auch jene des Kantons Zürich) an dem über Finanzierungsrunden eingebrachten Kapital als Bemessungsgrundlage. Da der Finanzierungsrundenwert den potenziellen Wert repräsentiert, den sich die Investoren in Zukunft versprechen, kann dadurch der Aktienwert eines Start-ups auf dem Papier rasch in die Höhe schnellen, ohne dass ein Markt für den Verkauf der Aktien existiert, geschweige denn bereits Gewinne erzielt werden. Einige Start-Up-Gründer mussten auf diese «virtuellen Vermögen» hohe Vermögenssteuern abliefern, die sie mit ihren noch bescheidenen Löhnen kaum bezahlen konnten.

    Inzwischen hat der Kanton Zürich diese Problematik entschärft, indem erst auf den Finanzierungsrundenwert abgestellt wird, wenn «repräsentative Geschäftsergebnisse» vorliegen. Aus der Welt geschaffen sein dürfte die Problematik allerdings nicht. Erstens stellt sich die Frage, wie «repräsentative Geschäftsergebnisse» genau definiert werden.

    Zweitens bleibt der internationale Wettbewerbsnachteil bestehen. Mark Zuckerberg hätte selbst bei einer Übergangsfrist von fünf Jahren noch 264 Mio. CHF an Vermögenssteuern abliefern müssen, wenn er Facebook im Kanton Zürich gegründet hätte. Solange die hohen Vermögenssteuern bestehen bleiben, dürfte offenkundig sein, dass das nächste Facebook nicht in der Schweiz gegründet wird oder zumindest nicht lange hier bleibt. Es ist daher höchste Zeit, dass sich die Politik über mögliche Alternativen zu einer Vermögenssteuer Gedanken macht. Volkswirtschaftlich deutlich weniger verzerrend sind beispielsweise Erbschaft- und Schenkungssteuern oder Konsumsteuern wie die Mehrwertsteuer.

    Anpassungen bei der Besteuerung von Mitarbeitendenaktien

    Anpassungen bei der Besteuerung von Mitarbeitendenaktien

    Neben der Besteuerung der «virtuellen Vermögen» kann Start-ups auch die Besteuerung ihrer Mitarbeitendenaktien Kopfzerbrechen bereiten. In der Aufbauphase können die meisten Start-ups nur relativ geringe Löhne bezahlen, und um trotzdem hochqualifiziertes Personal anziehen zu können, kompensieren sie deren Lohneinbussen durch Mitarbeitendenaktien. Die Steuerbehörden behandeln Mitarbeitendenaktien als Lohnbestandteil und besteuern diese als Einkommen, obwohl die Mitarbeitenden einen Teil des unternehmerischen Risikos mittragen. Liegt der Steuerwert des Startups sehr hoch, weil Kapitalgeber auf ein erfolgreiches Unternehmen wetten, müssen Mitarbeitende einen grossen Teil eines relativ bescheidenen Einkommens für die Steuerrechnung aufwenden. Das Parlament hat diese Problematik zwar 2018 adressiert und den Bundesrat beauftragt, eine Vorlage auszuarbeiten. Leider ist seither aber nicht viel passiert. Von Seiten des Bundesrates wurden Bedenken zu Abgrenzungsproblemen geäussert, da nicht genau definiert ist, was genau ein Start-up eigentlich ist. Überlegenswert wäre eine Regelung, die für alle nicht-kotierten Unternehmen gelten würde wie etwa Steuervergünstigungen für eine gewisse Periode.

Unternehmen

    Förderung von Unternehmergeist auf allen Hierarchiestufen

    Förderung von Unternehmergeist auf allen Hierarchiestufen

    Die Etablierung einer Start-up-Kultur sollte Ziel eines jeden Unternehmens sein, unabhängig davon, wie gross es ist. Wer langfristig innovativ sein will, ist auf innovative Mitarbeitende angewiesen. Wichtig dabei ist, dass nicht nur das Bewusstsein geschaffen und gefördert werden muss, neue Ideen vorzubringen, sondern dass dieser Unternehmergeist auch aktiv gelebt wird. Alle Mitarbeitenden, die eine neue Idee haben, sollten diese an ihre Vorgesetzten tragen können und von diesen nach besten Kräften unterstützt werden. Grundvoraussetzung dafür ist eine flache Unternehmenshierarchie und eine flexible Unternehmenskultur. Dies kann beispielsweise durch separate Geschäftseinheiten erreicht werden, die vom eigentlichen Unternehmen losgelöst mit einer eigenen Struktur wie ein Start-up experimentieren können.

    Zusätzlich antreiben lässt sich der Ideenwettbewerb unter den Mitarbeitenden mittels konkreten Initiativen wie etwa einer regelmässigen Durchführung von Innovationswettbewerben. Bekanntes Beispiel dafür sind sogenannte Hackathons. Hierbei handelt es sich um Programmierwettbewerbe, bei denen Mitarbeitende innerhalb kurzer Zeit Apps und Software entwickeln, die anschliessend von einer Jury bewertet und ausgezeichnet werden. Unternehmen könnten diese Art von Ideenwettbewerb auch ausserhalb der Tech-Sphäre durchführen und somit Mitarbeitende in allen Bereichen dazu ermutigen, innovative Ideen zu entwickeln, seien es Verbesserungen des Geschäftsmodels, der internen Abläufe, Prozesse, Zusammenarbeit oder der Produktion von Gütern und Dienstleistungen.

    Förderung von Risikobereitschaft und einer gelebten Fehlerkultur

    Förderung von Risikobereitschaft und einer gelebten Fehlerkultur

    Die Förderung eines Ideenwettbewerbs sollte gepaart werden mit der Implementierung einer positiven Fehlerkultur. Damit Mitarbeitende den Mut haben, Ideen und Lösungen vorzubringen, müssen Fehlschläge zugelassen und akzeptiert werden. Jedes innovative Unternehmen begeht Fehler. Wie heisst es doch so schön: «Man ist kein echter Unternehmer, wenn man nicht mindestens einmal Konkurs angemeldet hat.» Dabei soll es hier keineswegs um eine Idealisierung von Fehlern gehen, sondern um das Zulassen von Irrtum und damit einer Lernkultur.

    Heute herrscht in vielen Unternehmen eher das Gegenteil. Planen, Kontrollieren, Bestrafen und Belohnen stehen im Zentrum – was nicht zuletzt an den Vorgesetzten liegt. Etablieren diese einen negativen Umgang mit Fehlern, werden Mitarbeitende kaum dazu gebracht, Neues auszuprobieren und Risiken einzugehen. Eine Fehlerkultur muss daher vom gesamten Unternehmen einschliesslich aller Führungsstufen vorgelebt werden. Wer Missgeschicke und gescheiterte Ideen nicht sanktioniert, sondern offen damit umgeht und diese im Team bespricht, schafft letztlich die nötigen Rahmenbedingungen für selbstbewusste Mitarbeitende, die sich trauen, Risiken einzugehen. Hilfreich können auch sogenannte Fuck-Up-Partys sein, an denen Mitarbeitende offen von ihren misslungenen Projekten und was sie daraus gelernt haben erzählen. In einem solch lockeren Umfeld kann das Scheitern auf die Zuhörer inspirierend wirken und den Umgang mit Fehlern in einem Unternehmen verbessern.

    Verstärkte Zusammenarbeit mit Start-ups

    Verstärkte Zusammenarbeit mit Start-ups

    Neben der Etablierung einer Start-up-Kultur inklusive einer gelebten Fehlerkultur sollten Unternehmen auch vermehrt Kooperationen mit Start-ups eingehen. Das wird zwar heute bereits von einigen Grossunternehmen getan, entpuppt sich allerdings oftmals als schwerer als gedacht. Auf der einen Seite steht ein hochagiles Jungunternehmen, auf der anderen Seite ein häufig hierarchisch geführtes Grossunternehmen mit klar strukturierten Abläufen.

    Dass dies die Zusammenarbeit schwierig macht, ist kaum verwunderlich. Eine Kooperation mit einem Start-up muss daher genau durchdacht sein und entsprechend geplant werden. Entscheidend ist dabei vor allem auch die Art der Partnerschaft. Eine verstärkte Zusammenarbeit mit Start-ups ist insbesondere im Bereich Industrie 4.0 angezeigt. Viele Unternehmen verfügen nicht über das nötige Knowhow, wenn es um die Adaption spezifischer digitaler Technologien wie maschinelles Lernen, Sensortechnologien oder Virtual Reality geht.

    Auf- und Ausbau von Ökosystemen

    Auf- und Ausbau von Ökosystemen

    Auch wenn die Zusammenarbeit mit Start-ups wichtig ist, macht es für viele Unternehmen Sinn, noch weiter zu gehen und sogenannte Ökosysteme zu etablieren. Es geht dabei um neuartige und profitable Beziehungen zu jeglichen Marktteilnehmern. Neben Start-up-Kooperationen und Joint Ventures können auch Ansätze wie Crowdsourcing, Plattform-Ökonomien oder Universitäten dazuzählen. Ziel dabei ist es, auf einer gemeinsamen, branchenübergreifenden Basis neue Werte für Kunden zu schaffen. Da viele Unternehmen nicht mehr alles selbst herstellen können, da sie nicht über das spezifische Knowhow verfügen und ihnen die Zeit zu dessen Entwicklung fehlt, können gemeinsam entwickelte «Communities» verschiedener Parteien Wertschöpfung durch ausgefeilte Modelle der Kollaboration und des Wettbewerbs kreieren. Zudem kann dadurch ein Technologietransfer von Forschungsunternehmen, Hochschulen und Start-ups in den Unternehmenssektor unterstützt werden.

    Rund um die EPFL in Lausanne gibt es bereits vorbildliche Kooperationen wie den Innovation Park, der nach dem Vorbild des Silicon Valley die Zusammenarbeit zwischen der Hochschule und den Start-ups fördert, oder den Campus Biotech, ein Ökosystem, das interdisziplinäre Ansätze im Bereich der Neurowissenschaften und des Bioingenieurswesens unterstützt. Die Region rund um den Genfersee gehört auch dank solcher Ökosysteme zu den weltweiten Spitzenforschungsstandorten.

Unternehmertum – ein zentraler Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz

Analysen & Perspektiven

Neo-Banking: Ersatz fürs traditionelle Banking?
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Neo-Banking: Ersatz fürs traditionelle Banking?

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Neo-Banking: Ersatz fürs traditionelle Banking?

Wie gewinnt man als digitale Bank die Kunden etablierter Banken? Welche Bedeutung hat die Community von Alpha Usern bei der Entwicklung der Dienstleistungen? Welche Rolle werden Neo-Banken in Zukunft einnehmen?

60% der Schweizer Bankkunden benötigen ihr Bankkonto ausschliesslich für den Zahlungsverkehr. Mit Gebühren finanzieren Kunden aber auch andere Dienstleistungsbereiche der Bank, obwohl sie diese gar nicht beanspruchen.

Als Antwort darauf gründete Thomas Hilgendorff das Fintech Start-up YAPEAL, eine digitale Smartphone Bank, mit der man den gesamten Zahlungsverkehr in Echtzeit regeln kann. YAPEAL hat sich zum Ziel gesetzt, die Zukunft des Bankings neu zu definieren.

Im Gespräch erläutert der CEO von YAPEAL unter anderem, was sie vom traditionellen Banking unterscheidet, den besonderen Stellenwert der sogenannten Alpha Community und die technologischen Vorteile, die eine Neo-Bank mit sich bringt.

Thomas Hilgendorff kennt sich im Finanzsektor bestens aus: Er sammelte erste Erfahrungen als Programmierer und leitete später IT-Abteilungen im Schweizer Bankensektor. Zudem war er für ein internationales Beratungsunternehmen im Bereich Banking tätig.

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